Im Zeichen des Highlanders
1
»Seid Ihr Sir Payton Murray?«
Die Tatsache, dass die Stimme, die hinter ihm erklang, weiblich war, beschwichtigte Paytons anfängliche Angst, der Ehemann, dem er Hörner aufzusetzen gedachte, hätte ihn erwischt. Dann kam es ihm in den Sinn, dass ihn jeder in Schwierigkeiten bringen konnte, der ihn unter dem Fenster von Lady Frasers Schlafgemach auf der Lauer liegen sah. Er dämpfte das Verlangen, das er in Erwartung einiger Stunden in den Armen der vollbusigen Lady Fraser verspürte, und sagte sich, dass er immerhin einige Geschicklichkeit darin entwickelt hatte, sich herauszureden. Es war Zeit, sie anzuwenden.
Payton wandte sich um, bereit, diesem möglichen Schicksal entgegenzutreten. Schon öffnete er den Mund, um eine Erklärung abzugeben, doch angesichts der Erscheinung, die vor ihm stand, stockte ihm der Atem. Die Frau war sehr klein und sehr nass. Ihr volles Haar hing in langen, tropfenden Strähnen über ihr ebenfalls triefendes Kleid herab. Vermutlich war es nicht nur das Mondlicht, das ihr zartes, herzförmiges Gesicht so blass erscheinen ließ. Das dunkle Kleid klebte an einem fast zu schlanken Körper, allerdings gab es Anzeichen weiblicher Rundungen. Ob ihr wohl bewusst war, dass ihre kleinen Füße mehr im Dreck als in Schuhen steckten? Und wenn er sich nicht täuschte, dann schaute da Sumpfgras aus einem ihrer Ärmel.
»Seid Ihr Sir Payton Murray, der schöne Sir Payton?«
»Ja«, antwortete er, fragte sich aber sofort, ob das klug gewesen sei.
»Der ritterliche, mutige Sir Payton?«
»Ja, ich …« Er wünschte, sie würde die Lobhudelei bleiben lassen, da er sich dabei immer unbehaglich fühlte.
»Sir Payton, der Fluch aller Ehemänner? Der blitzschnelle und mit dem Schwert tödliche Sir Payton? Jener Sir Payton, der die Damen zum Seufzen bringt und die Minnesänger zum Jubilieren?«
Aus ihren Worten war deutlicher Spott zu vernehmen.
»Was wollt Ihr?«
»Ihr seid also Sir Payton?«
»Ja, der schöne Sir Payton.«
»Ehrlich gesagt, könntet Ihr von mir aus so hässlich wie der Hintern einer Kröte sein. Was mich interessiert, ist der ehrenwerte, ritterliche, mit dem Schwert tödliche Sir Payton, der immer bereit ist, Menschen in Not zu Hilfe zu eilen.«
»Die Minnesänger übertreiben maßlos«, fuhr er auf, fühlte sich aber schuldig, als die schlanken Schultern ein wenig zusammensackten.
»Ich verstehe. Ist Euch aufgefallen, dass ich ein bisschen nass bin?«, fragte sie, während sie eine Hand voll Röcke auswrang.
»Doch, das ist mir aufgefallen.« Er unterdrückte ein Lachen.
»Fragt Ihr Euch nicht warum? Es regnet nicht.«
»Ich gebe zu, dass ich ein wenig neugierig bin. Warum seid Ihr nass?«
»Mein Gatte versuchte, mich zu ertränken. Der Idiot vergaß, dass ich schwimmen kann.«
Obwohl Payton entsetzt war, zwang er sich dazu, misstrauisch zu bleiben. Er hatte viel zu oft schmerzlich erleben müssen, wie Frauen alle möglichen Schliche ausprobierten, um in seine Nähe zu kommen und ihn in Situationen zu bringen, die ihn zum Altar nötigen würden. Allerdings, Payton ließ seinen Blick über sie streifen, hatte bisher noch keine versucht, vorher in einem schmutzigen Fluss zu baden. Auch hatte noch keine einen solchen Kübel voller Sarkasmus über ihn entleert. Sollte sie ihn in eine Falle locken wollen, gebrauchte sie äußerst ungewöhnliche Köder.
»Warum versuchte Euer Gatte, Euch zu ertränken?« – »Payton, mein süßer Höfling, seid Ihr das?«
Payton stieß innerlich einen Fluch aus und sah zu Lady Fraser empor, deren reizendes Gesicht ihm zugewandt war. Ihr langes blondes Haar ergoss sich über die Fensterkante. Er blickte zu der anderen Frau zurück, musste aber feststellen, dass sie nicht mehr da war. Sie war ebenso lautlos entschwunden, wie sie gekommen war.
»Ja, ich bin es, meine Taube«, antwortete er, wobei er sich fragte, warum er über das Verschwinden des Mädchens so enttäuscht war.
»Kommt zu mir, mein schöner Ritter. Die Wärme meines Gemachs wartet sehnsüchtig auf Euch.«
»Welch holde Versuchung das ist, meine Schöne.«
Gerade als Payton einen Schritt in Richtung einer Reihe klug aufgestellter kleiner Fässer machte, hörte er einen leisen, erstickten Ton. In der Erwartung, das traurig verschmutzte Mädchen zu sehen, wandte er sich um, konnte aber nichts entdecken. Mit ungutem Gefühl drehte er sich wieder zu den Fässern um. Lady Fraser, dachte er bei sich, war eindeutig keine Novizin in Sachen Ehebruch. Vor ihm befand sich eine
Weitere Kostenlose Bücher