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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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D ER H INTERHALT
    J UNI 1325
    De Bruce tätschelte Diabolos Hals. Der Rappe schnaubte leise und scharrte mit den Hufen.
    »Immer mit der Ruhe, mein Guter. Es wird nicht mehr lange dauern. Bald wirst du ein Schauspiel erleben, das seinesgleichen sucht. Allerdings darfst du nicht mitspielen. Du bist mir zu wertvoll, als dass ich es zulassen könnte, dass du im Kampf verletzt wirst. Das musst du verstehen.«
    Das Pferd legte die Ohren nach hinten und schüttelte die Mähne. De Bruce nickte Adam, seinem neuen Knappen, zu, der ein wenig abseits stand und die Schlucht hinunterspähte. »Diabolo versteht mich immer noch am besten von allen, ist es nicht so?«
    Adam neigte den Kopf. »Wie immer habt Ihr recht, Herr.«
    De Bruce hob eine Augenbraue. »Du hängst dein Fähnchen nach dem Wind, pass auf, dass nicht eines Tages ein Sturm das Fetzchen Stoff in Stücke reißt.«
    Der Knappe lächelte verschmitzt. »Wenn der Sturm kommt, wird die Fahne eingerollt. Meine zumindest. Nur wer versucht, dem Sturm zu trotzen, wird davongeweht.«
    De Bruce lachte. Auch zusammengerollte Fähnchen trat er mühelos in den Staub, das würde dieser vorwitzige Bursche noch früh genug begreifen. Er fischte eine Mohrrübe aus einem Leinenbeutel am Sattel und hielt sie dem Pferd vor die Nase. Vorsichtig pickte es die Möhre aus de Bruce’ metallbewehrter Faust.
    De Bruce streckte sich und seufzte zufrieden. Er wandte sich Adam zu, der mit zusammengekniffenen Augen den Wald absuchte. »Ja, schau nur. Du wirst nichts sehen. Sie werden es erst merken, wenn sie in der Falle sitzen. Der Sturm wird so schnell über sie hinwegfegen, dass sie keine Zeit haben werden, ihre Fähnchen in Sicherheit zu bringen. Nichts wird von ihnen bleiben. Wie gut, dass die Menschen so einfältig sind, nicht wahr? Und jetzt mach schon, hilf mir hoch.«
    Adam stellte einen kleinen Holzschemel vor das Pferd, führte seinen Herrn an die richtige Stelle, hob erst das eine, dann das andere Bein auf den Schemel.
    De Bruce griff mit einer Hand an den Sattelknauf, mit der anderen fasste er den Sattel. Mit einem Ruck und Adams tatkräftiger Hilfe schob er sich auf das Pferd, das einen kleinen Schritt zur Seite machen musste, um das Gewicht abzufangen. Reiter und Rüstung wogen an die zweihundertfünfzig Pfund, und das war auch für ein geborenes Schlachtross wie Diabolo keine Kleinigkeit.
    »Das machst du gut, mein Bester.« Liebevoll tätschelte de Bruce seinem Pferd den Hals. Er beabsichtigte zwar nicht, sich am Kampf zu beteiligen, war aber dennoch mit der Rüstung auf Nummer sicher gegangen. Ein verirrter Armbrustbolzen, eine Axt, die ihr Ziel verfehlte, oder ein Speer, der irgendwo abprallte, waren jederzeit gefährlich. Außerdem konnte immer noch das Unmögliche geschehen, dass er doch eingreifen musste, und dann brauchte er so viel Metall um sich herum wie möglich. Auf jeden Fall würde er dann das Pferd wechseln. Diabolo durfte keiner Gefahr ausgesetzt werden.
    Adam prüfte den Sitz der Beinschienen und die Festigkeit des Sattelgurtes, zog den Schweifgurt strammer, damit der Sattel nicht nach vorne wegrutschen konnte. Die Schlucht war steil, ein Sturz vom Pferd mit großer Wahrscheinlichkeit tödlich.
    »Ich danke dir, Adam«, sagte de Bruce. »Wie immer machst du gute Arbeit. Eines Tages wirst du hier oben sitzen, und ein Knappe wird dir dienen. Da bin ich mir sicher.« Vorausgesetzt, du bleibst nicht so ein verweichlichter Geck, der blass wird, wenn man einem Mann die Zunge herausreißt, fügte er in Gedanken hinzu. So einen wie Adam hätte er sich niemals ausgesucht, aber er hatte keine Wahl gehabt. Graf Eberhard I., sein Lehnsherr, hatte ihn gebeten, Adam unter seine Fittiche zu nehmen, ihn jedoch nicht allzu hart anzufassen. Und die Bitte des Grafen kam einem Befehl gleich. Nun war Eberhard tot, und Adam stand unter dem Schutz seines Sohnes, des Grafen Ulrich III., was bedeutete, dass er in fünf Jahren, wenn er einundzwanzig wurde, zum Ritter geschlagen würde, auch wenn er sich im Kampf nicht bewährte.
    De Bruce verzog das Gesicht. Schweiß sammelte sich auf seiner Haut, auf dem Rücken, unter den Achseln und am Kopf. Sogar seine Hände begannen zu schwitzen. Der Tag war noch nicht weit fortgeschritten, doch die Luft flimmerte bereits vor Hitze, und die Polsterungen machten aus der Rüstung einen Backofen. Zum Glück würde die Schlacht ohnehin nicht lange dauern.
    »Gut.« De Bruce straffte die Schultern. »Lass uns etwas Unglaubliches vollbringen.«
    Als er sah,

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