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Herbstfraß

Herbstfraß

Titel: Herbstfraß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch
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der Zwölf landet. Es ist kein schönes Geräusch und mir läuft ein Schauer über den Rücken. Torben heult auf und lässt seinen Magen los, um mit beiden Händen an seine Nase zu greifen. Dunkles Blut läuft ihm zwischen den Fingern hindurch. Fassungslos lehne ich an der Tür und frage mich, was in meinen Tweety gefahren ist.
    „Hast du dich stark gefühlt, als du ein zartes, hübsches Mädchen verprügelt hast?“
    Torben versucht verzweifelt Bo zuvorzukommen und seinerseits einen Schlag zu landen. Zum ersten Mal in den zwei Jahren sehe ich meinen Mann in einer Art Kampfeinsatz. Er bewegt sich schnell und geschmeidig. Ehe ich einen einzigen Einwand erheben kann, liegt Torben schon spuckend und keuchend am Boden. Und Bo tritt zu. Brutal und rücksichtslos. Louisas Exfreund laufen die Tränen über die blutigen Wangen, als ihm vor Schmerz die Stimme versagt. Mir reicht allein der Anblick aus, dass sich meine Eier panisch zusammenschrumpeln und sicherheitshalber in die Bauchhöhle verkriechen.
    „Lass zukünftig die Finger von Louisa, verstanden?“, faucht Bo und stößt Torben warnend mit der Fußspitze an. Der zuckt zusammen und nickt eifrig, die Hände jetzt im Schritt. Blut von seinem Gesicht tropft auf den schmuddeligen Flurteppich und zaubert weitere dekorative Flecken darauf.
    „Ich zeige euch an“, presst Torben keuchend hervor.
    Ich drehe mich um und schaue durch den Türspion, ob die Nachbarn bei seinem Geschrei aufmerksam geworden sind. Niemand ist im Treppenhaus zu entdecken. Zum Glück!
    „Ihr verdammten Arschficker!“
    Ich schließe die Lider und höre ihn erneut aufheulen. Der Schlaueste scheint er nicht zu sein.
    „Das heißt Analerotiker, du Idiot, aber bei deiner Schulbildung verzeihe ich dir das“, zischt Bo. „Hör mir gut zu, Werthen. Es steht dir natürlich frei, zur Polizei zu gehen. In diesem Fall werden wir mit einer Gegenklage wegen anhaltender Körperverletzung gegenüber Louisa reagieren. Und ganz sicher statten wir dir hinterher einen weiteren Besuch ab. Ich sage es daher nochmals für dich Langsamdenker: Du lässt die Finger von Louisa. Wenn ich höre, dass du dich auch nur in ihrer Nähe sehen lässt, ist Schluss mit der freundlichen Plauderei. Kapiert?“
    Torben muss zu der Erkenntnis gekommen zu sein, es wäre gesünder Bo einfach zuzustimmen, denn mein Liebster steht auf einmal neben mir.
    „Lass uns gehen“, sagt er bloß und meidet den Augenkontakt mit mir. Ich widerstehe dem Drang, mich zu dem stöhnenden Torben umzudrehen und ziehe hinter mir leise die Tür ins Schloss. Ich bin entsetzt, schockiert und vollkommen von der Rolle. So kenne ich Bo gar nicht und das macht mir ein wenig Angst. Als ich ihm einen verstohlenen Blick zuwerfe, sehe ich Blut an seiner Holzfällerjacke kleben. Wortlos steige ich in den Wolf und schnalle mich an, während meine Gedanken rotieren. Viel zu schnell fährt Bo los und ordnet sich mit quietschenden Reifen in den Verkehr ein. Hinter uns hupt jemand erbost. Erst nach einer ganzen Weile frage ich:
    „Was ist eigentlich damals bei der Bundeswehr passiert?“
    Ohne zu blinken, reißt Bo das Steuer herum und rast unter erneutem Gehupe einiger geschnittener Autofahrer auf einen Aldi-Parkplatz. Die Bremsung fällt ungemein heftig aus und nur der Sicherheitsgurt verhindert meine Kontaktaufnahme mit dem Armaturenbrett. Mit einem Ruck dreht sich Bo zu mir um. Seine weintraubengrünen Augen sind auf einmal eiskalt. Ich bekomme direkt eine Gänsehaut.
    „Frag mich das nie wieder oder ich suche mir ein anderes Zuhause.“
    Ich habe eindeutig etwas an den Ohren. „Bitte was?“
    „Ich gehe davon aus, dass du mich verstanden hast, Robin.“
    „Du willst mich verlassen, weil ich nach dem Bund gefragt habe? Hast du eigentlich noch alle Tassen im Schrank?“
    Bo sieht mich finster an.
    „Ich liebe dich, Bo. Da ist es ganz normal, wenn ich ein wenig aus deinem Leben erfahren möchte. Ich habe dich in den letzten zwei Jahre nicht nach deinen Einsätzen gefragt …“
    „Und du wirst es gefälligst zukünftig genauso handhaben.“ Bo schnauzt mich derart heftig an, dass mir beinahe die Ohren wegfliegen.
    „Nicht, wenn du wie ein Irrer den Ex-Freund von Isa vertrimmst.“
    Der Wolf schießt rückwärts aus der Parklücke, schleudert herum und jagt mit Vollgas auf die Straße zurück. Mir wird schlecht und ich klammere mich an dem Sitz fest. Karussellfahren ist mir seit jeher auf den Magen geschlagen.
     
     
    12:48 Uhr
    In einer neuen Rekordzeit

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