Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
danach fragen.«
»Diese ... Magie stammt von mir, nicht wahr? Aus meinem Blut. Als ich tot war.« Sie hatte so leise gesprochen, dass Jacko die letzten Worte nicht hatte hören können. Er hatte sich zurückgelehnt und mischte sich nicht ein.
Leandra hatte es inzwischen die Kehle zugeschnürt. Sie sah Hellami betroffen an. »Woher ... woher weißt du das?«
Hellami tippte sich gegen die Stirn. »Ich bin nicht blöd, Schätzchen. Du hast mir damals genau erklärt, wie man so ein Schwert machen muss.«
Das ›Schätzchen‹ war wie ein Faustschlag.
Es bedeutete einen plötzlichen Riss zwischen ihnen; einen Bruch ihrer bislang so engen Freundschaft. Leandra fühlte sich, als werde ihr der Boden unter den Füßen weggerissen. Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen.
»Hellami!«, sagte sie leise und eindringlich. »Bei den Kräften! Du weißt doch, dass Ulfa dich gerettet hat! Du warst tot - in diesem Augenblick! Ich wusste nur noch eins - dass ich dich um jeden Preis rächen wollte! Aber ich brauchte dazu etwas, mit dem ich Chast würde gegenübertreten können ...«
Hellamis Augen drückten Wut aus. Aber sie sprach leise weiter. »Du wusstest genau, was ich von diesem Mist hielt! Du hast meine Seele genommen und sie in dieses verfluchte Schwert gesteckt. Das ist so etwas wie eine Vergewaltigung, verstehst du?«
Leandra, für die dieser Tag in Savalgor so glücklich begonnen hatte, fühlte sich plötzlich, als sei mit einem Schlag alles zunichte gemacht worden. Sie vergrub das Gesicht in den Händen. Hellami wandte sich ab und klammerte sich an Jacko.
Die anderen merkten, dass irgendetwas vorgefallen war, und Jockum, Yo und auch Alina standen auf und eilten zu ihr. Sie riss sich los und rannte aus dem Zimmer. Die Tür krachte hinter ihr ins Schloss. Kurz darauf hatte sie ihr eigenes Zimmer erreicht und warf sich weinend aufs Bett.
Sie fühlte sich furchtbar elend; vielleicht waren es auch die Tränen wegen Vendar, die jetzt kamen, und sie weinte so verzweifelt wie schon lange nicht mehr. Sie fühlte sich plötzlich von allen Freunden verlassen. Ihr war klar, dass sie einen Fehler begangen hatte, als sie das Schwert mit Hellamis Blut zu einer zweiten Jambala gemacht hatte, aber verdammt - hätte sie das nicht getan, dann wären sie heute alle tot! Konnte man ihr diesen schlimmen Fehler nicht angesichts dessen, dass sie dadurch ihren Kampf gewonnen, ihren Erzfeind besiegt und Akrania befreit hatten, verzeihen?
Sie lag auf ihrem Bett und weinte verzweifelt.
Hellami hatte sich zuerst Jacko zu- und anschließend von ihr ab gewandt. Bei allem, was sie mit ihrer Freundin schon durchgemacht hatte, tat ihr das im Augenblick mehr weh als irgendetwas sonst, das sie sich hätte vorstellen können. Das Elend überspülte sie wie eine Flut und lange Zeit lag sie schluchzend auf ihrem Bett.
Dann spürte sie eine Hand auf der Schulter.
Sie schoss hoch in der Hoffnung, dass es Hellami wäre, aber es war nur Alina. Sie hatte ihren Marie nicht dabei. Seufzend ließ Leandra sich zurücksinken.
»Was ist los, Leandra?«, fragte Alina sanft.
Sie brauchte eine Minute, um sich wieder zu fangen, aber dann war sie dankbar, dass sich jemand um sie kümmerte. Die Sanftmut Alinas war beruhigend. Also erzählte sie ihr alles. Schluchzend und schuldbewusst. Und dennoch um ein wenig Zuspruch und Verständnis hoffend. Als sie geendet hatte, seufzte Alina.
»Es fällt mir schwer, deine Tat zu verdammen, wo ich doch hier nicht sitzen würde, hättest du es nicht getan.« Sie holte Luft. »Aber irgendwie kann ich Hellami auch ein bisschen verstehen.«
Leandra hatte gehofft, dass Alina eher ihr als Hellami beipflichten würde, aber sie sah sich enttäuscht in dieser Annahme. Dann wurde ihr klar, dass auch Alina eine Vergewaltigung hinter sich hatte. So gesehen urteilte sie sogar mild über Leandra. Sie schluckte schwer.
»Du musst Verständnis für sie haben«, sagte Alina. »Vielleicht ist es gar nicht so wichtig, wie du dich jetzt fühlst. Vielleicht ist es wichtiger, wie es Hellami geht. Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann war sie wirklich tot. Glaubst du nicht, dass es ein furchtbarer Kampf für sie sein muss zu begreifen, dass sie es dennoch nicht ist? Und jetzt, da sie Jacko hat, ist es vielleicht noch verwirrender für sie. Hast du nicht gesehen, wie verliebt sie ist?«
Leandra nickte matt.
»Lass ihr Zeit, das alles zu verdauen. Irgendwann wird sie merken, dass du trotz allem einen Grund hattest, es zu tun.
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