Heyne Galaxy 03
und verließ den Funkraum. Ruhelos wanderte er in der leeren Station umher, die sonst mit dem Reden und Lachen der Männer angefüllt gewesen war. Jetzt war alles still und tot.
Im Aufenthaltsraum blieb er vor der Musiktruhe stehen. Er wußte, wie man sie bediente, denn Hai hatte es ihm beigebracht. Sorgfältig suchte er sich sein Lieblingsband heraus und schaltete das Gerät ein. Die neunte Symphonie von Beethoven. Als der Schlußchor verklang, war es in der Station noch ruhiger als vorher. Sam konnte es nicht mehr ertragen. Er legte Band auf Band in die Maschine, um nicht allein mit sich und der unheimlichen Stille sein zu müssen.
Vor den Büchern blieb er stehen. Wahllos griff er in das Regal und nahm eins heraus. Es hatte etwas mit dem Planeten Mars zu tun und war von einem gewissen Edgar Rice Burroughs. Sam wollte das Buch zurückstellen, denn über den Mars wußte er so ziemlich alles, was auch die Menschen über ihn wußten. Aber dann sah er, daß dies kein wissenschaftliches Buch war, sondern etwas anderes. Er legte es unter den Mikroprojektor.
Der Text befaßte sich mit der Geschichte eines seltsamen Mannes, und der Mars …
Verrückt!
Sam gab ein Geräusch von sich; es klang wie das Stöhnen eines Menschen. Zum erstenmal in seinem Leben hatte Sam gestöhnt. Es war wegen des Buches, dessen Inhalt er nicht verstand. Er wußte, daß die Menschen niemals auf dem Mars gelandet waren, obwohl sie ihn von Sonden und Fernsehaufnahmen her genau kannten. Doch in diesem Buch wurde der Mars ganz anders beschrieben. Das Buch log. Vielleicht eine besondere Art menschlichen Humors…? Oder man hatte ihm nicht alles gesagt, als man die Daten über den Mars in ihn hineinprogrammierte. Das war die wahrscheinlichste Möglichkeit.
Er las das ganze Buch durch, ohne den Inhalt zu begreifen. Da war eine Frau, die Prinzessin genannt wurde und die Eier legte; eine glatte Unmöglichkeit. Und dann dieser John Carter – er war eigentlich eine sympathische Figur, und er mochte ihn. Vielleicht gab es noch mehr Bücher über ihn.
Sam fand die ganze Serie und las sie. Aber erst viel später fand er die Lösung des Rätsels, in einem der Bücher nämlich, ganz vorn auf der zweiten Seite. Dort stand zu lesen: Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen oder stattgefundenen Ereignissen wäre rein zufällig. An einer anderen Stelle wurde der Roman als »Fiction« bezeichnet.
Sam nahm sich das Lexikon vor. Darin standen die Erklärungen für alle unbekannten Begriffe. Fiction war nicht gerade dasselbe wie Humor, aber es hatte auch nichts mit Tatsachen zu tun. Es mußte eine Art literarisches Spiel sein, in dem der Autor das Recht besaß, die Fakten des Lebens und der Wissenschaft willkürlich zu verändern. So durfte sich der Autor zum Beispiel vorstellen, daß die Menschen sich gegenseitig gern umbrachten oder Männer keine Frauen mochten – also unmögliche Dinge. Und von diesen Vorstellungen ausgehend, baute er seine Handlung auf.
Diese Bücher waren leicht und schnell zu lesen. Weniger leicht war es mit jenen, die keine Fiction waren, sondern Tatsachen schilderten. Und da entdeckte er ein Buch, das sein ganz besonderes Interesse fand. Er konnte es nicht klassifizieren, aber schon die Untertitel besagten, daß es sich um Tatsachenberichte handelte, nicht um Fiction. Es war geschrieben worden, bevor die Menschen in den Weltraum vorstießen, und brachte Artikel über Beobachtungen von Fliegenden Untertassen. An einigen Stellen wurde sogar die Vermutung geäußert, daß es sich bei diesem Phänomen um Raumschiffe fremder Rassen handelte, die eine Invasion auf die Erde vorbereiteten. Sam las das Buch in einem Zuge durch und machte sich dann seine Gedanken.
Hatte Hai Norman nicht gesagt, ein Krieg zwischen Menschen sei durch das Gesetz unmöglich gemacht worden? Aber hatte nicht Smithers etwas von einem Angriff gesagt? Konnte es möglich sein, daß fremde Raumschiffe die Erde überfallen hatten?
Sam entsann sich der grellen Lichtblitze über den Städten. So ähnlich waren auch die seltsamen Waffen geschildert worden, in den Büchern, die als Science Fiction bezeichnet wurden. Soweit er bisher feststellen konnte, war in den Fiction-Büchern immer ein Körnchen Wahrheit enthalten. In einem Roman las er über Männer, die eine Zeitmaschine erfanden und damit in die Vergangenheit reisten, wo sie gegen unglaubliche Ungeheuer kämpften. In einem anderen Buch, einem wissenschaftlichen Werk, fand er dann Angaben über diese Ungeheuer. Sie
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