Hexenopfer
finden, die Stowe benutzt hat, sowie die Schuhe und den Mantel, die er getragen hat. Dann bedarf es nur noch ein wenig Laborarbeit, und Sie haben den Fall in trockenen Tüchern.«
Es klopfte an der Tür. Dallas und Jacob drehten sich um und sahen einen gedrungenen Mann mittleren Alters in dreiteiligem Anzug, der leise die Tür aufmachte und seinen Kopf hereinstreckte, um die Lage zu sondieren.
»Kommen Sie ruhig näher, Maxie«, forderte Jacob ihn auf und stellte die beiden einander vor. »Special Agent Sloan, darf ich Ihnen Maxwell Fennel vorstellen, Reverend Stowes Anwalt.«
»Darf ich eintreten?«, fragte Maxwell.
Jacob winkte ihn herein. »Waren Sie schon bei Ihrem Klienten?«
»Habe gerade mit ihm gesprochen. Ein erbärmlicher Anblick. Ziemlich fertig nach allem, was passiert ist. Der Mann steht am Rande des Nervenzusammenbruchs.«
Jacob schnaubte. »Sie haben doch nicht etwa vor, auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren?«
»Hören Sie, Jacob«, sagte Maxwell, »die Sache ist die, der gute Reverend hat mich angewiesen, Ihnen zu sagen, er sei bereit, ein Geständnis abzulegen. Er hat zugegeben, auf Genny geschossen zu haben.«
25
Esther Stowe war zu einer Belastung geworden, seitdem ihr Mann vor fünf Tagen verhaftet worden war. Er konnte sie nicht am Leben lassen. Sie hatte ihren Mann im Stich gelassen, ohne mit der Wimper zu zucken. Die kleine Hexe könnte ihn ebenso leicht fallen lassen. Inzwischen hatten Sloan und Butler wahrscheinlich herausgefunden, dass ihr gesuchter Mörder ein Mitglied von Esthers Hexenzirkel war, daher war es nur eine Frage der Zeit, bis die beiden sie nach Namen ausfragten. Wenn das geschah, hielt sie vielleicht eine Weile dicht, aber nicht lange. Nicht, wenn sie glaubte, der Justiz zu helfen, wäre für sie von Vorteil. Er wusste, sie würde ihnen am Ende die Namen der anderen Satanisten preisgeben. Er konnte nicht riskieren, dass noch mehr Verdacht auf ihn fiel. Bisher hatten sie keinen echten Beweis gegen ihn. So sollte es auch bleiben.
Wieder einmal hatte das Schicksal bestimmt, wer das nächste Opfer sein würde. Bei dem Gedanken, wie schockiert die Hohepriesterin sein würde, wenn ihr klar wurde, dass sie das Opferlamm geworden war, lächelte er in sich hinein. Er betrachtete es schlicht als ausgleichende Gerechtigkeit, dass jemand, der in seinem Bestreben, Teufelswerk zu tun, so viele Tiere abgeschlachtet hatte, am Ende auf ähnliche Weise sterben würde.
Er griff nach dem Telefonhörer und wählte ihre Nummer. Beim dritten Klingeln hob sie ab. »Esther, mein Lämmchen, ich möchte dich sehen.«
»Dann komm doch rüber«, schlug sie vor. »Haden ist noch im Gefängnis. Ich werde todsicher nicht die Kaution für ihn hinterlegen.«
»Warum kommst du stattdessen nicht hierher? Ich mache uns was zu essen, öffne eine Flasche Wein, und wir können … uns vergnügen.«
»Klar, warum nicht? Dann habe ich wenigstens was zu tun. Man hat mich angewiesen, die Stadt nicht zu verlassen.«
»Ich freue mich auf unseren gemeinsamen Abend.«
»Gut. Ich auch. Ich könnte eine Ablenkung gebrauchen, etwas Wildes und Aufregendes.«
Allein der Gedanke an ihren nackten Körper erregte ihn. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, konnte ihr Blut förmlich schmecken.
»Ich verspreche dir die wildeste Nacht deines Lebens.«
Nachdem sie vor drei Tagen in ein Privatzimmer verlegt worden war, hatte Genny darum gebeten, ihr keine Schmerzmittel mehr zu geben, doch Jacob hatte die Krankenschwestern angewiesen, Gennys Proteste zu ignorieren. Wenn sie doch nur ein paar von Grannys Heilkräutern hätte, könnte sie die Narkotika absetzen. Sally hatte ihr versprochen, zum Haus zu fahren, ihr zu holen, was sie brauchte, und es in ihr Zimmer einzuschmuggeln. Doch Jazzy, die sowohl ihre Tante als auch Genny ziemlich gut kannte, hatte sich ausrechnen können, was sie ausheckten, und die geschmuggelten Kräuter abgefangen.
Obwohl Genny erst fünf Tage im Krankenhaus war, hatte sie das Gefühl, es seien fünf Wochen gewesen. Die Medikamente flößten ihr eigenartige, bedeutungslose Träume ein und ließen sie bewusster auf Farben und Licht reagieren. Alles wirkte zu hell, zu lebhaft. Doch ihr sechster Sinn wurde durch die Schmerzmittel gedämpft. Sie fing Dinge, Gedankenfetzen und Gefühle auf, aber alles nur fragmentarisch. Ihre seherische Gabe war verschwommen, als schaute sie durch trübes Wasser statt durch funkelndes, sauberes Quellwasser.
Zum Glück hatte der Arzt an diesem Morgen
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