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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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    1966
    Gehacktesstippe
    Ich wache in aller Herrgottsfrühe auf. Norbert schreit und brüllt und lacht draußen auf der Straße, dass man es bis zu mir unters Dach hört. Heute ist sein erster Schultag. Ich bin neidisch auf ihn, weil ich erst nächstes Jahr eingeschult werde. Ich stehe auf und luge durchs Bodenfenster. Norberts Schultüte ist fast so groß wie Norbert selber und bis oben hin voll mit Süßigkeiten und Spielkrams, dass er Mühe hat, das Gleichgewicht zu halten. So wird er den Schulweg nie schaffen! Irgendwann kracht er mit seiner Tüte um, und die ganzen Süßigkeiten fliegen in den Matsch. Selber schuld, wenn sie so vollgepackt ist. Ein wenig würde ich es ihm sogar gönnen, denn Norbert nimmt jetzt immer fünf Pfennig Eintritt in seinen Garten. Auf so eine Idee kann wirklich nur Norbert kommen, Eintrittsgeld für den Garten zu nehmen. Wir könnten natürlich auch zu Jens oder Heike oder anderswohin, wo es umsonst ist. Aber Norberts Garten ist der schönste und größte überhaupt, das muss man ihm schon lassen. Man kann bequem Boccia und Kricket und sogar Fußball spielen, wenn man die Bälle nicht zu doll tritt, damit sie nicht über den Zaun gehen. Und einen Geräteschuppen gibt es auch, wo man sich bei Regen unterstellen kann. Das nutzt er jetzt aus. Ich drehe mich auf die andere Seite und versuche, es mir wie in einer Höhle gemütlich zu machen. Dann klopft es, und Oma kommt rein.
    «Es ist gleich neun, Mathias. Du musst bald mal aufstehen.»
    Statt einer Antwort drehe ich mich so hin, dass Oma sich auf mein Bett setzen kann, um mich zu krabbeln. Sie krault erst meinen Kopf und dann den Rücken. Ich brumme wohlig, damit sie weitermacht, sie soll am besten niemals damit aufhören. Ich könnte den ganzen Tag im Bett liegen und mich krabbeln lassen! Mutter krabbelt besser, weil sie dünnere Finger hat, aber sie krabbelt nicht so gerne, und wenn, dann nur kurz. Am schlechtesten krabbelt Opa, und das auch nur einmal in der Woche, am Sonntagvormittag, wenn ich bis zum Mittagessen zu ihm ins Bett darf und er mir Geschichten aus dem Ersten Weltkrieg erzählt. Er bewegt beim Krabbeln nur seinen Daumen hoch und runter, mehr nicht. Opa war als Soldat in Frankreich und hat dort Geschichten erlebt, die er mir wieder und wieder erzählt und an denen ich mich gar nicht satthören kann. Ich weiß zum Beispiel, dass die dicke Berta die schwerste Kanone des ganzen Ersten Weltkriegs war. Und die Franzosen hatten am Anfang gar keine Tarnuniformen, sondern so rote Jacken wie anno dunnemals, dass man sie abschießen konnte wie Tontauben. Und wie die Soldaten im Steckrübenwinter 1916 nichts zu essen hatten und Opa fast verhungert wäre und Spinat aus Brennnesseln essen musste. Nur wenn ich Opa frage, ob er jemand totgeschossen hat, antwortet er nicht. Oma schimpft manchmal mit Opa und sagt, dass ich für solche Geschichten noch zu klein bin. Das finde ich aber nicht.
    Im Zweiten Weltkrieg war Opa nicht, weil er als Oberingenieur in den Wilhelmsburger Zinnwerken eine wichtige Arbeit hatte. Opa hat noch mit über siebzig gearbeitet. Dann haben sie ihn vor die Tür gesetzt, weil er allen auf die Nerven gegangen ist. Hat mir meine Mutter mal erzählt. Opa ist klein wie Napoleon, nur einen Meter sechzig, darum haben sie ihn auf der Arbeit immer «den Halben» genannt. Er heißt ja auch mit Nachnamen Halfpape, deshalb. Opa trägt jeden Tag Anzug und Schlips und nachts wie Oma Nachthemd. Er hat noch nie was anderes als Nachthemd oder Anzug getragen, auch nicht Arbeitskleidung für den Keller oder Badehose im Sommer. Aber in die Sommerfrische fahren die Großeltern sowieso nicht mehr. Wenn sonst nichts Besonderes ist, geht Opa nach unten in den Keller und werkelt dort vor sich hin. Er hat sich da unten einen riesigen Werkzeugkeller eingerichtet, und es gibt wohl kein Werkzeug, das er nicht hat. Wenn Opa wollte, könnte er alles machen, es gibt wohl nichts, wofür er kein Geschick hätte. Manchmal schickt mich Oma nach unten, damit Opa mir was beibringen soll, aber es geht ihm bei mir immer zu langsam, und das macht ihn rasend. Das sind die einzigsten Male, dass er unfreundlich zu mir ist. Einmal nannte er mich einen ungeschickten Kaffeetrinker. Oma ist dann böse mit ihm geworden und hat ihn ausgeschimpft, aber Opa ist stur geblieben. Außerdem kann er kein Moll hören. Meine Mutter arbeitet als Musiklehrerin und hat auch ein paar Privatschüler, die sie am Flügel im Wohnzimmer unterrichtet. Immer

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