Hoher Einsatz (German Edition)
Opfer schwach. Sie haben ihnen zugesetzt, sie vergewaltigt, sie geschändet und verängstigt. Natürlich haben sich Ihre Opfer daraufhin verkrochen. Nur dieses Mal haben Sie sich an einer Kämpferin vergriffen.«
»Diese Tussi hat mich doch gar nicht identifiziert. Und das aus dem ganz einfachen Grund, weil ich sie niemals angerührt habe.«
»Falsch«, berichtigte der Staatsanwalt. »Sie ist bei Ihrem Anblick nur so panisch geworden, dass sie einen Zusammenbruch erlitten hat und nicht mehr zur Aussage fähig war. Diese Aussage wird sie nach Angaben ihres Psychologen allerdings morgen früh nachholen.«
»Und weiter?«
»Er hat uns versichert, dass sie den Täter benennen kann und wird. Sie will aussagen, und sie wird aussagen. Und ihre Aussage wird, darauf würde ich ein Jahresgehalt verwetten, Ihre Nummer sein.«
Olbrich sah zum ersten Mal tatsächlich verwirrt aus. »Aber das kann nicht sein. Ich habe nichts getan.«
Grohmann überging seinen Einwurf völlig. »Und wissen Sie, was das Allerschönste daran ist? Dass wir uns ziemlich sicher sind, dass Ihre früheren Opfer sich durch Ihre Verurteilung bestärkt fühlen werden und Sie somit noch einige Verfahren erwarten. Mit etwas Glück entgehen Sie der Sicherheitsverwahrung und setzen das erste Mal wieder mit fünfzig einen Fuß in die Freiheit.«
»Das glauben Sie doch selbst nicht.« Auch wenn er es zu überspielen versuchte, war Olbrich seine Verunsicherung jetzt doch anzumerken. »Wenn das so wäre, verstehe ich nicht, warum Sie heute Abend hierherkommen, um mich und meinen Anwalt vorzuwarnen.«
»Ich bin nicht hier, um Sie vorzuwarnen. Ich bin hier, um den Frauen zu helfen, an denen Sie sich vergangen haben. Indem ich Ihnen und Ihrem Anwalt rate, ein Geständnis abzulegen. Und vielleicht verzichte ich dafür dann vor Gericht darauf, Sicherheitsverwahrung zu beantragen. Und nur noch einmal zur Erinnerung: Sicherheitsverwahrung bedeutet tatsächlich
lebenslang
.«
»Das ist doch verrückt! Ich habe nie irgendeiner Frau etwas getan!« Olbrich war jetzt eindeutig wütend. Aber noch nicht wütend genug, um sich einen Fehler zu erlauben. »Schaffen Sie meinen Anwalt hierher!«
»Das würde ich sehr gerne, doch wie es aussieht, ist er nicht zu erreichen. Und eigentlich habe ich keine Lust mehr, auf ihn zu warten … Was bedeutet, dass wir uns erst wieder morgen vor dem Haftrichter sehen. Es sei denn natürlich, Sie würden auf Ihren Anwalt verzichten, und wir klären das hier und jetzt.«
»Ich verzichte nicht auf meinen Anwalt!«, rief Olbrich aufgebracht. »Das hätten Sie wohl gerne!«
»Na ja, dann …«
Olbrichs Blick richtete sich unvermittelt auf Jennifer, die den Austausch der beiden Männer interessiert und überrascht zugleich verfolgt hatte. »Geben Sie mir Ihr Telefon.«
»Mein Telefon?«
»Ja, Ihr verdammtes Telefon! Ich will meinen Anwalt anrufen!«
»Das haben wir schon getan, aber offenbar hat er vergessen, die Umleitung zu aktivieren«, erwiderte Jennifer. »Pech für Sie.«
Das Wechselspiel der Gefühle auf Olbrichs Gesicht war bemerkenswert. Erstaunlich ruhig sagte er schließlich: »Ich habe noch eine Nummer, eine Handynummer. Nicht der Kanzleianschluss …«
Jennifer und Oliver waren gleichermaßen überrascht. »Die haben Sie? Und warum haben wir die nicht?«, fragte die Kommissarin verblüfft.
»Vielleicht, weil Sie den Herrn nicht für seine Arbeit bezahlen.«
»Das tun Sie doch auch nicht, der Staat bezahlt für Sie«, erinnerte Oliver Grohmann.
»Wie dem auch sei, er verdient mit mir Geld.« Er wandte sich wieder Jennifer zu. »Geben Sie mir jetzt endlich Ihr Handy?«
»Seine Nummer?«
Andreas Olbrich verdrehte die Augen. Dann nannte er Jennifer die Nummer, die sie direkt in das Telefon eingab. »Interessant, dass Sie die schon auswendig kennen.«
»Sie sollten wissen, dass er mich nicht zum ersten Mal vertritt.«
Es klingelte fünf Mal, dann nahm der Verteidiger das Gespräch entgegen. Er klang schlecht gelaunt. »Ja?!«
»Herr Caspari?«
Am anderen Ende war es einen Moment lang still. »Ja, was ist denn?«
»Leitner von der Kripo Lemanshain. Ich bin gerade im Gefängnis bei Ihrem Mandanten.«
»Andreas Olbrich?«
»Ja, genau der.«
»Aha.«
Sie rief offensichtlich zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt an, so einsilbig wie er war. »Wir haben versucht, Sie zu erreichen, doch offenbar ist Ihr 24-Stunden-Büroanschluss nicht besetzt.«
Er überging ihre Bemerkung. »Worum geht es denn?«
»Es hat sich eine
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