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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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wieder rausholen«, meinte Sam ironisch.
    Während er redete, drehte ich mich zu den anderen Besuchern um, einem Paar im mittleren Alter, das sich sichtlich unbehaglich fühlte. Ich erkannte die beiden wieder, sie waren in der vergangenen Woche wiederholt in den Nachrichten zu sehen gewesen. Als ich Sam anschaute, wirkte der mit einem Mal auffallend nervös.
    »Jack, das sind Ray und Lucy Goode.«
    Ich lächelte höflich. Ich wusste längst, wen ich vor mir hatte. Ihre Tochter war vor Kurzem in die Schlagzeilen geraten, eine hübsche junge Lehrerin mit sommersprossigem Gesicht, die ihr kastanienfarbenes Haar auf dem veröffentlichten Fotos glatt frisiert trug. Sarahs Freund Luke hatte als Trainer in ihrem Fitnesscenter gearbeitet, und die beiden hatten eine ganz normale Beziehung geführt, bis Luke vor einer Woche erstochen in ihrem Bett aufgefunden worden war. Von Sarah fehlte seither jede Spur.
    In der örtlichen Zeitung war das ein paar Tage lang Thema gewesen, und sogar überregionale Blätter hatten kurz darüber berichtet, aber das Fernsehen war allen anderen Medien um Längen voraus gewesen, wurde doch dort die Pressekonferenz ausgestrahlt, bei der Mrs Goode in Tränen ausbrach und ihre Tochter inständig bat, nach Hause zurückzukehren. Als es danach aber keine weiteren Neuigkeiten gegeben hatte, war es schnell wieder ruhig um die Sache geworden. In der offiziellen Darstellung galt Sarah Goode zwar als vermisst, in den Augen der Polizei war sie jedoch eine Mörderin auf der Flucht.
    »Das ist Jack Garrett«, stellte mich Sam vor. »Unser engagierter Lokalreporter.« Als ich nichts dazu sagte, fügte er an: »Die beiden würden gern mit dir reden, wenn du einverstanden bist.«
    Ich nickte zustimmend, wandte mich aber wieder an Sam: »Wieso ausgerechnet mit mir?«
    »Es ist wohl besser«, meinte er ein wenig verlegen, »wenn sie dir das selbst sagen.« Er ging zur Tür. »Wenn mich jemand braucht, ich bin nebenan.«
    Überrascht sah ich ihm nach und fragte mich, warum er nicht im Zimmer bleiben wollte. Die Tür wurde mit einem leisen Klicken zugezogen, und es machte sich betretenes Schweigen breit, das nur vom Ticken der Wanduhr und vom Knarren der Stühle unterbrochen wurde, wenn Mr oder Mrs Goode sich nervös bewegten.
    Ich versuchte, mir ein Bild von dem Ehepaar zu machen. Sie waren beide über fünfzig. Sie trug einen knielangen Rock und einen Blazer, marineblau mit Goldknöpfen, die grauen Haare waren zu kleinen Löckchen frisiert. Er schien sich in seinem alten braunen Anzug nicht wohlzufühlen, sondern wirkte, als hätte er ihn schon seit Langem nicht mehr getragen. Ich sah, wie sich der Hemdkragen in seinen Hals schnitt. Sein rötlich braunes Haar war auf ein paar Büschel reduziert, die er quer über den Kopf gekämmt trug.
    »Ich nehme an, es geht um Sarah, richtig?«, setzte ich dem Schweigen schließlich ein Ende.
    Sie schauten sich an, nickten kurz, und dann begann Mrs Goode zu reden: »Ja, es geht um unsere Tochter.« Zwar sprach sie mit fester Stimme, aber nach der Art, wie sich die Knie der beiden berührten, zu urteilen, brauchte jeder den anderen als moralische Stütze. Die Frau fuhr mit der Zunge über ihre Lippen und rückte die Handtasche auf ihrem Schoß gerade, dann antwortete sie: »Wir möchten, dass Sie uns helfen, sie zu finden.«
    Sie sagte es so selbstverständlich, als würde sie davon ausgehen, dass ich auf jeden Fall daran interessiert war.
    Nur war ich das nicht. Ich schrieb keine großen Storys mehr. Das hatte ich zugunsten des Familienfriedens und meiner gemeinsamen Zukunft mit Laura und Bobby aufgegeben. Ich versuchte mitfühlend zu klingen. »Tut mir leid, solche Artikel schreibe ich nicht mehr. Ich bin Gerichtsreporter, mehr nicht.«
    »Aber Sie haben mal viel mehr als das gemacht«, hielt Mrs Goode dagegen. »Mr Nixon hat mir davon erzählt, über was Sie alles berichtet haben.«
    »Das war früher. Außerdem bin ich Reporter, kein Privatdetektiv.«
    »Wir dachten, das würde eine gute Geschichte ergeben, wenn Sie sie finden«, beharrte sie.
    Bedächtig schüttelte ich den Kopf. »Ich sehe da keine Geschichte, jedenfalls keine von der Art, wie ich sie schreibe.«
    Beide senkten enttäuscht den Blick. Mrs Goode presste die Lippen zusammen, eine Träne lief ihr über die Wange.
    Schließlich ergriff Mr Goode das Wort. »Nicht mal, wenn Sie sie zuerst finden sollten?« Er sprach leise und zögerlich.
    Mit gespieltem Bedauern erwiderte ich: »Die Polizei wird vor mir mit ihr

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