Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut
die Ratte, die lag nur einfach so da. Vielleicht war sie wirklich von einer Katze erlegt worden. Jemand hat sie – vielleicht zufällig – gefunden und fand es ganz passend, sie dir vor die Tür zu legen. Aber der Topf! Der Topf ist vorsätzlich dort hingestellt worden. Jemand muss das Gulasch gekocht und stehen gelassen haben. Bisher waren das alles Dinge, die nicht dir gehörten. Du wurdest nur damit belästigt. Wenn jetzt Emil ein Opfer geworden ist, dann ist das wieder eine Eskalationsstufe mehr. Wie soll das weitergehen? Und wo endet es? Bist du irgendwann das Ziel?“
Hetzer zuckte zusammen.
Moni konnte recht haben. Er fing sich aber schnell wieder.
Zu ihr sagte er, vor allem, um sie zu beruhigen:
„Das glaube ich nicht. Ich denke, wir sollten uns jetzt auch nicht verrückt machen lassen.“
Moni blieb skeptisch.
„Ich weiß natürlich nichts über die Morde. Da hast du den Einblick und kannst das besser beurteilen. Aber wenn ich dich richtig verstanden habe, stand so ein Geschenk immer in Verbindung mit einem Mord. Du hast gesagt, dass die Sachen kurz danach bei dir vor der Tür lagen. Ich spinne jetzt mal so herum. Falls Emil von demjenigen mitgenommen wurde, der die Taten begangen hat, heißt das dann, dass du demnächst Gänseschmalz vor der Tür findest, nachdem ein weiterer Toter gefunden worden ist?“
Hetzer fand die Idee mit dem Gänseschmalz ein wenig unsensibel, aber an Monis Worten war etwas dran. Er würde gleich morgen, auch wenn es ein Sonntag war, auf der Dienststelle anrufen und fragen, ob es aktuell neue Vermisstenfälle im Raum Hameln/Rinteln gab.
Am Gartentor verabschiedete er sich von Moni.
„Willst du Gaga heute Nacht mit zu dir nehmen, quasi als Sicherheitsfaktor?“
„So ein Quatsch! Und wer passt dann auf dich auf? Du bist ja wohl eher gefährdet als ich. Bei mir liegt nix vor der Tür. Schlaf schön, Hetzer, und danke für das tolle Essen.“
Im Hauswirtschaftsraum zog Wolf erst einmal die nassen Socken aus. Gewaschene hingen noch auf der Leine, die Wolle würde die kalten Füße schnell wieder aufwärmen.
Der Ofen glühte noch. Wenn er jetzt Briketts nachlegte, dann würde noch ein Rest Glut am Sonntagmorgen da sein, die könnte er einfach wieder entzünden. Jetzt noch schnell in die Küche und aufräumen. Er hasste es, wenn er morgens hinunter kam und die Küche aussah wie ein Schlachtfeld. Da brachte er lieber nachts noch wieder alles in Ordnung und ging in Ruhe zu Bett.
Bei diesem Gedanken fiel ihm Peters Witz wieder ein, dass eine gute Frau an ihm verloren gegangen sei. Und wenn schon. Warum mussten Männer egoistisch, ignorant und schluderig sein? Wer hatte bestimmt, dass das typisch männlich war? Das war nur peinlich. Und unreif.
Gegen zehn Uhr am nächsten Morgen rief er auf der Dienststelle an.
„Polizeiinspektion Rinteln, Polizeihauptmeister Schmidt am Apparat.“
„Hallo, hier ist Hetzer von der Kripo.“
„Ah, guten Morgen, Herr Hetzer. Was kann ich für Sie tun? Können Sie den Montag nicht erwarten?“
„Doch schon, aber im Zuge der aktuellen Ermittlung müsste ich wissen, ob es neue Vermisstenfälle im Kreis Hameln und Rinteln gibt. Mein Kenntnisstand ist von Montagmorgen.“
„Ich stelle Sie mal rüber zu meiner Kollegin, damit die Hauptleitung frei bleibt.“
„In Ordnung.“
„Michaelis, hallo. Günther hat mir Bescheid gesagt. Der Suchlauf rattert schon durch. Also: In Hessisch Oldendorf ist eine Seniorin aus dem Altenheim abgängig. Die Dame ist dement. Das ist bestimmt nicht interessant für dich. Ansonsten im Bereich Hameln/Rinteln keine neuen Vermisstenfälle. In Bückeburg ist noch eine Frau, 58 Jahre alt, verschwunden. Hier steht in der Kurzbeschreibung, dass sie kurz vor ihrem Verschwinden noch die Kollegen zu einem Einsatz in Obernkirchen gerufen hat, der keiner war. Danach fehlt jede Spur von ihr.“
„Das wäre perfekt, wenn es ein Mann wäre!“, lachte Hetzer in die Muschel. „Vielen Dank, Claudia.“
„Tut mir leid, mit Kerlen kann ich nicht dienen. Die sind aus.“ Schmunzelnd verabschiedete sie sich und legte auf.
Hetzer nahm sich vor, jetzt täglich die Vermisstenanzeigen durchzugehen. Das komische Gefühl war immer noch da. Es betrog ihn selten. Etwas lag in der Luft, das er nicht greifen konnte.
Die alte Tongrube
Welcher Bückeburger kannte sie nicht, die Tongrube an der alten Ziegelei im Höppenfeld. Mittlerweile war dort ein Biotop entstanden. Der Teich lag schon jahrelang da, sich selbst überlassen. In
Weitere Kostenlose Bücher