Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
des K 1.
Grinsend kratzte sich Mertel hinterm Ohr. Dann fuhr er endlich fort: »Am Fuß dieser Buche haben wir in der feuchten Walderde ein grobes Stollenprofil entdeckt. Es handelt sich um eines, das beispielsweise von Wanderschuhen verursacht wird. Die Fußspuren führen zu einem schmalen Pfad, auf dem sie sich allerdings verlieren.«
»Also ein Wanderer«, mischte sich der aus Mallorca zurückgekehrte Kriminalhauptmeister erneut ein.
»Ja, werter Kollege Geiger, wir haben es somit hundertprozentig mit einem Wanderer zu tun«, höhnte Tannenberg. »Deshalb beginnst du gleich nachher mit der Recherche in dieser abgedrehten Wanderfreak-Szene. Du fährst zur Geschäftsstelle des Pfälzerwald-Vereins und stellst dort alles auf den Kopf.« Er reckte einen Zeigefinger in die Höhe. »Und bitte die gesamte Palette der kriminalpolizeilichen Ermittlungsarbeit: Befragung der anwesenden Personen, Sichtung der Mitgliederlisten, Computercheck et cetera. Außerdem hast du in der nächsten Zeit sämtliche Volkswanderungen in unserer Gegend im Visier und nimmst dort von allen Wanderern Sohlenproben.«
Armin Geiger verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und presste die Zahnreihen so fest aufeinander, dass sich unter seiner Wangenhaut kleine Höcker bildeten. »Danke, Chef, verarschen kann ich mich alleine«, knurrte er durch die geschlossenen Zahnreihen.
Der Kommissariatsleiter warf Mertel einen hämischen Blick zu, den dieser mit einem dezenten Schmunzeln quittierte.
Jeder der Anwesenden wusste aus leidiger Erfahrung, dass Tannenberg ein ausgesprochener Morgenmuffel war. Bis zum Mittagessen, das er meist zu Hause in der Küche seiner Eltern einnahm, war er übellaunig, muffelig, aufbrausend, provokant und ungerecht, worunter vor allem Armin Geiger zu leiden hatte.
Doch zu Tannenbergs Ehrenrettung trug bei, dass der pygmäenhafte Kriminalhauptmeister selbst großen Anteil daran hatte, vor einigen Jahren zum Prügelknaben des K 1 avanciert zu sein. Seine Zoten und sexistischen Anspielungen gegenüber Sabrina fanden alle unerträglich. Und da er sich diese Unart nicht hatte abgewöhnen und sich auch nicht hatte versetzen lassen wollen, musste er sich eben mit den kollektiven Anfeindungen seiner Kollegen arrangieren.
»Wie ich sehe, sind alle Mitarbeiter des K 1 versammelt«, erklang plötzlich eine ungewöhnlich tiefe Frauenstimme in Tannenbergs Rücken.
Erstaunt riss der Chef-Ermittler seinen Oberkörper herum. Die abrupte Körperdrehung löste einen schneidenden Schmerz im Lendenbereich aus. Er stöhnte auf, aber angesichts des überraschenden Damenbesuchs unterdrückte er die deftigen Flüche, die ihm auf der Zunge lagen.
»Guten Tag, die Herrschaften«, fuhr die Besucherin unbeeindruckt fort. »Für all diejenigen, denen ich noch nicht über den Weg gelaufen bin: Mein Name ist Agnes Rottmüller-Klomann. Ich störe Sie wirklich nicht gerne bei Ihrer schwierigen Ermittlungsarbeit. Aber bevor Sie die Neuigkeit über den Kantinenfunk hören, sollten Sie es meines Erachtens besser direkt von mir erfahren.«
Tannenberg zog einen Mundwinkel hoch. »Was erfahren?«
Die Frau nahm eine theatralische Pose ein und räusperte sich hinter vorgehaltener Hand. »Unser allseits geschätzter Herr Oberstaatsanwalt Dr. Sigbert Hollerbach wird uns leider bereits am kommenden Wochenende verlassen.«
Raunen.
»Heute Morgen wurde an höchster Stelle entschieden, dass ich ab nächster Woche seinen Zuständigkeitsbereich übernehmen werde.« Ein kurzes, aufgesetztes Lächeln. »Und somit natürlich auch die staatsanwaltliche Zusammenarbeit mit dem K 1.«
»Wieso … wieso denn das?«, fragte der völlig perplexe Chef-Ermittler. Er konnte einfach nicht glauben, was er da gerade aus dem Munde der Kollegin seines Intimfeindes vernommen hatte. »Wo ist er denn hin?«, fragte er verdutzt.
Agnes Rottmüller-Klomann setzte eine bedeutungsschwere Miene auf. »Mich hat Sigbert schon vor einigen Wochen ins Vertrauen gezogen. Trotzdem kam auch für mich die Entscheidung des Justizministeriums ziemlich überraschend.« Die Staatsanwältin verschränkte die Hände vor dem Körper und ließ die Daumen umeinander kreisen.
»Dr. Hollerbach wurde von der Landesregierung damit beauftragt, unserem Partnerland Ruanda bei der Reform seines Justizsystems Hilfestellung zu leisten«, erläuterte sie. »Er soll schon am Wochenende nach Ruanda fliegen. Man munkelt, dass der liebe Sigbert nach dieser Exkursion direkt nach Mainz ins Ministerium wechselt. Der
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