Herz im Spiel (German Edition)
geschäftliche Angelegenheit für seinen Vater zu erledigen. Er erklärte Rachel, er werde innerhalb einer Woche zurück sein.
„Allerhöchstens zehn Tage, mein Schatz. Es geht um eine finanzielle Transaktion, und Geschäftsmänner trennen sich eben nur recht zögernd von ihrem Geld. Daher kann sich die Sache ein paar Tage hinziehen – eine Ewigkeit, wenn ich von dir getrennt bin.“
„Komm zurück, so schnell du kannst. Mutter macht sich schon Sorgen wegen der Hochzeit“, bat Rachel ihn.
Bernie legte den Mund an ihr Ohr. „Und ich kann die Hochzeitsnacht kaum noch erwarten“, flüsterte er.
Rachel errötete inzwischen nicht mehr bei jedem Wort, das Brewster sagte, aber Anspielungen wie diese trieben ihr immer noch das Blut in die Wangen. „Aber Bernie!“, rief sie leise.
Darauf küsste dieser sie herzhaft auf die Wange und stieg in den Wagen.
Die Kutsche, die in jedem Ort zwischen Reading und London hielt, brauchte zwei Tage bis London. Es war aber noch früher Nachmittag, als sie die Stadt erreichten, und Bernie sprang eifrig aus dem Wagen, um seine Sache zu erledigen und so schnell wie möglich zu seiner Herzallerliebsten zurückzueilen.
Mr Brewster senior war Hutfabrikant. Er verkaufte seine Hüte nicht nur in Reading, sondern auch in London und Rochester, ja sogar bis nach Winchester im Süden und Oxford im Norden. Soeben hatte er die Nachricht erhalten, dass in den ersten Tagen des neuen Jahres eine verspätete Schiffsladung Biberpelze in Liverpool eintreffen würde. Mr Brewster war ein gewiefter Geschäftsmann, und er sah, dass hier ein saftiger Gewinn winkte, wenn er nur wollte. Er müsste allerdings die Geldmittel für den Kauf der Pelze aufbringen. Dann brauchte er nur noch die Hüte herzustellen und sie während der Wintermonate zu verkaufen, wenn die Männer am Kopfe froren und es ihnen auf den Preis für einen Biberhut nicht ankam.
Das Problem war natürlich die Barschaft. Er selbst musste sofort mit allem Geld, über das er verfügte, nach Liverpool aufbrechen. Damit würde er die Pelze anzahlen, bis die Finanzierung gesichert war.
Bernies Aufgabe war es daher, die notwendigen Mittel zu beschaffen. Mr Brewster hatte seinem Sohn versichert, die „Brewster-Hutgesellschaft“ sei so solide, dass man ihm allein auf die Empfehlung seines Vaters einen Bankkredit gewähren würde. Ein weiteres Problem war allerdings, dass die ganze Transaktion sehr schnell vonstattengehen musste. Bernie hatte nicht übertrieben, als er davon gesprochen hatte, es sei schwer, reichen, mächtigen alten Männern ihr Geld aus der Tasche zu ziehen.
„Länger als bis Mitte Januar werden diese Leute mir die Ware nicht festhalten, mein Sohn. Wenn du mit der Bank nicht einig wirst, musst du wohl zu einem der privaten Geldverleiher gehen“, hatte der ältere Mr Brewster erklärt.
Mit diesen Instruktionen kam Bernie also in London an und ging direkt zur Nationalbank. Er erklärte sein Anliegen, legte den Brief seines Vaters vor, gab die erforderliche Summe an und nannte den Grund, aus dem die Transaktion schnell abgewickelt werden musste.
Man verwies ihn an Mr Biggins, den für solche Darlehen zuständigen Geschäftsführer.
Bernie schüttelte Mr Biggins die Hand, erklärte noch einmal sein Anliegen, entfaltete den Brief, legte den benötigten Betrag noch einmal schriftlich nieder und drängte den Bankbeamten zu jeder möglichen Eile.
Mr Biggins seufzte und nahm Mr Brewsters Brief sowie die Summe, die auf dem Papier stand, noch einmal in Augenschein.
„Mrs Riley, würden Sie bitte Mr Yarnell holen?“
Mrs Riley folgte der Aufforderung, und Mr Biggins bot Bernie eine Zigarre an. Die beiden Männer rauchten und diskutierten dabei über die politische Lage in Indien. Wenig später betrat Mr Yarnell das stickige kleine Büro, in dem man inzwischen vor Qualm kaum noch sehen konnte.
„Ah, Mr Yarnell. Dies ist Mr Brewster.“
„Ja. Natürlich“, meinte der Neuankömmling und ging dazu über, der weiteren Konversation über die Lage in den Kolonien schweigend zuzuhören, bis Bernie gar nicht mehr überzeugt war, dassYarnells Anwesenheit notwendig war.
„Mir scheint, Mr Brewster, dass aller Wahrscheinlichkeit nach die Nationalbank in der Lage sein wird, der ‚Brewster-Hutgesellschaft‘ aus Reading die Summe zu leihen, um die Sie ersucht haben“, erklärte Mr Biggins schließlich irgendwann. Inzwischen war der Nachmittag sehr weit fortgeschritten.
„Prächtig!“, rief Brewster, sprang auf und streckte den
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