Historical Saison Band 18 (German Edition)
spürte, wie sich ihre bebenden Lippen zu einem Lächeln verzogen.
Sir James hob seine Mundwinkel kaum wahrnehmbar nach oben. „Pompeia“, sagte er nur.
Sie zwang sich zu reagieren. „J…James.“
„Ich kann es kaum glauben.“ Er schüttelte langsam den Kopf. „Oh, Pompeia.“
„Pompeia? Wer ist das?“ Misstrauisch ließ die alte Lady Carling den Blick von einem der wie erstarrt dastehenden Verschwörer zum nächsten wandern, ehe sie ihren Enkel James fixierte. „Wieso starrst du Mary so an? Was geht hier vor?“
Die Stirn runzelnd, wandte James sich an seine Großmutter. „Ihr Name ist Pompeia.“ Dann ruhte sein Blick wieder auf ihr, ausgesprochen gefällig. Nein, korrigierte sie sich. Ausgesprochen sündig.
Es war völlig anders als bei ihrer ersten Begegnung. Damals hatte die Kälte in seinem Blick sie frösteln lassen. Vor allem das Schamlose Frauenzimmer in ihr, das daraufhin eine ganze Weile verstummt war.
Was hatte diesen Wandel bei ihm bewirkt?
Natürlich. Er wusste von ihrer Schande, das musste es sein. Und genau wie alle anderen Männer machte er sich Hoffnungen, dass sie sich bei ihm ebenso skandalös verhalten würde.
Ja, bitte! Tu es doch, bettelte das Schamlose Frauenzimmer. Nur dieses eine Mal!
„Mary?“ Die Stimme der alten Lady Carling riss sie aus ihren sich überschlagenden Gedanken. „Stimmt das?“
„Mary ist mein zweiter Name“, stieß sie hervor. „Für eine Gouvernante finde ich ihn passender als Pompeia. Der Name klingt so …“
„Dekadent“, vervollständigte Simon den Satz.
James warf einen finsteren Blick in seine Richtung, dann wandte er sich Pompeia zu. Ein Grinsen zuckte um seine Mundwinkel. „Es ist ein entzückender Name, und er passt perfekt zu dir. Aber wenn du noch länger mit dieser Stricknadel herumfuchtelst, meine Liebe, wage ich nicht, mich dir zu nähern.“
Doch genau das tat er und nahm ihr die Nadel aus der krampfhaft geschlossenen Faust. Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass sie sie noch hielt. Er drückte ihr die Hand. Als er die Stricknadel seiner Mutter übergab, stellte Pompeia bestürzt fest, dass der halb fertige Strumpf auf dem Teppich lag und eine ganze Maschenreihe von der Nadel geglitten war. Anscheinend hatte sie ihn fallen gelassen, „Oje“, sagte sie kleinlaut. „Hoffentlich lässt sich der Schaden wieder beheben.“
Sally kicherte im Hintergrund.
„Am besten wirfst du dieses erbärmliche Exemplar von einem Strumpf ins Feuer“, bemerkte die alte Lady Carling bissig, ohne James aus den Augen zu lassen. „Es ist eine wunderbare Überraschung, dich so bald wiederzusehen, mein Junge. Mary oder Pompeia oder wie auch immer du sie zu nennen wünschst, hat uns schon viel über eure stürmische Romanze erzählt, aber jetzt würden wir die Geschichte gern aus dem Mund des fahrenden Ritters hören.“
Unglaublich – das war das Einzige, was ihm dazu einfiel. Normalerweise pflegten Märchen nicht wahr zu werden.
James nahm sich zusammen. Die Spannung im Raum und die Verzweiflung in Pompeias schönen Zügen brachten ihm zu Bewusstsein, dass er sich nicht in einem Märchen befand. Was war mit dem erfrischend natürlichen, sinnlichen Mädchen passiert, seit er es das letzte Mal gesehen hatte?
Er hatte sich ganz gewiss nicht verändert. Ein Blick, und ihn befiel das gleiche unbezähmbare Verlangen, das ihn damals ergriffen hatte. Für diese Frau würde er alles tun.
Hätte ich alles getan, berichtigte er sich. Aber damals war er jung, naiv und heldenmütig gewesen. Die Verführung eines unberührten Mädchens hatten seine Vorstellungen von Anstand – zumindest unter normalen Umständen – nicht gestattet. In Pompeias Fall hatte sich das als Fehler erwiesen.
Er begehrte sie noch genauso wie bei ihrer ersten Begegnung. Heute war er jedoch älter – zu alt, um etwas Unüberlegtes zu tun. Er musste herausfinden, was in der Zwischenzeit geschehen war und was sie nach Carling Manor geführt hatte. Aber noch während er sich zur Zurückhaltung mahnte, wusste er eines mit Sicherheit: Wenn das Schicksal ihm eine zweite Chance mit Pompeia Grant bieten sollte, würde ihn nichts davon zurückhalten können, sie zu ergreifen.
„Sobald ich gebadet und mich umgezogen habe, werde ich sie dir in allen Einzelheiten erzählen“, versprach er seiner Großmutter. „Aber jetzt entschuldige uns bitte. Pompeia und ich brauchen ein bisschen Zeit für uns.“
Im Korridor versuchte Pompeia, Sir James die Hand zu entziehen. „Es tut mir so
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