Historical Exklusiv Band 20
schnell sie konnte, die Treppe hinauf.
Gavin ging voran in die Bibliothek, gefolgt von Rory und Conor, die Keane in die Mitte genommen hatten. Jeder der vier Männer trug einen äußerst grimmigen Gesichtsausdruck.
„Oh!“, rief Briana aus und sah sich strahlend um. „Ist es nicht alles einfach nur wunderbar?“ Sie saß zwischen ihren Schwägerinnen an der Festtafel. Ihr gegenüber hatte Keane zwischen Rory und Conor Platz genommen. Wie immer war der Stuhl am Kopfende der Tafel dem Hausherrn vorbehalten. Priester Malone saß zur Rechten von Gavin O’Neil, Innis zu seiner Linken. Genau auf der gegenüberliegenden Seite war Moiras Platz.
„Ich muss der Köchin unbedingt sagen, dass der Lachs noch viel besser ist, als ich ihn in Erinnerung hatte.“
„Ich werde veranlassen, dass sie ihn jeden Tag zubereitet, nachdem du endlich wieder daheim bist“, entgegnete Brianas Mutter. „Wir müssen zusehen, dass du mehr isst, Kind, du bist sehr dünn geworden.“
Briana lachte. „Jetzt klingst du schon wie Keane, Mutter. Er dachte schon, ich hätte im Kloster so gut wie nichts zu essen bekommen.“
„Wie habt ihr euch kennengelernt?“, wollte der Priester wissen. Er bediente sich soeben zum zweiten Mal von dem köstlichen Lachs. Normalerweise hielt er sich beim Essen sehr zurück, um seinem Herrgott gefällig zu sein. Doch heute, so hatte er entschieden, durfte er eine Ausnahme machen, denn es war ein ganz besonderer Tag.
„Keane hat mich in einem Feld liegend gefunden“, erzählte Briana. „Ich war mehr tot als lebendig. Er ließ mich nach Carrick House, seinem Schloss, bringen und pflegte mich aufopferungsvoll. Ohne ihn und seine Hilfe wäre ich jetzt nicht hier.“
„Wir stehen für alle Zeit tief in Eurer Schuld, Mylord.“ Moira O’Neil senkte den Kopf, denn zu ihrem Leidwesen konnte sie ihre Tränen nicht zurückhalten. Ihre mangelnde Selbstbeherrschung war ihr peinlich, doch vielleicht war diese Schwäche heute verzeihlich. Schließlich war ihre einzige Tochter, ihr jüngstes Kind, wohlbehalten nach Hause zurückgekehrt. Moiras Herz war so voll von Dankbarkeit, dass sie schon meinte, es müsse sozusagen überfließen.
„Morgen möchte ich die Familien der jungen Männer besuchen, die mich vom Kloster abholten“, verkündete Briana und schob ihren Teller zurück. Bei dem Gedanken daran, welchen Schmerz sie den Angehörigen ihrer damaligen Begleiter zufügen musste, verlor sie schlagartig ihren Appetit.
„Warum?“, erklang Gavins Stimme ungehalten. Dieses war das erste Wort, das er während des Festmahls geäußert hatte.
„Sie müssen doch schließlich wissen, dass ihre Söhne ausnahmslos als Helden gestorben sind. Sie gaben ihr Leben, um meines zu retten.“
„Ich werde es den Leuten sagen“, entschied Gavin. „Es besteht keine Notwendigkeit dafür, dass du über diese schmerzlichen Dinge redest, wenn du doch gerade erst heimgekehrt bist.“
„Oh doch, es besteht sehr wohl eine Notwendigkeit“, widersprach Briana gleichermaßen fest und entschlossen. „Ich war dort und habe alles gesehen, was geschehen ist. Die Familien müssen die traurige Wahrheit aus meinem Munde hören. Ich werde diejenige sein, die ihnen erzählt, was ihren Söhnen zugestoßen ist.“
Gavins Augen schienen Blitze zu sprühen. „Lehnst du dich gegen mich auf, weil du die Grenzen meiner Geduld auskundschaften willst?“
„Geduld?“ Briana hielt seinem Blick unerschrocken stand, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken. „Wann hast du es geschafft, eine Tugend wie Geduld zu erwerben?“
Brianas Vater umklammerte den Stiel seines Weinkelches. „Ich werde über diese Ungehörigkeit hinwegsehen, weil du heute erstmals wieder unter meinem Dach schläfst. Vielleicht hast du vergessen, wie es hier zugeht, während du …“ Jetzt schaute er bitterböse Keane an, bevor er fortfuhr: „… in Carrick House gelebt hast. Aber in diesem Hause gilt mein Wort. Es ist sozusagen Gesetz. Jeder, der es nicht befolgt …“
„Ich kenne den Rest zur Genüge“, unterbrach Briana ihn. Sie schob vehement ihren Stuhl zurück und sprang auf. „Jeder, der sich des Ungehorsams schuldig macht, wird von Ballinarin verbannt. Denn du bist Richter, Geschworenenjury und Vollstrecker von Urteilen in einer Person, du ganz allein!“
Gavin stand ebenfalls auf und konnte Briana noch gerade am Ärmel festhalten, als sie an ihm vorbeistürmen wollte. „Das hast du mir niemals vergeben, nicht wahr? Es wird für immer zwischen uns
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