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Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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Gedanke war, Taran verwarf ihn wieder, überquerte einen breiten Grenzstreifen und trat schüchtern durch ein Tor, das einladend offen stand. Eine hohe Palisade aus Pfählen umgab die Siedlung zu beiden Seiten und diente offenbar zum Schutz vor wilden Bestien, die sich in den verstrahlten Gebieten immer noch in großen Mengen tummelten.
    In der näheren Umgebung des Alpheios-Sees traf man allerdings nur selten auf Mutanten. Das saubere Ökosystem und die wehrhaften Zweibeiner, die sich dort niedergelassen hatten, waren ihnen wohl nicht ganz geheuer …
    Der Greis kam nicht bis zum See. Als er durch das Dorf spazierte und die Puppenhäuschen mit den geschnitzten Fensterläden bewunderte, fiel ihm eine große Blockhütte auf. Ein Glöckchen, das am Treppenaufgang aufgehängt war, und Taschen aus Birkenleder, die neben einer Bank unordentlich auf einem Haufen lagen, ließen darauf schließen, dass es sich um die örtliche Schule handelte.
    Der alte Stalker ging um das Gebäude herum und fand sich auf einem beschaulichen Spielplatz wieder. Als er die tobende Kinderschar sah, musste er unwillkürlich lächeln. So viele glückliche Kindergesichter hatte er schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Schon seit dem Krieg nicht mehr …
    Allerdings gab es in diesem Hort der Freude und Sorglosigkeit etwas, was nicht so recht ins Bild passen wollte. Was war es? Tarans Augen waren nicht mehr die besten. Er trat näher heran und beobachtete eine unschöne Szene, die sofort lebhafte Erinnerungen in ihm wachrief.
    Umgeben von einer Bande Halbwüchsiger krümmte sich ein kleiner Junge auf dem Boden. Sein Gesicht war schmutzig, sein Haar zerzaust und sein Blick für ein Kind viel zu ernst. Taran kannte diesen Blick nur zu gut. In der einen Hand hielt der Junge ein Feuerzeug mit einem zweiköpfigen Adler, mit der anderen fuhr er sich über die aufgeplatzte, blutende Lippe.
    Taran bekam Herzklopfen, als er ahnte, wen er vor sich hatte. Die Geschichte wiederholte sich.
    »Steh auf und putz dir den Mund ab!«, rief der Greis und bemühte sich um einen möglichst strengen Ton.
    Beim Anblick des Fremden ließen die Strolche sofort von ihrem Opfer ab, zogen sich zurück und begannen Fangen zu spielen. Der Junge leckte sich das Blut von den Lippen und sah zu seinem unverhofften Retter auf. Es war Glebs Blick. Ohne jeden Zweifel …
    Taran überlegte noch, was er zu dem Bürschchen sagen könnte, als der plötzlich aufstand und ohne jede Scheu auf ihn zumarschierte.
    »Bist du mein Großvater?«
    Die leuchtenden, abgründigen Augen des Jungen schienen direkt in die Seele des Stalkers zu blicken.
    Taran brachte nur ein flüchtiges Nicken zustande. Erwidern konnte er nichts. Ein Kloß im Hals schnürte ihm die Kehle zu. Seine Lippen zitterten, und seine Beine waren weich, wie immer, wenn er Herzklopfen hatte.
    »Papa hat gesagt, dass du umgekommen bist, aber das habe ich nie geglaubt. Einen richtigen Stalker bringt so leicht nichts um.«
    »Gleb? Wo ist er?«
    Der Junge schmiegte sich an den Greis, der seinen Enkel zärtlich an sich drückte.
    »Papa ist auch ein richtiger Stalker, und deshalb ist er auch noch am Leben«, erwiderte der Junge ausweichend. »Das habe ich Mama hundertmal gesagt, aber sie hat nicht auf mich gehört.«
    »Aurora?«, erriet Taran. »Ist sie hier? Was stehen wir dann noch herum? Bring mich zu ihr!«
    »Mama ist vor einem Jahr gestorben«, sagte der Junge leise.
    »Wie? … Wie ist das passiert?«
    »Sie hat so darauf gewartet, aber Papa ist nicht zurückgekehrt. Mama hat es nicht länger ausgehalten. Das Herz, haben die Ärzte gesagt …«
    »Und dein Vater? Ist es lange her, dass er … verschollen ist?«, fragte der Greis. Er wunderte sich, wie gefasst sein Enkel war, nach allem, was er durchgemacht hatte.
    »Als ich acht Jahre alt war, hat Papa eine Expedition auf die Beine gestellt. Eine ganze Karawane. Mit einem großen Tank, der mit Wasser aus dem See gefüllt war.«
    »Er wollte nach Piter, nicht wahr?«
    »Ja. Er hat oft gesagt, dass er das zu Ende bringen muss, was du nicht mehr geschafft hast.« Der Junge schaute seinen Großvater hoffnungsvoll an. »Jetzt, wo wir zu zweit sind, könnten wir doch …«
    »Das ist zu gefährlich, mein Junge«, unterbrach ihn Taran, der sofort wusste, worauf sein Enkel hinauswollte. »Du bist noch zu jung, und ich bin schon zu alt. Ich könnte dich nicht schützen, wenn unterwegs etwas passiert … Aber ich werde dir alles beibringen, was ich selbst einmal konnte.«
    Der Junge

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