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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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Stefanie Gercke
    Ins dunkle Herz Afrikas
    März 1968
    Ein ausgetrampelter Nashornpfad im Busch von Zululand
    \J ie Sommerregen waren spärlich gefallen dieses Jahr, und flirrende Hitze lag über dem weiten Tal. Die brutale afrikanische Sonne versengte Grasspitzen zu stumpfem Gold, sog den Saft aus Bäumen und Blättern, entzog der Haut aller Lebewesen auch noch den letzten Rest von Feuchtigkeit. Der glühende Himmel erstickte jedes Geräusch. Das hohe Sirren der Zikaden, das sanfte Gurgeln des Flusses, das Knistern des trockenen Buschs verstärkten nur die Stille. Die Vögel duckten sich in den tiefen Schatten, Reptilien suchten Kühlung in ihren Löchern unter den Felsen, zwei Flusspferde trieben reglos in einem Wasserloch, Augenhöcker und Nüstern aufmerksam aus dem Wasser gestreckt. Der Schlamm auf ihren massigen Rücken war zu einer gelben Kruste getrocknet.
    Die beiden Männer gingen hintereinander auf dem schmalen Sandweg, der sich zwischen Dickicht und Felsvorsprüngen an dem abfallenden Ufer des träge fließenden Flusses dahinschlängelte. Der hintere trug die Kakiuniform eines Wildhüters, die Maschinenpistole hing am Riemen über seine rechte Schulter, in seiner linken Faust hielt er einen Strick, mit dem die Handgelenke des anderen Mannes auf dem Rücken gefesselt waren. Blut tropfte dem Mann, der fast einen Kopf größer war als der Wildhüter, aus einer Halswunde, trocknete auf Schulter und Rücken seines T-Shirts zu einer steifen, rostroten Fläche. Schweiß rann ihm in Strömen aus den schwarzen Haaren, lief ihm in die Augen, die er gegen die gleißende Helligkeit zu Schlitzen geschlossen hielt. Als ein Sonnenstrahl sie traf, blitzten sie in einem ungewöhnlich intensiven Violettblau auf.
    Die Entzündung der Wundränder, die bereits die Haut rot färbte, verursachte ihm erhebliche Schmerzen, und der Schock über seine Gefangennahme verlangsamte noch immer seine Reaktionen. Innerlich flüchtete er sich zurück in die Arme der Menschen, die sein Leben bedeuteten, seine Frau, seine Kinder. Seine Familie. Vor vier Tagen war er geflohen, um sein Leben zu retten, und er hatte sie allein zurückgelassen. Wo mochten sie jetzt sein? Die Sonne stand noch nicht im Zenit. Etwa zehn Uhr, schätzte er es. Hatten sie die Tage ohne ihn wie immer verbracht? Hatten sie gegessen, geschlafen, waren an den Strand gegangen, hatten Freunde getroffen? Nein, dachte er, das konnte nicht sein, es war unmöglich, dass das Leben einfach so weiterging, seit er ihr die letzten Worte zugeflüstert hatte. Ich liebe dich, Honey, mehr als mein Leben. Ihre Antwort war nur ein Hauch gewesen, aber sie hallte in ihm nach wie Kirchengeläut. Ich liebe dich, mein Herz, ich liebe dich. In einer Woche ist alles vorbei, hatte er ihr versprochen, warte auf mich im »Belle-Epoque«.
    In einer Woche! Vier Tage ab heute gerechnet, die tiefer schienen als jede Schlucht, höher als jeder Berg, weiter als jeder Ozean. Das Seil schnitt in seine Handgelenke, er fühlte den Lauf der Maschinenpistole im Rücken. Er musste sich befreien! Ihretwegen musste er es schaffen. In vier Tagen würde sie im »Belle-Epoque« sitzen, dem Hotel am Genfer See, die Arme schützend um die Zwillinge gelegt, und warten. Jede Faser ihres Körpers würde auf ihn warten. Sie. würde sich mit den Kindern beschäftigen, sich ablenken, für sie würde sie fröhlich sein, sich nur jede Stunde erlauben, auf die Uhr zu sehen.
    Aber die Zeit würde verrinnen wie Wasser im Sand, und sie würde warten. Wann würde sie unruhig werden? Wann würde sie wissen, dass er nicht mehr kommen würde - nie mehr kommen würde?
    Plötzlich, aus weiter Ferne, irgendwo aus dem Hitzeschleier über dem Busch, klang schwach das aufgeregte Kläffen mehrerer Hunde herüber, die offenbar seine frische Fährte gefunden hatten. Der Mann mit den gefesselten Händen zuckte zusammen, alle seine
    Sinne vibrierten. Hunde! Polizisten suchten ihn, Agenten des Büros für Staatssicherheit, im Volksmund BOSS genannt. Schon seit Tagen waren sie hinter ihm her. Aufs Höchste gespannt lauschte er auf das aufgeregte Gebell der Hunde.
    »Die Hunde sind am schlimmsten, riesige, gelbe Viecher - Ridge-backs, für die Löwenjagd gezüchtet. Die haben ein Gebiss wie eine Hyäne und sind angriffslustig wie ein Hai im Blutrausch«, hatte Vili-kazi, sein schwarzer Freund, ihn gewarnt. »Sie mischen ihnen etwas ins Futter, es macht sie rasend.
    Die springen dich an und reißen dir glatt die Kehle raus!« Seine Grimasse war

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