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Hölle ohne Hintertür

Hölle ohne Hintertür

Titel: Hölle ohne Hintertür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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1. Gabys Horrorerlebnis
     
    Als er bewusstlos
zusammenbrach, ließen sie von ihm ab. Für einen Moment wurde es still unter den
Bäumen. Plötzlich summten die Bienen nicht mehr. Der Sommerwind hielt den Atem
an und das Schnattern der Enten drüben beim Badesee war verstummt.
    Martin Flotosko lag auf dem
Rücken. Damit er nicht schrie, hatten sie ihm ein breites Paketklebeband auf
den Mund gepresst. Das war jetzt nicht mehr nötig, aber keiner nahm es ihm ab.
    »Reicht das?«, fragte Luigi.
    »Klar!«, nickte Bernd. »Oder
willst du ihn umbringen?«
    »Hähä!« Luigi grinste wie über
einen Witz. »Natürlich nicht. Wir bringen niemanden um. Oder? Aber es ist eine
68 000-Euro-Abreibung. Ich meine, ob es dafür reicht? Ob es die richtige
Größenordnung ist?«
    »Es reicht. Genau richtig als
zweite Mahnung. Bei der dritten wird’s schlimmer. Aber dazu kommt es nicht.
Dieser Weichheini zahlt. Das ist so klar wie der heutige Himmel.«
    Luigi leckte sich über die
Wulstlippen. Er war gebaut wie ein Geldschrank, hatte schwarze Locken, einen
fetten Hals und noch nie für irgendwen Mitleid empfunden. Sein liebstes
Werkzeug war ein kurzer Totschläger, den er unter seiner bunt gemusterten Jacke
im Gürtel trug. Luigi Morolato war mehrfach vorbestraft wegen schwerer
Körperverletzung, genau einmal mehr als Bernd Vorderstein.
    Der Tatort befand sich hinter
der Biegung eines schmalen Weges im Klünitzer Wald. Wer um diese Zeit hierher
kam, gehörte zu den Badegästen und hatte zu gute Manieren, um den See heimlich
und unauffällig als Latrine (Abort; Toilette) zu benutzen. Die Bäume
hätten verraten können, dass es nicht eben viele mit guten Manieren waren
während der sommerlichen Badesaison. Aber die Bäume behielten ihr Geheimnis für
sich.
    In diesem Moment kam Gaby, von
Oskar an der Leine gezogen, um die Biegung des Weges.
    Gaby trug ihren blauen
Sonnenbikini und war mit sandigen Füßen rasch in ihre Turnschuhe geschlüpft,
als Oskar mit eindeutiger Hunde-Körpersprache kundgab, dass er mal musste.
Schlimm genug, dass Vierbeiner am Seeufer und im Wasser nicht erlaubt waren.
Nicht auszudenken, hätte er hier sein Geschäft gemacht. Also schnell an die
Leine mit ihm und nichts wie weg. Aber Oskar hatte offenbar sein Bedürfnis
vergessen, war auf dem Weg einer Spur nachgehechelt und jetzt hatten sie sich
mindestens 300 Meter vom See entfernt — wenn nicht mehr.
    Gaby verharrte wie angewurzelt.
Oskar erstarrte zum Hundestandbild. Gänsehaut auf Gabys Junibräune. Der falsche
Moment. Der falsche Ort. Gaby wusste nicht, ob sie geschrien hatte. Ihr war
danach. Ihre Gedanken jagten und der Puls war plötzlich auf doppelter
Schlagzahl. Luigi Morolato und Bernd Vorderstein. Sie kannte die beiden, hatte
sie im Präsidium gesehen, als sie zum Verhör dorthin gebracht wurden. Und sie
wusste: Die beiden kannten auch sie.
    Gaby zitterte. Sie konnte nicht
sehen, wer dort am Boden lag. Vordersteins Füße verdeckten den Kopf.
    »Verflucht!« Luigi keuchte.
»Das ist die Tochter von Glockner.«

    »Dem schlimmsten Bullen im
Lande. Dreimal verflucht!«
    Weglaufen?, schoss es Gaby
durch den Kopf. Aussichtslos. Die holen mich ein.
    Sie war nur wenige Schritte
entfernt — und jetzt noch weniger, denn die beiden Kriminellen — im Präsidium
als Knochenbrecher etikettiert (benannt) — kamen rasch auf sie zu.
    Oskar knurrte kurz, wich dann
zum Wegesrand aus und hockte sich dorthin, um endlich sein Geschäft zu
verrichten.
    Wenn ich um Hilfe rufe, wusste
Gaby, schlagen sie mich nieder.
    Sie schlang die Arme um sich,
reckte aber trotzig das Kinn. Dabei glitt der Blick zu dem Bewusstlosen und sie
traute ihren Augen nicht. Martin Flotosko! Ja, das war Martin. Ein Schüler der
Internatsschule. Ein Interner. 18 Jahre alt, in der 12. Klasse, ziemlich
beliebt, obwohl er gern mit dem Geld seines Vaters prahlte, und ein bisschen
ausgeflippt, denn er wettete ständig — über alles und mit jedem.
    Das wirbelte Gaby durch den
Kopf, als sie auf den Bewusstlosen starrte. Er hatte keine Verletzung im
Gesicht, war aber totenbleich. Offenbar hatte er Lauftraining gemacht, trug
Turnhose, Marathonschuhe und ein nass geschwitztes Shirt. Blutete sein Knie?
Jetzt sah sie auch, dass ein braunes Plastikband auf seinem Mund klebte.
    Sie bauten sich dicht vor ihr
auf. Gaby hielt Oskars Leine fest, im Moment ihr einziger Halt. In Morolatos
Hand lag der Totschläger.
    Vorderstein, so klotzig wie
sein Komplize und mit etwa 30 Jahren im selben Alter, trug trotz der

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