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Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Titel: Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gewesen sein konnte! – aber da waren der Wasserfleck und der Gestank und seine nassen Schuhe.
    Mit aller Macht zwang er sich zur Ruhe. Das Schlimmste überhaupt, was ihm im Moment passieren konnte, war, in Panik auszubrechen. Vielleicht gab es für alles eine ebenso simple wie einleuchtende Erklärung – zum Beispiel diese: Irgendwo im Zimmer über ihm war eine lecke Leitung, durch die Wasser in die Decke lief; Wasser, das während der Nacht auf seine Schuhe heruntergetropft, vielleicht auch ihn selbst getroffen hatte. Und der Teil seines Bewusstseins, der für die Träume zuständig war, hatte den Gestank und die Nässe und das Geräusch fallenden Wassers genommen und den Rest dazuerfunden, perfide, wie dieser Teil des menschlichen Geistes nun einmal war.
    Nun, das war eine Erklärung, und eine nicht einmal schlechte dazu.
    Aber irgend etwas sagte ihm, dass sie ebenso falsch wie einleuchtend war. Etwas, das sich mit schwarzen schuppigen Dingen und glotzenden Fischaugen beschäftigte.
     
    Miss Lugosis Schwatzhaftigkeit feierte während des gesamten Frühstücks fröhliche Urstände. Andara hatte halb erwartet, halb sogar erhofft, dass sie ihm ob seiner neuerlichen Verspätung noch gram sein und deshalb mit Nichtbeachtung strafen würde, aber das genaue Gegenteil war der Fall: Sie redete praktisch ununterbrochen, versicherte ihn ihres Mitgefühles ob der hinter ihm liegenden Strapazen und begann schließlich über dieses und jenes zu plappern, was sich in Arkham in den letzten Wochen und Monaten zugetragen hatte, ohne dass sie Andara auch nur die Chance gab, eine Zwischenfrage zu stellen oder um mehr als den Zucker zu bitten. Seine eigene, grüblerische Schweigsamkeit schien ihr nicht einmal aufzufallen. Zumindest ignorierte sie sie.
    »Was werden Sie heute tun, Mister Andara?«, fragte sie schließlich. »Es scheint ein wunderschöner Tag zu werden, und Arkham ist zwar ein gottverlassenes Kaff, bietet aber für einen Fremden doch das eine oder andere Sehenswerte.«
    Andara überlegte einen Moment. Er hatte sich die gleiche Frage insgeheim auch schon gestellt. So, wie die Dinge lagen – weder H.P. noch Rowlf waren hier, und die einzige Spur, die er hatte, war der Name eines ihm völlig unbekannten Studenten an der Universität – gab es nicht sonderlich viel, was er überhaupt tun konnte; vielleicht mit Ausnahme dessen, wirklich Miss »Schwatzhafts« Vorschlag zu folgen und sich die Sehenswürdigkeiten Arkhams anzusehen – wenngleich ihm sicherlich andere Sehenswürdigkeiten vorschwebten als ihr; die Bibliothek der Miskatonic-Universität etwa, oder gewisse abseits gelegene Lagerschuppen am Fluss, von denen ihm H.P. erzählt hatte. Andererseits war Arkham eine Kleinstadt, in der ein Fremder unvermeidlich Aufsehen erregen musste, wenn er zu neugierig war.
    »Zuerst einmal werde ich meine Schuhe trocknen«, sagte er übellaunig, sah Miss Lugosi dabei aber scharf an. Sie erwiderte seinen Blick ungerührt, runzelte plötzlich die Stirn und beugte sich unter den Tisch, um einen Blick auf sein Schuhwerk zu werfen. Als sie sich wieder aufrichtete, war eine steile tiefe Falte zwischen ihren Brauen erschienen, die aber möglicherweise eher auf den allmählich größer werdenden Fleck zurückzuführen war, der sich auf dem Teppich unter ihm bildete.
    »Es ist nicht meine Schuld«, kam er dem zu erwartenden Vorwurf zuvor. »Ich reise mit kleinem Gepäck und habe leider kein Ersatzschuhwerk. Sie sahen so aus, als ich vorhin aufwachte. Gestern Abend«, fügte er hinzu, »waren sie noch trocken.«
    Miss Lugosi nickte betrübt. »Ich weiß, mein lieber Freund. Diese Wasserleitung bringt mich noch um mein letztes bisschen Fassung. Dreimal habe ich sie richten lassen, in den letzten sechs Monaten, und jedes Mal geht sie schneller wieder kaputt als zuvor. Das Haus ist alt.«
    »Wenn Sie wollen, sehe ich mir die Sache an«, erbot sich Andara. »Ich bin zwar kein Klempner, aber ich besitze ein wenig handwerkliches Geschick.«
    »Aber das kommt ja gar nicht in Frage«, antwortete sie entschieden. »Sie sind hier als Gast, nicht als Handwerker. Wozu bezahle ich diese Halsabschneider, wenn sie keine anständige Arbeit zu liefern bräuchten?« Sie schüttelte noch einmal den Kopf, um ihre Worte zu bekräftigen, schenkte ihm unaufgefordert Kaffee nach und lächelte versöhnt. »Vielleicht sollten Sie wirklich für heute einfach Gott einen guten Mann sein lassen und sich noch einen Tag Ruhe gönnen, nach der langen Reise«, fuhr sie

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