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Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur

Titel: Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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Bevölkerung auf die Unterdrückung durch den Hierokratischen Rat schwoll immer weiter an, und vielleicht war es dennoch eine edle Tat, diese Tyrannei zu bekämpfen, auch wenn es viele Leben kosten sollte. Was von einem Volk übrig blieb, das sich der Unterdrückung ergab, das konnte man an den Kindern ermessen. Kaum vorstellbar, dass ihre kleine Cathryn eines Tages zu einer verbitterten und freudlosen Person aufwachsen sollte. Nein, das durfte nicht sein. Leandra sehnte sich danach, Cathryn wieder einmal so lachen zu sehen wie früher. Ausgelassen, voller Wärme und Herzlichkeit. Aber sie verzichtete darauf, ihrer Mutter eine entsprechende Antwort zu geben.
    Jetzt, da sie wieder so gut wie völlig genesen war, wurde es Zeit, sich etwas einfallen zu lassen. Es war nicht ihre Art, sich bei drohenden Gefahren angstvoll zu Hause zu verkriechen - in dem Fall wäre sie damals nicht mit Munuel nach Unifar gegangen. Nein, sie spürte, dass sie über kurz oder lang einfach etwas unternehmen musste.
    »Mach dir keine Sorgen, Mutter«, sagte sie. »Es wird alles schon wieder besser werden.«
    Mutter blickte auf und musterte Leandras Gesicht. Sie schüttelte den Kopf. »Ich kenne dich, mein Kind«, sagte sie. »Du bist eine Kämpferin. Irgendwann wirst du wieder fortgehen und dann ...«
    Ja. Leandra nickte sich innerlich zu. Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um, sagte ein altes Sprichwort. Aber es schreckte sie nicht. Das, was ihr an Gefahren schon begegnet war, konnte nur schwerlich übertroffen werden. Und dass alte Sprichwörter nicht immer zutreffen mussten, dafür war sie selbst ein lebender Beweis.
    Leandra erhob sich. »Ich werde noch ein wenig lesen und dann gehe ich ins Bett«, sagte sie. »Ich bin müde. Ich hab heute, glaube ich, mindestens tausend Betttücher gewaschen.«
    Mutter nickte, ließ sie los und stand auf. Ihr Tränenfluss war versiegt und sie sah ihre Tochter hoffnungsvoll an. Für einen Augenblick blitzte ihr schönes, offenes Gesicht wieder durch, und Leandra dachte, dass es alles auf der Welt wert wäre, dieses Gesicht endlich wieder einmal richtig lächeln zu sehen.
    Einige Zeit, nachdem das Licht der Sonnenfenster über der Welt erloschen war, blies Leandra ihre Kerze aus.
    Sie hatte noch lange gelesen, sich in Sachen Magie weiterzubilden versucht. Irgendwann war Cathryn hereingekommen, hatte sich entschuldigt und sie hatten für ein Weilchen miteinander geschmust. Dann war Cathryn wieder gegangen.
    Später dachte sie an Victor und dass er jetzt schon so lange fort war. Sie fragte sich, wie es ihm wohl ergehen mochte. Oft wünschte sie sich, sie hätte ihn damals doch ein wenig näher an sich heran gelassen. Seit ihrer Begegnung in Bor Akramoria hatte Leandra keine intime Beziehung mehr gehabt und allein schon das fehlte ihr mehr und mehr. Jetzt, da sie nicht aus Angadoor heraus konnte, wäre seine Nähe schön und tröstlich gewesen. Außerdem - und bei diesem Gedanken lächelte sie grimmig - hätten sie beide mit Sicherheit etwas angezettelt. Sabotage vielleicht, um diesem brutalen Soldatenpack das Leben schwer zu machen.
    Wo mochte Victor wohl sein? Im Lande herumzuziehen war inzwischen schlechterdings unmöglich - es sei denn, er hielt sich sehr weit im Norden auf, im Grenzland zum Ramakorum vielleicht, wo die Hierokratie keine besondere Macht besaß. Sie hatte schon mehrmals überlegt, ob sie sich nicht auf die Suche nach ihm begeben sollte. Hätte sie nur den Hauch einer Vorstellung gehabt, wo sie beginnen könnte, dann wäre sie vielleicht schon fortgegangen. Aber ganz abgesehen von den Ausgangs- und Reisesperren war es heutzutage ja nicht einmal mehr möglich, irgendeine beliebige Person nach dem Weg zu fragen. Man musste fürchten, sofort gemeldet zu werden.
    Mit einer seltsamen Gefühlsmischung aus Wut und Sehnsucht schlummerte sie ein.
    Sie träumte wirre Dinge, aber die meisten hatten damit zu tun, dass sie gegen irgendetwas ankämpfte. Sie erblickte die Gesichter vergangener Feinde wie auch die alter Freunde, und ständig hatte sie das Gefühl, dass diese ganze Sache immer noch nicht vorbei war. Dann schälte sich immer mehr ein bekanntes Gesicht aus dem Hintergrund, ein Gesicht, das zu einer Person gehörte, für die sie eine überwältigende Liebe empfand. Aber das Gesicht war so unerreichbar fern, dass sie im Traum weinte. Aus irgendeinem Grund kam plötzlich ein seltsamer Hoffnungsschimmer auf, ein Gefühl, als wäre die Trennung doch nicht so schrecklich unaufhebbar. Dann

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