Himmlisch verliebt
dieser Marcel. „Aber vorher muss sich der Typ bei mir entschuldigen. Also, du kleiner Wichser: Lass mal hören, was du zu sagen hast.“
Elias wich zurück, aber dafür trat Marcel nun näher. Auch Marcels Freunde rückten auf. Elias Freunde zogen sich dagegen eher zurück. Schöne Freunde waren das.
Mit einem Satz sprang der Schrank auf Elias zu und zog ihn an der Kapuze ganz dicht zu sich heran. „ Entschuldige bitte, du großer göttlicher Marcel! “, höhnte ihm Marcel direkt ins Gesicht. „Das möchte ich jetzt von dir hören. Wird’s bald?“
Lilith sah, wie Elias Mundwinkel zuckten. Er sammelt Spucke in seinem Mund, dachte sie erschrocken. Er will ihm ins Gesicht spucken!
Marcel schüttelte Elias hin und her. „Also … was hast du mir zu sagen?“
Immer noch bewegte Elias seine Mundwinkel.
Marcel lachte höhnisch. Er ballte seine Faust, spannte die Muskeln an.
Rums − da hatte Lilith ausgeholt. Sie war selbst erstaunt, wie schlagkräftig sie war. Ihre Faust hatte den Schrank direkt unter den Rippenbogen getroffen. Solarplexus, so hieß das wohl. Der Schlag wirkte sofort. Marcel knickte zusammen wie ein frisch gepflanztes Bäumchen bei Westwind. Er stöhnte und ließ sich auf den Boden fallen.
Elias sah sich verwundert um. Diesen Schlag konnte er wohl nicht einordnen.
Marcels Freunde kriegten es mit der Angst zu tun. Als er sich zu ihnen umdrehte, winkten sie ab.
„Schon okay.“
„Alles gut!“
„Wir haben nichts gesagt“, raunten sie und suchten das Weite.
Nun kam ein Lehrer über den Schulhof gerannt. „Was ist hier passiert?“, fragte er entsetzt und beugte sich über den stöhnenden Marcel.
„Der ist selbst schuld“, mischte sich Merle ein. „Der hat nämlich angefangen.“
„Ihr kommt auf der Stelle mit ins Sprechzimmer!“, forderte der Lehrer.
Lilith war froh, als Elias auf dem Heimweg war. Es war wirklich nicht so einfach, ihn zu beschützen, wenn er mit anderen zusammen war. Plötzlich tauchte Merle neben ihnen auf.
„Hast du viel Ärger bekommen?“, wollte sie wissen.
Elias zuckte die Achseln. „Geht so. Der Lehrer will mit meiner Mutter reden, wenn sowas noch mal passiert.“
Schweigend liefen die beiden nebeneinander her. Lilith ging in der Mitte, schaute immer mal wieder zu Merle und dann zu Elias hinüber. Die beiden schienen sich zu mögen. Das war gut.
„Danke übrigens, dass du dich so für mich eingesetzt hast“, sagte Merle und lächelte.
„Ehrlich gesagt, ich weiß gar nicht, wie das alles passiert ist“, murmelte Elias verwundert. „Ich bin überhaupt nicht der Typ, der andere verprügelt.“ Er nagte an seiner Unterlippe herum. „Irgendwie muss mir die Hand ausgerutscht sein.“
„Er hat es auf alle Fälle verdient“, meinte Merle. „Seit zwei Jahren macht er mich fertig. Darum wollte ich auch in eure Klasse wechseln.“
„Na, dann hat es ja wirklich den Richtigen erwischt“, freute sich Elias.
Lilith war froh, dass Elias nicht weiter nachfragte. Sie waren jetzt vor einem Mehrfamilienhaus angekommen. Merle blieb stehen.
„Hier wohne ich“, sagte sie. „Hast du Lust, auf eine Cola mit rein zu kommen.“
Lilith war überrascht. So gut kannten sich die beiden doch gar nicht. Andererseits freute es sie auch. Das Mädchen war nett, und sie sah dazu noch verdammt gut aus. Das konnte der Anfang einer Beziehung werden …
Auch Elias schien sich zu freuen. „Klar. Warum nicht“, sagte er.
Lilith lächelte in sich hinein. Elias sah jetzt richtig zielstrebig aus. Als hätte er es auf dieses Mädchen abgesehen. Das konnte ja spannend werden. So schnell sie konnte, folgte sie den beiden die Treppe zum ersten Stockwerk hinauf.
Merle öffnete eine Wohnungstür. Dann eine Zimmertür. „Meine Eltern arbeiten noch“, sagte sie. „Aber Cola und Brötchen sind immer da. Magst du was essen?“
„Nee, danke. Nur eine Cola vielleicht.“
Elias betrat Merles Zimmer, und auch Lilith drängte sich hinein. Die blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf den Schreibtisch: Ein Kartenspiel war im Halbkreis auf der Schreibtischplatte ausgebreitet und auf diesen Karten waren verschiedene Geistwesen zu sehen. Verwundert beugte sich Lilith darüber. Dann spürte sie ein Frösteln. Auf einer der Karten war Seraphin abgebildet – Seraphin mit seinem kahlen Schädel und den tiefen freundlichen Falten um die Augen. Auf einer anderen Karte war Minnah, in dem blauen Leinengewand, das sie immer trug. Und auf dieser einen Karte – das konnte doch nicht
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