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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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nach«, sagte er zum Großvater seiner Frau. Ray, der noch nie eine Kreditkarte besessen hatte, ließ das darauffolgende Sperrfeuer von Erläuterungen über veränderte Kreditprinzipien und Bankschulden weitgehend verständnislos über sich ergehen. Diese Weiterbildungsveranstaltungen endeten regelmäßig damit, dass Kevin seufzte und düster sagte, das werde alles noch einmal ein schreckliches Ende nehmen.
    Ray Forkenbrock hatte gedacht, Beth würde seine Erinnerungen auf dem Computer in der Immobilienfirma schreiben, in der sie arbeitete.
    »O nein, Grandpa, wir haben zu Hause einen PC mit Drucker. Rosalyn wäre es nicht recht, wenn ich das in der Arbeit machen würde«, sagte sie. Rosalyn war ihre Chefin, und Ray hatte die Frau zwar noch nie gesehen, hatte aber das Gefühl, sie sehr gut zu kennen, weil Beth oft von ihr erzählte. Sie war ungeheuer dick und hatte Geldprobleme. Betrüger hatten sich wiederholt ihrer Identität bedient. Alle paar Monate musste sie stundenlang eidesstattliche Erklärungen ausfüllen. Laut Beth trug sie Bluejeans in Größe XXXL und einen Gürtel mit einer Silberschnalle, so groß wie ein Topfdeckel, die sie beim Bingo gewonnen hatte.
    Ray schnaubte. »Früher waren Gürtelschnallen etwas wert«, sagte er. »Beim Rodeo war die Gürtelschnalle der beste Preis. Das Geld hat uns damals nichts bedeutet. Uns ging es um die Gürtelschnalle«, sagte er, »und heute gewinnen dicke Weiber so was beim Bingo?« Er verdrehte den Kopf und blickte zu der Tür seines Kleiderschranks. Beth vermutete, dass er dort einen Gürtel mit Rodeoschnalle hatte.
    »Schaust du dir die Rodeoübertragungen im Fernsehen an?«, fragte sie. »Oder Bullenreiten?«
    »Nee«, sagte er. »Das lassen die alten Schnepfen hier nicht zu. Sie haben das Fernsehprogramm von frühmorgens bis Mitternacht festgelegt - Sendungen über Verbrechen, diese Kacke aus dem wahren Leben, Mode und Komiker und Haustiere. Rodeo? Keine Chance«, sagte er.
    Er warf einen zornigen Blick in den leeren Flur hinter der offenen Tür. »Nicht im Traum käme man darauf, dass sie fast alle ihr Leben auf einer Ranch verbracht haben«, sagte er.
     
    Beth sprach Mr. Mellowhorn an und sagte, sie finde, ihr Großvater sollte wenigstens ab und zu die Möglichkeit haben, Rodeoübertragungen anzusehen, seine Unterbringung sei schließlich nicht ganz billig. Mr. Mellowhorn war völlig ihrer Ansicht.
    »Aber ich halte mich bewusst aus den Entscheidungen unserer Heimbewohner heraus, was das Fernsehen angeht, und wenn Ihr Großvater Rodeosendungen sehen will, dann muss er nur eine Mehrheit unter den Heimbewohnern mobilisieren, die eine Petition unterschreibt, und …«
    »Hätten Sie etwas dagegen, wenn mein Mann und ich ihm einen Fernseher für sein Zimmer besorgen?«
    »O nein, keineswegs, aber ich möchte nicht verschweigen, dass weniger wohlhabende Heimbewohner denken könnten, er wäre privilegiert oder würde sie von oben herab behandeln, wenn er sich in seinem Zimmer vergräbt und Rodeos ansieht, statt sich der Auswahl der Gemeinschaft anzuschließen …«
    »Sehr gut«, sagte Beth und unterbrach die Leier der Gemeinschaftstyrannei von Mellowhorn Home. »Dann machen wir das. Wir kaufen ihm einen hochnäsigen Angeberfernseher. Familiensinn ist für Kevin und mich keine leere Floskel«, sagte sie. »Ich nehme an, Sie haben keine Satellitenschüssel?«, fragte sie.
    »Tja, nein. Wir haben es in Erwägung gezogen, aber - vielleicht nächstes Jahr …«
    Sie hatte Ray einen kleinen Fernsehapparat mit DVD-Gerät und ein paar DVDs von Rodeos der letzten Jahre besorgt. Das hatte ihn in Fahrt gebracht.
    »Mann, ich erinnere mich noch daran, als die Endausscheidung in Oklahoma City war, nicht im verdammten Las Vegas«, sagte er. »Bullenreiten hat ja heutzutage alle anderen Disziplinen ausgebootet, ade Wildpferdzureiten mit und ohne Sattel. Ich war dabei, als Freckles Brown 1962 Tornado geritten hat«, sagte er. »Sechsundvierzig Jahre alt, und heute setzen sie Kinder auf die Bullen! Die eine Million Dollar kriegen. Heute ist alles nur noch Show«, sagte er. »Die alten Burschen waren ein wüster Haufen. Fast alle schwere Trinker. Wenn man wissen will, was Schmerzen sind, dann muss man mit einem üblen Kater einen Bullen reiten.«
    »Hast du in deiner Jugend viele Rodeos geritten?«
    »Nein, viele nicht, aber genug, um mir ein paar Knochen zu brechen. Und mir eine Gürtelschnalle zu verdienen«, sagte er. »Wenn man jung ist, heilen die Brüche schnell, aber im Alter

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