historical 176 - Meer der Sehnsucht.doc
jammerten über ihre Haare und besonders über die Farbe ihrer Haut, denn besonders die Gesichter der Damen entsprachen so gar nicht dem gängigen Schönheitsideal, das nach zarter, heller Haut mit einem Hauch von Rosa auf den Wangen verlangte.
Und nicht zuletzt machten sie sich Gedanken darüber, was sie bei Hofe sagen, wie sich drehen und wenden sollten. Wann und wie tief sollte der Hofknicks ausfallen? Würden sie sich vor der großen Versammlung, die zum Alltagsleben des Königs ge hörte, blamieren?
Während ihre Schwestern und die älteren Hausangestellten wie im Traum herumliefen, spürte Ambrosia neue Kräfte in sich aufsteigen. Sie würde Riordan sehen, und nur das war ihr wichtig. Nicht einmal die Aussicht, dem König zu begegnen, ihm womöglich sogar vorgestellt zu werden, belebte sie so sehr wie der Gedanke an Riordan.
Außerdem, so sagte sie sich, gibt es keinen Grund, wegen des Königs aufgeregt zu sein. Er wird uns in der Masse der Gesichter wahrscheinlich gar nicht bemerken.
Als sich die fünf Frauen schließlich im Salon einfanden, brachen sie in Rufe des Entzückens aus. Denn Geoffrey Lambert sah in seinen modischen knielangen Hosen aus seidig glänzendem Stoff und dem dunklen Gehrock dazu aus wie der vornehmste Gentleman, der ihnen je begegnet war.
Sogar Newton hatte sich dazu bequemt, elegante Beinkleidung und einen dazu passenden Rock anzuziehen. Doch man merkte es ihm an, dass er diese Kleidung nicht gewöhnt war. Er bewegte sich nach wie vor wie jemand, der den größten Teil seines Lebens auf See verbracht hatte. Man hatte ihm ein neues Paar Schuhe angeboten. Doch er lehnte dankend ab mit dem Hinweis, dass er ja nur einen Fuß habe und ein Paar Schuhe demzufolge eine Geldverschwendung seien.
Als die Kutsche vorfuhr, die die Gesellschaft nach Hampton Court bringen sollte, war die Stimmung auf einem hitzigen Hö hepunkt angelangt.
Nacheinander kletterten sie in das Gefährt: Mistress Coffey in modischem Schwarz mit einem mit Blumen bestickten Schultertuch, Miss Mellon im Gegensatz dazu in duftigem Weiß, wodurch ihr fast weißes Haar so weich wie Federn wirkte. Allerdings war sie sehr blass, und jeder fürchtete schon, sie würde nach langer Zeit wieder einen ihrer Anfälle bekommen.
Bethany trug zu ihrem roten Haar und den grünen Augen eine smaragdfarbene Robe mit sehr tiefem Ausschnitt und langen, eng anliegenden Ärmeln. Sie würde die Aufmerksamkeit jedes einzelnen Mannes in Hampton Court erregen.
Darcy hatte sich für ein Kleid aus hellblauer Seide entschieden, was im Ton genau der Farbe ihrer Augen entsprach. Mit den mädchenhaften Puffärmeln und dem runden, nicht zu tiefen Ausschnitt entsprach Darcy genau dem Bild der jungen, unschuldigen Lady, die sie ja auch war.
Ambrosias Gewand aus rotem Samt hatte einen hohen gerüschten Kragen, so dass die Male an ihrem Hals vollständig verdeckt waren. Das Oberteil lag eng an und ging in einen weiten, schwingenden Rock über. Die langen Ärmel endeten in mit glitzernden Steinchen besetzten Spitzen in der Mitte der Handoberflächen.
Geoffrey Lambert räusperte sich, bevor er erklärte: „Meine verehrten, geliebten Damen, ich schätze mich als überaus glücklich, dass ich die bezauberndsten Ladies von ganz England zu einer Visite bei unserem King Charles begleiten darf."
„Ach, Großvater!" Die Mädchen lächelten beglückt und verschränkten die Hände, um ihre Aufregung im Zaum zu halten. Sie konnten es kaum noch erwarten, endlich loszufahren.
Aber eine von ihnen war besonders ungeduldig. Geoffreys Blick fiel auf Ambrosia. Er konnte sich gut vorstellen, warum sie so aufgeregt war. Sie vermisste ihren Seefahrer, und der alte Herr hoffte, dass Captain Riordan Spencer umgekehrt die gleiche große Sehnsucht in sich trug.
Die Kutsche reihte sich in die lange Reihe der Gefährte ein, die sich langsam auf der langen, kurvenreichen Straße bewegten, die zum Palast von Hampton Court führte. Die Straßenränder waren gesäumt von den Königlichen Gardesoldaten, die in ihren roten, mit goldfarbenen Besätzen geschmückten Jacken beeindruckend aussahen. Sie hielten ihre Schwerter griffbereit.
Wo auch immer Ambrosia und ihre Begleiterinnen und Be gleiter hinschauten, sahen sie den Prunk königlichen Reichtums. Die Gärten waren ein einziges farbenfrohes Blütenmeer, in dem unzählige Wasserfontäne n sprudelten. Der Palast selbst war atemberaubend, doch nicht nur wegen dessen Schönheit bevorzugte der Monarch diesen Ort, sondern auch wegen
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