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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Kauzes, leises Knacken im Unterholz, ein flüchtiger Schatten, die Sichel des Mondes – diese mystische Stimmung war ihm vertraut, mehr noch, er liebte sie von Kindesbeinen an. Dazu das eifrige Schnüffeln seines Hundes, der mit der Schnauze dicht über dem Boden von einem Baum zum nächsten kurvte, seinen Kommandos mehr oder weniger folgend, schließlich irgendwo innehielt, um aufgeregt im Erdreich zu scharren. Was konnte es Schöneres geben?

    Aber heute, das spürte er, heute war kein Tag wie andere. Jedenfalls nicht hier, in diesem dichten Wald aus alten Eichen und Pappeln, einsam gelegen und weit entfernt von seinen üblichen Pfaden. Ildefonso fröstelte. Dabei war es gar nicht kalt. Der Schauder kam von innen. Auch sein Hund verhielt sich sonderbar. Profumo, so hieß er, weil er einen siebten Sinn für den Duft des Tartufo hatte, wirkte unkonzentriert, blieb häufig stehen, richtete den Kopf auf, um nervös zu wittern. Waren Wildschweine in der Nähe? Oder sollte etwas dran sein an den Legenden? Ildefonso dachte an die »vecchia strega«, an die alte Hexe, die in diesem Wäldchen hausen sollte. An die kleinen Monster, die in Höhlen unter den Wurzeln lebten. An die riesige Fledermaus, die sich wie ein Adler auf Eindringlinge stürzte, um sie …
    Ildefonso schalt sich einen Narren, das waren Märchen, um Kinder zu erschrecken, Kinder und Fremde. Und diese magisch wirkenden Kreise im vertrockneten Waldboden, das war kein Teufelswerk, das waren auch keine Spuren von Außerirdischen, sondern ganz reale Hinweise für einen möglichen Fundort. Das sollte auch Profumo wissen. Warum fand er dann nichts?

    Ildefonso umklammerte den Barot, den Stock, der für Trüffelsucher obligatorisch war. Er schnalzte mit der Zunge, um Profumo anzuspornen.
    »Baica bin …«, rief er mit gedämpfter Stimme, »such, such gut!«
    Der Hund sah ihn kurz an und begann dann wieder zu schnüffeln.
    Ildefonso deutete mit dem Barot auf eine vielversprechende Pappel. »Baica sí, such hier.«
    Profumo schlug einige Haken, fand eine Stelle und begann kurz zu scharren.
    »Trovato?«
    Nein, doch nicht. Der Hund hob ein Bein und setzte eine Duftmarke. Ildefonso nutzte die Pause, um sich erneut umzudrehen. Niemand zu sehen. Ihm war klar, sie waren hier nicht willkommen. Er musste darauf achten, dass Profumo keinen vergifteten Köder in die Schnauze bekam. Ob die Reifen bei seinem alten Fiat noch heil waren, wenn sie zurückkamen? Im letzten Jahr, als er schon mal hier auf Trüffelsuche gewesen war, da hatte man ihm zwei aufgestochen. Zwei! Das war besonders perfide gewesen. Wer hatte schon zwei Ersatzräder im Auto? Aber der Ausflug hatte sich dennoch gelohnt. Alle Taschen seiner Jacke hatte er voll gehabt mit weißen Trüffeln. Und dann dieses Prachtexemplar: ein Tartufo bianco* mit dem unglaublichen Gewicht von über einem Kilogramm.
    Solch herausragende Funde waren es, denen er seinen Ruf als bester Trifolao* rund um Alba* verdankte. Das Fernsehen und die Zeitungen hatten darüber berichtet. Natürlich mit Foto – von ihm und der gigantischen Trüffel* in beiden Händen. Er wusste die Stelle noch ganz genau. Akkurat hatte er den Fundort im Diario, seinem geheimen Trüffeltagebuch, vermerkt. Da vorne, am Ende dieser kleinen Lichtung, fünf Meter links von der knorrigen Eiche – da hatte die Trüffel auf ihn gewartet. Sechzig Zentimeter tief im Erdreich verborgen. Aber das war nicht tief genug für den feinen Riechsinn seines Hundes.

    Und heute? Die Lichtung hatte Profumo in fast gerader Linie überquert. Zielsicher steuerte er auf den Fundort des letzten Jahres zu. »Bravo, bravissimo«, murmelte Ildefonso, der seinem Hund rasch folgte. Entweder hatte Profumo ein ebenso gutes Gedächtnis wie er, oder es war ihm erneut der Duft eines Tartufo in die sensible Nase gestiegen. Nur wenig entfernt von der alten Stelle begann der Hund mit den Vorderpfoten zu scharren.
    »Pijlo«, motivierte ihn Ildefonso im piemontesischen Dialekt, »hol ihn raus!«
    Kurz darauf gab er den Befehl aufzuhören. »Speta sí!« Er wollte vermeiden, dass Profumo die Trüffel, die er gleich zu finden hoffte, mit seinen Krallen beschädigte.
    Schweine, die in Italien zur Trüffelsuche aus gutem Grund verboten waren, würden dieses Kommando ignorieren, stattdessen wie wild den Boden aufwühlen und sich das Objekt der Begierde grunzend einverleiben – außer man hielt sie unter Einsatz körperlicher Anstrengung zurück. Profumo dagegen gehorchte aufs Wort. Ildefonso gab ihm

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