Herzen in Gefahr
»Du musst Brendon sein. Du bist ja mächtig gewachsen, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe.«
»Ich bin der Älteste«, erklärte Brendon stolz. »Brady ist jetzt das Baby.«
»Cathleen!«
Cathleen schaute auf. Freudig lachend eilte ihre Cousine auf sie zu. Obwohl sie schwanger war, bewegte sie sich wie ein junges Mädchen. Glücklich nahmen sich die beiden Frauen in die Arme. »Oh, Cathleen, ich bin ja so froh, zu Hause zu sein und dich wiederzusehen. Komm, lass dich anschauen.«
Sie hat sich überhaupt nicht verändert, dachte Cathleen. Delia musste inzwischen fast dreißig sein, sah jedoch viel jünger aus. Noch immer hatte sie diesen makellos schimmernden Teint und trug ihr glänzendes rötliches Haar lang und offen. Ihre Wiedersehensfreude war so aufrichtig, dass Cathleen ihre anfängliche Zurückhaltung schnell aufgab.
»Du siehst fantastisch aus, Dee. Das Leben in Amerika scheint dir gut zu bekommen.«
»Und aus dem hübschesten Mädchen von Skibbereen ist eine schöne junge Frau geworden«, erwiderte Delia und küsste sie lachend auf beide Wangen. Sie nahm Cathleens Hand und drehte sich um. »Du erinnerst dich an Travis, nicht wahr?«
»Natürlich. Ich freue mich, dich wiederzusehen, Travis.«
»Du bist erwachsen geworden in den letzten vier Jahren.« Travis küsste sie auf die Wange. »Und das ist Brady, unser Jüngster«, sagte er und lächelte seinen Sohn an, der ihm die Arme um den Nacken geschlungen hatte und Cathleen misstrauisch beäugte.
»Er ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten, Travis. Du bist ein hübscher Junge, Cousin Brady.«
Brady lächelte verschämt und schmiegte das Gesicht an den Hals seines Vaters.
»Und schüchtern ist er«, meinte Delia, während sie ihrem Sohn übers Haar strich. »Es ist wirklich lieb von dir, Cathleen, dass du uns abgeholt hast.«
»Wir bekommen so selten Besuch«, erwiderte Cathleen. »Ich habe den Kleinbus mitgebracht. Weißt du noch, wie schwierig es das letzte Mal war, einen Mietwagen zu bekommen? Diesmal werde ich euch für die Dauer eures Aufenthalts den Bus überlassen.« Während sie sprach, spürte sie plötzlich ein Prickeln im Nacken. Langsam drehte sie sich um. Hinter ihr stand dieser fremde Mann, den sie eben beim Aussteigen beobachtet hatte.
»Cathleen, darf ich dir Keith vorstellen«, sagte Delia. »Keith Logan, meine Cousine Cathleen McKinnon.«
»Guten Tag, Mr. Logan«, begrüßte Cathleen den Fremden förmlich. Es verwirrte sie etwas, dass sie in seinen verspiegelten dunklen Brillengläsern nur sich selbst sah.
»Guten Tag, Miss McKinnon«, erwiderte der Mann lächelnd.
Zwar konnte sie seine Augen nicht sehen, trotzdem hatte sie das unbehagliche Gefühl, dass ihm nichts entging. »Ich bin sicher, ihr seid müde von der Reise«, sagte sie zu Delia, ohne dabei den Blick von Keith Logan abzuwenden. »Der Bus parkt direkt vor dem Ausgang. Lasst uns gehen. Um das Gepäck können wir uns anschließend kümmern.«
Keith hielt sich ein wenig abseits, als sie durch die Abfertigungshalle des Flughafens gingen. Er neigte dazu, sich abzusondern, den stillen Beobachter zu spielen. Im Moment beobachtete er Cathleen McKinnon. Gar nicht übel, dachte er, während er ihre langen, wohlgeformten Beine betrachtete. Nervös wie ein Rennpferd vor dem Start. Er wusste nicht viel über sie. Auf dem Flug hatte er lediglich erfahren, dass ihre und Delias Mutter entfernte Cousinen gewesen und auf benachbarten Bauernhöfen zusammen aufgewachsen waren.
Er lächelte, als Cathleen sich umschaute und einen unsicheren Blick in seine Richtung warf. Wenn Delia Cunnane-Grant die McKinnons zu ihrer Familie zählte, dann war das ihre Sache. Ihm persönlich lag mehr daran, Verwandtschaften möglichst zu meiden.
Wenn er nicht bald aufhört, mich anzustarren, dann werde ich ihm gehörig meine Meinung sagen, dachte Cathleen, während sie den Kleinbus startete. Das Gepäck war verstaut, die Kinder plapperten fröhlich, und sie musste sich darauf konzentrieren, den Bus sicher durch den dichten Verkehr zu steuern.
Sie konnte Keith im Rückspiegel deutlich sehen. Er hatte die langen Beine in dem schmalen Gang so gut es ging ausgestreckt und seinen Arm auf die abgeschabte Rückenlehne des Sitzes gelegt. Noch immer beobachtete er sie unverwandt und machte Cathleen damit so nervös, dass es ihr nicht gelang, sich auf Delias Fragen zu konzentrieren. Nur mit halbem Ohr hörte sie ihrer Cousine zu, und entsprechend zerstreut fielen ihre Antworten aus. Ja, der Familie ging
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