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Herrin der Stürme

Herrin der Stürme

Titel: Herrin der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Refektoriums das Frühstück brachte. Er trug die dampfenden Kannen mit Tee und heißem Bohnenbrei zu ihnen und goß das Essen in Schalen und Krüge, wobei er bemerkte, wie sich die kalten Hände der Jungen an die Hitze schmiegten und versuchten, sich zu wärmen. Die meisten der Kleinen waren zu jung, um die Technik der inneren Erwärmung schon zu beherrschen, und Allart wußte, daß einige von ihnen unter ihren Umhängen in Decken gewickelt waren. Er spürte eine unbefangene Sympathie für sie und erinnerte sich an seine eigenen frühen Kältequalen. Damals, als sein Verstand noch nicht gelernt hatte, den Körper zu erwärmen, war ihm nicht anders gewesen. Sie aber bekamen heißes Essen und schliefen mit Extradecken. Je mehr sie die Kälte spürten, desto eher würden sie sich bemühen, sie zu besiegen. Allart blieb stumm (obwohl er wußte, daß er sie hätte tadeln sollen), als sie über die Schlichtheit des Essens maulten. Hier, in den Quartieren der Kinder, wurde ein im Vergleich reichliches, üppiges Essen serviert. Er selbst hatte, seit er der vollen mönchischen Lebensweise beigetreten war, nur zweimal eine warme Mahlzeit erhalten; und der Grund dafür war gewesen, daß er in den tiefen Fassen besonders gute Arbeit bei der Rettung eingeschneiter Reisender geleistet hatte. Pater Vorsteher war der Meinung gewesen, die Unterkühlung seines Körpers habe einen Punkt erreicht, die seine Gesundheit bedrohe. Deswegen hatte er ihm befohlen, warme Nahrung zu essen und einige Tage unter zwei Extradecken zu schlafen. Unter gewöhnlichen Bedingungen hatte Allart sich dermaßen unter Kontrolle, daß Sommer und Winter ihm nichts bedeuteten. Sein Körper zog aus jeder Nahrung, ob heiß oder kalt, vollen Nutzen.
Ein betrübter kleiner Bursche, ein verwöhntes Kind von einem der Tiefland-Güter, mit sorgfältig geschnittenem, sich um sein Gesicht kräuselndem Haar, zitterte – obwohl in Umhang und Decke gehüllt – so heftig, daß Allart, als er ihm eine zweite Portion Brei gab (die heranwachsenden Jungen konnten essen, soviel sie wollten) freundlich sagte: »Bald wirst du die Kälte nicht mehr spüren. Das Essen wird dich wärmen. Und du bist warm gekleidet.«
»Warm?« sagte das Kind ungläubig. »Ich habe keinen Pelzumhang mehr. Ich glaube, ich werde vor Kälte sterben!« Er war den Tränen nahe, und Allart legte mitfühlend eine Hand auf seine Schulter.
»Du wirst nicht sterben, kleiner Bruder. Du wirst lernen, daß dir ohne Kleidung warm sein kann. Weißt du, daß die Novizen ohne Decke und Umhang nackt auf dem Stein schlafen? Und bisher ist hier noch niemand vor Kälte gestorben. Auch Tiere tragen keine Kleider. Ihre Körper sind an das Wetter, in dem sie leben, angepaßt.« »Tiere haben ein Fell«, protestierte das Kind mürrisch. »Ich habe nur meine Haut.«
Allart lachte und sagte: »Und das ist der Beweis dafür, daß du keinen Pelz brauchst; denn brauchtest du einen, um dich warm zu halten, wärst du mit einem Fell auf die Welt gekommen, kleiner Bruder. Dir ist kalt, weil dir seit deiner Kindheit erzählt wurde, daß man im Schnee friert. Und dein Verstand hat diese Lüge geglaubt; aber die Zeit wird kommen, noch vor dem Sommer, und du wirst barfuß durch den Schnee laufen und keinerlei Unbehagen fühlen. Jetzt glaubst du mir noch nicht, aber denke an meine Worte, Kind. Iß jetzt deinen Brei und achte darauf, wie er im Brennkessel deines Körpers zu arbeiten beginnt, um deinen Gliedern Wärme zu bringen.« Er tätschelte die tränenbenetzte Wange des Jungen und fuhr mit seiner Arbeit fort.
Auch Allart hatte einst gegen die strenge Disziplin der Mönche aufbegehrt; aber er hatte ihnen getraut, und ihre Versprechungen waren ehrlich gewesen. Nun hatte er seinen Frieden. Er hielt seinen Geist unter Kontrolle und lebte nur einen Tag zur gleichen Zeit, ohne den quälenden Druck der Vorausschau. Sein Körper war ihm ein williger Diener geworden und tat, was ihm aufgetragen wurde, ohne mehr zu verlangen, als er für sein Wohlergehen und seine Gesundheit brauchte.
Über die Jahre hatte Allart vier Gruppen dieser Kinder ankommen sehen. Sie hatten vor Kälte geweint, sich über das karge Essen und die kalten Betten beklagt, waren verzogen und anspruchsvoll gewesen – und in ein, zwei oder drei Jahren würden sie weggehen, fürs Überleben ertüchtigt, mit viel Wissen über ihre Geschichte und fähig, die eigene Zukunft zu beurteilen. Und das würde auch für diese hier gelten, einschließlich des verzogenen kleinen Jungen,

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