Historical Exklusiv Band 20
ersticken, und war hinausgegangen, um sich dem Einfluss dieser Frau zu entziehen.
Die Vorstellung, einer Form von Hexerei ausgesetzt zu sein, behagte ihm ganz und gar nicht. Aber es gab keine vernünftige und nachvollziehbare Erklärung dafür, warum er sich derart zu der reizenden, schwarzhaarigen Schönheit hingezogen fühlte, die sich gerade aufopfernd um seine verwundeten Gefährten kümmerte.
„Du bist dir doch im Klaren darüber“, sagte Tiarnan, „dass ich nicht mit dir zurückgehe?“
„Zurück? Nach Irland?“, fragte Keelin, als sie für ihren Onkel eine Schale mit Essen füllte. Die Gefolgsmänner von Lord Wrexton lagen dicht nebeneinander auf dem Boden, in Decken gehüllt. Einige dösten, andere schliefen tief und fest und schnarchten laut. Keelin schaute immer wieder zur Tür, da sie Marcus jeden Augenblick zurückerwartete.
Sie befürchtete, Abscheu und Misstrauen in seinem Blick zu entdecken.
„Ja“, erwiderte ihr Onkel. „Selbst Wrexton Castle ist zu weit für ein altes Wrack wie mich.“
„Ich möchte nichts mehr davon hören, dass ich Euch zurücklassen soll, Onkel!“
„Keely, mein Mädchen, du musst doch einsichtig sein.“
„Genug“, entgegnete sie entschieden. „Es ist alles andere als vernünftig, Euch hier allein zurückzulassen. Wie wollt Ihr Euch versorgen?“
„Keelin …“
„Außerdem, ich habe da so eine Ahnung, wenn ich an Wrexton denke. Und an Euch.“
„So?“, fragte Tiarnan. Er war neugierig, mehr über Keelins „Ahnung“ zu erfahren.
„Ich sehe nur undeutlich, versteht Ihr“, sagte Keelin. Ihr Blick schweifte ins Leere und schien nach innen gewandt. „Aber ich sehe, dass Ihr in Wrexton Zufriedenheit findet. Ein schöner, kleiner Garten … mit einer steinernen Bank. Sonnenschein … und da seid Ihr, Onkel. Ihr sitzt auf dieser Bank, und es ist Frühling. Das erste Grün beginnt gerade aus dem Boden zu schießen.“
Tiarnan lehnte sich zurück und schloss beruhigt die Augen. Die Vision hatte ihm genug Hoffnung gemacht, um nicht zu verzagen.
Die Nacht brach an, aber Marcus de Grant kehrte nicht zurück. Keelin hüllte sich in eine Decke und machte es sich an der Wand neben Adams Schlafstatt bequem, für den Fall, dass er heftig fieberte. Sie war erschöpft nach diesem langen Tag, an dem sie die verwundeten Männer versorgt hatte, doch sie fand keinen Schlaf.
Marcus betrat erst zu nächtlicher Stunde die Kate. Keelin wollte nicht ein weiteres Mal Verachtung in seinem Blick sehen, stellte sich schlafend und atmete regelmäßig, damit er nicht merkte, dass sie den Schlaf nur vortäuschte. Sie beobachtete, wie er den nassen Umhang ablegte und an einen Haken beim Feuer hängte. Er ging leise zu Adams Lager, um nach dem Jungen zu sehen.
Offenbar war er beruhigt, ihn friedlich schlafend und ohne hohes Fieber vorzufinden, denn nun streifte er das wollene Gewand ab und zog auch das Leinenhemd aus. Dann nahm er ein sauberes Gewand aus einer seiner Reisetaschen, schritt auf Zehenspitzen über die schlafenden Gefährten und stellte sich nahe an das Feuer, um sich zu trocknen.
Keelin sah zu, wie er sich über den Kessel am Herdfeuer beugte, nach einer Schale und einem Löffel griff und sich etwas von dem Schmorgericht nahm, das immer noch leise köchelte. Er legte das trockene Gewand an und hockte sich neben das Herdfeuer, um sein Essen zu genießen.
In Keelins Augen wirkte er genauso erschöpft wie sie.
So wird es sich vermutlich zutragen, wenn ich erst einmal verheiratet bin, dachte sie. Ihr Gemahl würde spät von seiner Arbeit heimkehren und das Essen vorfinden, das sie für ihn bereitet hätte. Nach dem Essen würde er seine Kleidung ablegen und zu ihr ins Bett kommen. Vermutlich würde sie wach werden, wenn er sich zu ihr legte, oder die Wärme seines Körpers würde sie wecken. Vielleicht würde er sie sanft berühren und dann …
Würde es so wundervoll sein wie die Gefühle, die Marcus in der vergangenen Nacht in ihr hervorgerufen hatte? Konnte die Berührung eines anderen Mannes jemals die ungestümen Empfindungen in ihr entfachen, die er ihr entlockt hatte?
Tiarnan hatte stets beteuert, nichts über ihren zukünftigen Gemahl zu wissen. Keelin wurde jedoch den Verdacht nicht los, dass ihr Onkel etwas verschwieg, aber so sehr sie dem alten Mann auch mit Fragen zugesetzt hatte, ihm war keine befriedigende Antwort zu entlocken gewesen. So wusste sie nach wie vor nichts über jenen Mann, den ihr Vater ihr zugedacht hatte.
Es gab in der Umgebung von
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