Hexenfluch: Roman (German Edition)
auf den eine alles verschlingende Dunkelheit folgte, aus der sie erst wieder in der Notaufnahme des California Medical zumindest ansatzweise aufgetaucht war.
Sie hatte mit den Schwestern gesprochen, die in jener Nacht Dienst gehabt hatten, um herauszufinden, wie sie dort hingekommen war, doch alles, was man ihr hatte sagen können, war, dass ein gutaussehender Unbekannter sie hereingetragen hatte, der allerdings wieder verschwunden war, noch ehe man seine Personalien hatte aufnehmen können. Oder erfahren, was überhaupt geschehen war. Die Polizei hatte umsonst nach ihm gesucht. Vor allem, da die Beschreibung der Schwestern im besten Falle vage war.
Havreux’ Blick streifte sie nur kurz aus dem Augenwinkel, bevor er den Kopf schüttelte, während er gleichzeitig den Blinker setzte und abbog. »Als ich zu mir kam, waren die Burschen, die mich überfallen hatten, verschwunden, und sie lagen bewusstlos halb über mir. Ihr Puls war so schwach, dass ich ihn kaum fühlen konnte. – Ich habe versucht, Hilfe zu holen, allerdings ohne Erfolg.« Seine Mundwinkel verzogen sich. »Und als ich dann in die Gasse zurückkam, waren Sie nicht mehr da.« Erneut schaute er sie für einen Sekundenbruchteil an. »Ich habe mir Sorgen gemacht.« Er nahm eine Hand vom Lenkrad, fasste ihre und drückte sie kurz, ehe er sie sofort wieder losließ. Seine Berührung hinterließ ein seltsames Prickeln auf ihrer Haut, das wie der Hauch eines Streichelns ihren Arm emporzugleiten schien. Sie atmete tief durch und widerstand dem Verlangen, ihre eigene Hand auf die Stelle zu legen.
»Was hatten Sie dort überhaupt zu suchen, Mr. Havreux?«, fragte sie stattdessen. Darauf war er ihr immer noch eine Antwort schuldig.
Wieder traf sie ein Blick aus dem Augenwinkel, dann glaubte sie so etwas wie Schuldbewusstsein über seine Züge huschen zu sehen. »Ich war spazieren.«
»Spazieren?«, wiederholte sie fassungslos. »In dieser Gegend?«
»Ja, ich weiß. Man sollte mehr Verstand von mir erwarten. Aber an diesem Abend …« Er hob die Schultern. »Ich musste irgendwie den Kopf freibekommen, und ich bin nicht der Typ, der dann stumpfsinnig auf einem Laufband in irgendeinem Fitnessstudio vor sich hin trabt. – Ich war so in Gedanken, dass ich irgendwo falsch abgebogen sein muss. Den Rest der Geschichte kennen Sie ja bereits. Und glauben Sie mir: Es tut mir verdammt leid.« Die Ampel vor ihnen schaltete auf Rot. Er stoppte an der Linie und sah ihr direkt in die Augen. »Aber was hatten Sie dort zu suchen?«
»Ich wollte nach einer Patientin sehen, die in dieser Gegend wohnt.«
»Zu meinem Glück. – Auch wenn ich sagen muss, dass es ziemlich leichtsinnig von Ihnen war, alleine dorthin zu gehen. Hätte Ihr Mann Sie nicht begleiten können?« Die Ampel sprang auf Grün, und er konzentrierte sich wieder auf den Verkehr, während er weiterfuhr.
Ella war dankbar dafür. So bemerkte er nicht, dass sie die Handflächen gegeneinanderpresste. Ein paar dahergesagte Worte, und da war es wieder, dieses verdächtige Ziehen in der Brust.
»Ich bin nicht verheiratet.« Sie schaffte es, absolut gelassen zu klingen.
»Nicht?« Er bog in die Seitenstraße ein, an deren Ende die Mall lag. »Aber einen Freund werden Sie doch haben, oder?«
»Ich bin Ärztin, Mr. Havreux. Mein Beruf ist mir sehr wichtig. Die meisten Männer können das nicht akzeptieren.« Zumindest nicht für längere Zeit.
Erneut wanderte sein Blick zu ihr. Der Ausdruck in seinen Augen war nicht zu deuten. Dann schaute er wieder nach vorne.
»Das klingt einsam«, sagte er nach einer kleinen Pause. Ella biss sich auf die Lippe. War es auch. Doch noch ehe sie ihm eine weitere nichtssagende Standardantwort geben konnte, schüttelte er kaum merklich den Kopf. »Es tut mir leid, Dr. Thorens. Ihr Privatleben geht mich nichts an. Entschuldigen Sie meine Indiskretion.« Verblüfft starrte sie ihn an. Bisher hatte sie in solchen Momenten in der Regel ermüdende Diskussionen über Kinder und den – offensichtlich irgendwo im Universum gesetzmäßig festgeschriebenen – Wunsch jeder Frau nach einem Ehemann und Familie führen müssen.
Eine Antwort blieb ihr erspart, da er gerade auf den Parkplatz der Mall einbog und seine Aufmerksamkeit endgültig auf die anderen Wagen, plötzlich zwischen den geparkten Autos hervorrennende Kinder und sich angeregt unterhaltende Frauen mit Einkaufstüten auf den Armen richten musste.
Wie durch ein Wunder fand er einen Parkplatz ganz in der Nähe des Eingangs,
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