Hexen: Vier historische Romane (German Edition)
außer Übung ist. Das Küchenhaus ist ohnedies zum Dilemma geworden, seit der Erkrankung unseres Herrn sträubt sich der Meisterkoch gegen jede Anordnung unserer jungen Hausfrau, und seine Köche hetzt er ebenfalls gegen sie auf.“
Und hier scheint man ebenfalls die Anordnungen der Hausfrau zu missachten, dachte ich ernüchtert, als mich Herr von Kahl im hinteren Teil des Geländes, entlang des Quellbachs Lorunda, an einem ungepflegten Nebengebäude vorbeiführte, der Unterkunft der unverheirateten Domestiken, und am Schluss an einem kleinen Häuschen, das alleine mir zur Verfügung stehen könnte, wie mir Herr von Kahl anbot. „Die Lakaien, mein Sekretär und ich bewohnen das Dachgeschoß des Gutshauses, und die restlichen Domestiken leben bei ihren Familien im Dorf“, ergänzte er.
Im Schatten der mächtigen Erlen und Linden führte er mich wieder zurück, und als wir auf den breiten Einfahrtsweg gelangt waren, wies er gegenüber des Gutshauses auf drei wiederum aus ockergelbem Gestein bestehenden Flachbauten, wobei er mir erklärte: „Euer hoffentlich bald neues Reich, Frau von Tornle. Der in der Mitte stehende Bau ist das Küchenhaus.“
„Oh, ist das groß!“
Dieser Ausruf freute ihn: „Findet ihr? Ja, es sind auch acht Herde darin eingebaut, und über jedem befindet sich ein Fenster. Sicher wollt Ihr einen Blick in das Haus werfen.“
Er öffnete mir die Tür, ich sah erwartungsvoll hinein, schreckte jedoch unmittelbar zurück. Darin lärmten sechs oder gar sieben schlampig gekleidete Köche in einer verdreckten Küche, in der man die Lebensmittel kaum von den Abfällen unterscheiden konnte. Ich fragte Herrn von Kahl, wer der Küchenmeister sei, worauf er mir erklärte: „Der Langmähnige ohne Kochhaube, ich stelle ihn Euch gleich vor. Er ist erst seit zwei Jahren hier tätig, bis dahin hat er in Blankenburg eine zwielichtige Taverne geführt. - Meister Hermann!“, rief er ihn an,
„ M e i s t e r H e r m a n n !“
„J a a a ?“
„Bequemt Euch mal zu uns her!“
Hermann, ein schwammig-fetter Mann, an dessen Gürtel demonstrativ ein Ring mit mehreren Schlüsseln klirrte - e r war der Herr dieser Küchenanlage! - kam angewatschelt. Herr von Kahl machte uns miteinander bekannt. Darauf fragte mich der Schwammige abschätzig: „Ihr wollt in meiner Küche arbeiten? Ihr?“
Herr von Kahl trat für mich ein: „Erraten, Meister Hermann. Da Euer Klosterkoch außerstande ist, für unseren kranken Herrn Heilkost zuzubereiten, wird das demnächst Frau von Tornle übernehmen“, er lächelte zu mir hin, „sofern sie sich dazu entschließen kann.“
Ich äußerte mich nicht dazu, mein Entsetzen über diese Küche und ihren Meister war zu groß.
Zurückgekehrt in den sonnigen Empfangssalon, wo die junge Herrin und Jörg plaudernd beieinander saßen, erkundigte ich mich beim Platznehmen, wie viele Personen hier verköstigt werden. Herr von Kahl zählte auf: „Die drei Herrschaften sowie einundzwanzig Domestiken. Doch es wird stets die doppelte Menge zubereitet, da jeden Mittag auch auf dem Kirchplatz die Dorfarmen gespeist werden.“
„Rund fünfzig Personen also“, fasste ich zusammen und fuhr fort: „Ihr beschäftigt außer Meister Hermann sechs Köche für fünfzig Personen, ich erlaube mir darauf hinzuweisen, dass dies vier Köche zuviel sind, zumal ja für das Gesinde und die Dorfarmen keine aufwendigen Menüs zubereitet werden.“
„Sprecht bitte weiter, für einen fachkundigen Rat bin ich dankbar“, bat mich die junge Herrin, und ich kam ihrer Bitte gerne nach:
„Besser wäre ein neuer ordentlicher Meister, Frau von Erlenrode, und ihm zur Seite zwei Köche sowie zwei Gehilfen, das würde gänzlich ausreichen. Außerdem müsste das Küchenhaus von Grund auf gereinigt werden.“
„Letzteres hätte ich längst von einigen Erlenroderinnen erledigen lassen“, erklärte sie darauf verlegen, „doch mein Schwiegervater sieht nicht gerne fremde Frauen auf seinem Gut. Jetzt ist es an Euch“, sie wandte sich an Herrn von Kahl“, ihn von dieser vorübergehenden Notwendigkeit zu überzeugen. Und Ihr, Frau von Tornle, würdet Ihr denn hier tätig werden, wenn all diese Voraussetzungen erfüllt sind?“
„Kann ich noch nicht sagen“, zögerte ich, „lasst mir ein wenig Bedenkzeit.“
Die ungeduldige Frau von Erlenrode aber drängte: „Bis morgen, ja?“
Während ich mich darauf zum Aufbruch erhob, versprach ich ihr mit unterdrücktem Lächeln, mich in drei Tagen wieder hier blicken zu lassen, sofern es
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