Hi, Society
eines der gold geprägten elfenbeinfarbenen Leinenheftchen zu finden ist, in denen der Ablauf der Trauungszeremonie festgehalten ist. Vorn darauf prangen kunstvoll ineinander verschlungen die Initialen von Massimo und Sophie.
Sophie ist momentan noch im anderen Trakt des Schlosses, dem sogenannten unteren Belvedere, und wird geschminkt. Ich war eben bei ihr und sie sieht noch besser aus, als – naja, ich will nicht zu viel verraten.
Aber sie hat so ein besonderes Strahlen im Gesicht und sie ist überraschenderweise überhaupt nicht am Durchdrehen. Im Gegenteil, sie ist richtiggehend ruhig. Geradezu verschreckend ruhig. Keine der üblichen Frisösenschaßtrommel-Ausbrüche. Vielmehr hat sie so ein abartig zufriedenes Lächeln auf den Lippen und sie sorgt sich um alles und jeden und kein Scherz: Sie hat sich tatsächlich bei der Haarstylistin bedankt.
Also wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sofort den Arzt rufen oder meinen, sie hat irgendetwas eingeworfen, aber dabei trinkt sie noch nicht mal einen Schluck Alkohol, denke ich, während ich mich auf den Weg in den Marmorsaal mache, um die dortige Sitzordnung ein letztes Mal zu überprüfen. Als ich den zwei Geschosse umfassenden barocken Raum betrete, fühle ich mich in eine andere Zeit versetzt.
Ich glaube fast, nein, ich bin mir sicher, dass ich noch niemals in meinem Leben etwas so Prachtvolles gesehen habe. An den Wänden rotbrauner Stuckmarmor, kontrastierend mit den weiß gekalkten Wänden und opulenten Vergoldungen, die nach oben hin fast bis zu dem kunstvollen Deckenfresko von Carlone reichen. Riesige, schwere Kristalllüster, die den Blick hinlenken zu den gigantischen Terrassentüren, welche einen herrlichen Blick auf das untere Belvedere, den Stephansdom bis hin zum Kahlenberg freigeben und geradewegs hinaus in den barocken Schlossgarten führen, mit seinen prachtvollen Wasserspielen, kunstvollen Steinskulpturen und dem großen geschwungenen Bassin, in welchem sich das Schloss in seiner ganzen Pracht widerspiegelt.
Eine ganze Weile stehe ich einfach nur so da und genieße den Anblick. Das edle Porzellan der Manufaktur Augarten, welches eigens für die Hochzeit in den Initialen S&M entworfen, sich kunstvoll zwischen glänzend-poliertem Silber und feinsten Kristallgläsern türmt, die opulenten Blumenarrangements aus blassrosa bis pinkfarbenen Pfingstrosen, die sich gepaart mit Bändern aus Seide über die Tische ergießen, daneben mit kunstvollen Maiglöckchen und anderen Zuckerblumen verziert das siebenstöckige Konditoren-Kunstwerk auf einem runden, mit allerhand Schnörkel verzierten barocken Goldtisch thronend, direkt neben dem offenen Kamin aus weißem Marmor.
»Ciao!«, vernehme ich da Massimos Stimme und sehe hinüber in den angrenzenden Gartensaal, wo er mit seinen drei italienischen Cousins, alle im Cut und mit einer frappierenden Ähnlichkeit mit Berlusconi, steht. Sie unterhalten sich wild gestikulierend mit einem Mann und gerade als ich näher hinsehen möchte …
Erik?
Ich schließe schockartig die Augen und zähle langsam bis drei.
Nein, das ist nicht Erik, beruhige ich mich und versuche, mich in ein entspannendes blaues Licht zu hüllen, wie in diesem Mondkalender empfohlen wird. »Das ist alles bloß der Stress!«, beschwöre ich mich weiter. Erik ist auf Hawaii. Er würde es nicht wagen hierher zu kommen, nach allem, was passiert ist, und er trägt kein Hawaii-Hemd. Alles nur Fantasie. Erik würde niemals ein solches Hemd tragen.
»Elli!« Der Klang seiner Stimme lässt mich augenblicklich zusammenzucken.
Er ist es!
Einen Moment bin ich außer Stande, mich zu rühren. Es ist wie in diesen Träumen, ich möchte so schnell als möglich davonlaufen, aber irgendeine unsichtbare Macht hält mich fest und ich rühre mich nicht von der Stelle. Aus den Augenwinkeln sehe ich ihn näher kommen und ein Knoten bildet sich in meinem Hals. Moment mal!
Er ist nicht allein?
Kreisch!
Das ist Edda!
Direkt hinter ihm.
Okay, ich muss auf der Stelle weg! Auf gar keinen Fall werde ich mit denen reden. Kommt gar nicht in Frage. Ich zische hinüber zur Terrassentür, was in meinem langen Kleid und den hohen Schuhen gar nicht so einfach ist.
Mist, da kann ich nicht raus. Die bringen eben die letzten Blumengestecke herauf in den Saal.
»Elli!«, höre ich Eriks Stimme erneut, während ich mich durch den Seitenausgang verdrücken möchte.
Na toll! Die Getränkelieferanten. Das darf doch nicht wahr sein! Ein Schloss mit Tausenden
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