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Meer der Sehnsucht
Ruth Langan
Historical 176 - 07/03
Gescannt von almutK
PROLOG Land's End, Cornwall, 1665
„Ich überbringe eine Nachricht von unserem gemeinsamen Freund." Zwei schemenhafte Gestalten standen dicht an die Wand der Kajüte gepresst, auf einem Schiff, das ohne Flagge fuhr. Die Kerzen waren gelöscht. Nur das Mondlicht, das durch das kleine Bullauge fiel, spendete etwas Helligkeit.
„Ich hoffe, er hat auch Gold mitgeschickt." Die Stimme klang rau und kratzig von den vielen Jahren auf See.
Münzen klirrten, als der gut gekleidete Mann in seine Tasche griff und einen Beutel hervorzog. „Wenn du tust, was unser Freund verlangt, wirst du bald ein reicher Mann sein."
„Oder ein toter", erwiderte der andere trocken, griff gierig nach dem Säckchen und ließ es verschwinden. „So, und jetzt sag mir, was er von mir will."
„Nun, was er will, was wir alle wollen, ist, dass Charles ein schwacher König bleibt.
Damit, wenn der rechte Augenblick gekommen ist, ein gemeinsamer Freund von uns vortreten und Anspruch auf den Thron erheben kann. Das wird unser Glück besiegeln. Doch um das zu erreichen, müssen wir sicherstellen, dass bestimmte Schiffsladungen mit Gold, die für den König bestimmt sind, niemals in London eintreffen."
Auf diese Worte hin erklang ein tiefes, raues Lachen. „Meine Männer und ich haben mit so etwas keine Schwierigkeiten. Wir waren schon als Piraten in jenen Gewässern unterwegs, als der König noch laufen lernte."
„Aber die Zeiten haben sich geändert. Charles hat seine eigenen Freibeuter, die sich zu verteidigen wissen. Deshalb ist unser gemeinsamer Freund auch so großzügig. Wenn nötig, kannst du von dem Gold eine ganze Armee zu deiner Unterstützung anwerben."
„Ich verstehe", murmelte der andere.
Der Gentleman zog eine Schriftrolle hervor. „Hier ist eine Liste mit Namen von Kapitänen, die dem König treu ergeben sind. Schon bald werde ich diese Liste noch erweitern. Deine Aufgabe ist es, sie alle unschädlich zu machen."
„Mit Vergnügen!"
Beide Männer schenkten sich aus einem Krug Ale in bereitstehende Becher und prosteten einander zu.
„Auf England", sagte der elegante Herr. „Und einen neuen Monarchen."
Der andere Mann stieß ein kurzes, trockenes Lachen aus. „Auf Gold in meinen Taschen.
Das ist der einzige König, dem ich diene!"
1. KAPITEL
„Ambrosia!" Bethany Lambert und ihre jüngere Schwester Darcy traten in das Gemach ihrer ältesten Schwester und blieben wie angewurzelt stehen.
„Oh, wie wunderschön du aussiehst!" Bethany ließ den Blick über Ambrosias Gewand aus rotem Satin gleiten, bewunderte den tiefen runden Ausschnitt und die zu den Handgelenken hin spitz zulaufenden Ärmel. „Wurde dieses Kleid nicht aus dem Ballen Satin gefertigt, den Papa von seiner letzten Reise aus Paris mitgebracht hat?"
„Ja, das ist gut möglich." Ambrosia wandte sich vom Fenster ab, an dem sie die letzte halbe Stunde gestanden und in die Ferne geblickt hatte. Schöne Kleider hatten ihr seit ihrer Kind heit noch nie etwas bedeutet. Und so war es auch heute noch. Als junge Frau von siebzehn Jahren zog sie meistens das an, was die Haushälterin für sie zurechtlegte. Mistress Coffey kümmerte sich um die Garderobe aller Bewohner von MaryCastle.
„Von der Undaunted ist weit und breit nichts zu sehen." Ambrosia schaute ihre Schwestern mit unverhohlener Sorge an.
Bethany, ein Jahr jünger, griff nach den Händen der Älteren und versuchte, sie in Richtung Tür zu ziehen. „Sie wird schon kommen", versicherte sie und setzte hinzu: „Wenn nicht heute Nacht, dann eben irgendwann morgen. Keine Angst, Papa und James werden bald wieder zu Hause sein."
Darcy war mit fünfzehn Jahren das Küken in der Familie. Jetzt trat sie ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. „Großvater und die anderen sind schon in der Kutsche. Kommt, wir müssen uns beeilen."
Die drei Mädchen waren sowohl rein äußerlich als auch in ihrem Wesen so unterschiedlich, dass niemand, der sie nicht kannte, sie für Schwestern gehalten hätte.
Ambrosia war von großer, aufrechter Gestalt und so hartnäckig und unerbittlich wie ein Mann. Sie hatte lange, wohl geformte Beine und eine
unübersehbar weibliche Figur. Als älteste von den drei Lambert-Schwestern galt sie als Anführerin und stand in dem Ruf, furchtlos und unerschrocken zu sein.
Bethany war ein Rotschopf mit grünen Augen und einem mit weiblichen Attributen üppig ausgestatteten Körper, der auch in den
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