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Herrentier

Herrentier

Titel: Herrentier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Joseph
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das Büro.« Dann schaute sie herausfordernd auf Gregor. »Und wir zwei machen ein wenig Frühsport, oder, Herr Simon?«
    »Wie bitte? Frau Hammer! Das ist doch nicht Ihr Ernst?«

    Ein paar Minuten später lag Evelyns Jacke im Gebüsch vor der Fundstelle. Sie schaufelte, während Gregor, auf den Spaten gestützt, nach Passanten Ausschau hielt. Wie eine Kartoffelbäuerin rackerte sie los.
    »Herr Simon, ich dachte, Sie wären ein tatkräftiger, zupackender Journalist?«, fragte sie schnippisch, ohne von der Arbeit zu lassen.
    »Wer hat Ihnen denn das erzählt?«, entgegnete er genervt und begann ebenfalls zu buddeln. Eine Weile ackerten sie still nebeneinander. Je tiefer sie vordrangen, desto unwohler wurde es Gregor. Ab und an hielt er inne. Es lief ihm kalt den Rücken herunter bei dem Gedanken, mit dem nächsten Stich vielleicht die Wirbelsäule eines Menschen zu durchschlagen. Evelyn hingegen schuftete wie ein Förderband. Wurzelwerk knarzte. Gregors Tempo verringerte sich. Mit der Kraft seines Körpers stach er in das Erdreich, stützte sich auf den Griff, hob die Schaufel samt Ladung an und warf mit Schwung Erde hinter sich. Wenn der Aushub nicht zerfiel, schlug er mit der Rückseite seines Spatens drauf. Doch alles, was sich bislang zeigte, waren ein paar Käfer, kleineres Wurzelwerk und Würmer. Evelyn stand etwas tiefer als er im Loch, in das mittlerweile ein ausgewachsenes Wildschwein passte.
    »Frau Hammer, was wollen Sie tun, wenn wir etwas finden?«
    »Darüber denken wir nach,  wenn  wir etwas finden!« Erstmals hielt sie inne, um etwas durchzuatmen. Voller Bewunderung schaute Gregor auf die nimmermüde Zoochefin.
    Plötzlich traf sein Spaten auf etwas Hartes. Ein Stein. Sein Herz begann heftig zu schlagen. Auch Evelyn fand etwas.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Sieht aus wie ein großer Metallknopf.« Sie pustete den Dreck von der Oberfläche.
    »Das hat nichts zu bedeuten. Knöpfe findet man in jedem Vorgarten«, kommentierte Evelyn Gregors ängstliches Stöhnen. Dann knallte sie den nächsten Aushub an den Rand. Plötzlich hörten sie Schritte. Jeanette hatte es nicht im Büro gehalten und kam, ein paar Getränke vorbeizubringen, die sie den beiden in die Grube reichte.
    Mit einem Mal entfuhr Jeanette ein Schrei. »Oh Gott, ich glaub, das ist ein Armband«. Sie hielt sich die Hände vor den Mund und starrte auf einen Klumpen, den Evelyn unmittelbar zuvor nach oben befördert hatte.
    »Ach was«, wiegelte Evelyn ab, um Zuversicht bemüht.
    Gregor war schon ziemlich erschöpft von der ungewohnten  körperlichen Betätigung. Auf seiner Stirn zeigten sich feine Schweißperlen. Er legte nicht mehr die volle Kraft in seine Stiche und setzte nur noch flach an. Mit dem letzten Hieb stieß er wieder auf etwas Hartes. Er ging in die Hocke. Der Sand war dunkel und feucht. Weil sein Oberkörper im morgendlichen Licht stand, beugte er sich etwas zur Seite. Mit der rechten Hand suchte Gregor Halt an einem seitlich herabhängenden Wurzelstock. Sein Puls raste. Vorsichtig wischte er über seinen Fund, legte Zentimeter für Zentimeter Fläche frei. Evelyn hockte sich neben ihn. Wie zwei Kinder saßen sie da.
    »Mann, ist mir schlecht.« Gregor zögerte. Ein glatter heller Gegenstand kam zum Vorschein. Er hielt seine Hand wenige Zentimeter darüber, so als überlegte er, zuzugreifen oder es zu lassen. »Oh bitte, lass es einen Feldstein sein.« In Gregors Stimme lag echte Panik. Evelyn schürfte mit der bloßen Hand um den Fund herum, ehe sie mit den Fingern hinter einen Vorsprung greifen konnte. Endlich gelang es, den Schädel heraus zu ziehen. Gregor sprang sofort auf, während sie noch kniete und den Fund säuberte.
    »Nun, es ist definitiv weder ein Hund noch ein Affe«, stellte sie zynisch fest. »Es sei denn, er hatte eine Goldfüllung.«

    Es verging kaum eine Stunde, da wimmelte es auf dem Gelände von Beamten der Spurensicherung, die das Terrain von Baum zu Baum vermaßen und mit einem rot-weißen Sperrband abgrenzten. Vor der Bohrstelle hatten sie einen Pavillon aufgebaut. Axel Grieshaber unterhielt sich mit einem Rechtsmediziner, der sich in aller Seelenruhe einen Einwegoverall überzog. Zwei stämmige Männer steuerten auf Gregor, Jeanette und Evelyn zu.
    »Na, wir kennen uns ja bereits«, grüßte der erste, der wie der andere mit einem braunen Parka bekleidet war. In die anhaltende Stille der drei Angesprochenen fügte er hinzu: »Hauptkommissar Behnke, und das ist Hauptkommissar Schwarz von der

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