Hollywood & Buecherwurm
Morgen aufgewacht war und frühstückte, fühlte sie den Drang, unbedingt sofort nach Brentwood zu fliegen, und nicht erst den Flug um zwei Uhr Nachmittags zu nehmen. Es war, als würde sich eine tickende Zeitbombe in ihrem Appartement befinden, die jederzeit zu explodieren drohte. Sie hatte sich ein Taxi gerufen, ihr Ticket auf den nächsten Flug umgebucht und stand nun im Garten ihres Elternhauses.
„Wir sind so froh, dass du endlich hier bist“, sagte Sophie und schloss ihre Enkeltochter noch einmal in die Arme. „Und vor allem, dass du dieses Mal länger bleibst!“
„Ich freue mich auch, hier zu sein, Grandma“, sagte Taylor und war überglücklich, zu Hause zu sein. „Ich hätte nie so lange wegbleiben dürfen!“
Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter schritt Taylor die Treppen zum Pavillon hinauf, wo eine Frau, die wohl etwas älter als Ihre Mutter, aber deutlich jünger, als ihre Großmutter war, saß. Taylor hatte die Frau noch nie zuvor gesehen.
„Taylor, das ist Ava Knight, sie ist im Februar ins Haus von Mr. und Mrs. Newman eingezogen, nachdem die Beiden in ein Seniorenheim umgezogen sind“, sagte Sophie und nahm wieder auf dem Stuhl platz, auf dem sie gesessen hatte, als sie Taylor erblickt hatte. Taylor erinnerte sich an die Newmans, ein nettes, altes Ehepaar, das aber offenbar gesundheitlich schon ziemlich angeschlagen war, sodass sie den Umzug in ein Seniorenheim bevorzugt hatten. Taylor reichte der Frau die Hand und begrüßte sie.
„Deine Mutter und deine Großmutter haben nicht übertrieben“, lächelte Mrs. Knight, „du bist wirklich wunderschön!“
„Vielen Dank“, antwortet Taylor und fühlte sich etwas unbehaglich. Sie war im Winter zweiunddreißig Jahre alt geworden, und ihre Mutter und ihre Großmutter schwärmten immer noch von ihr, als wäre sie eine kleine Prinzessin.
„Und weißt du was“, fuhr Sophie fort, „Ava war die Babysitterin deiner Mutter, als diese selbst noch ein kleines Mädchen war!“
„Wirklich“, fragte Taylor und setzte sich auf einen freien Stuhl.
„Ja, wir haben damals schon nebeneinander gewohnt und Ava hat sich ihr Taschengeld etwas damit aufgebessert, dass sie auf deine Mutter aufgepasst hat, wenn dein Großvater und ich ausgegangen sind!“
„Das ist toll“, sagte Taylor.
„Möchtest du Tee? Kekse? Wir haben extra für dich diese Kekse aus der belgischen Bäckerei besorgt, die du so sehr magst“, sagte Margret und goss ihrer Tochter eine Tasse Tee ein. Taylor hätte zwar lieber in jenem Moment ein Glas Wasser oder noch lieber ein Red Bull getrunken, dass sie in New York in Mengen hinunterschüttete, doch sie wusste, wie sehr ihre Mutter und ihre Großmutter ihre Teenachmittage schätzten, sodass sie eine Tasse Earl Grey nahm.
„Leben Sie ganz allein hier, Mrs. Knight“, fragte sie, nachdem sie einen Schokoladenkeks verspeist hatte, der göttlich schmeckte.
„Ja, mein Mann ist leider im letzten Jahr verstorben und ich habe es nicht mehr geschafft, in den vier Wänden zu leben, die wir gemeinsam aufgebaut hatten. Ich habe das Haus in Santa Monica verkauft und habe, wie es der Zufall so wollte, das neben deiner Familie erstanden. Ein Wink des Schicksals“, lächelte Ava, „die beiden haben mir sehr über eine schwere Zeit hinweg geholfen!“
„Großartig“, sagte Taylor und dachte daran, wie schlimm es sein musste, seinen Ehemann zu verlieren. Im selben Moment hoffte sie, dass sie selbst noch lange niemanden verlieren würde, der ihr am Herzen lag.
„Und weißt du, was noch ein Wink des Schicksals ist, Taylor“, begann Margret.
„Nein, was?“
„Ava hat einen Sohn in deinem Alter – er ist sechsunddreißig. Und auch er wird seine Mutter ab morgen für ein paar Wochen besuchen kommen!“
Taylors gute Laune schlug etwas in Genervtheit um. Schon, als sie ein junges Mädchen gewesen war, hatte ihre Mutter sich liebend gern in ihre Bekanntschaften eingemischt, oftmals mit potentiellen Verehrern gemeinsame Sache gemacht, versucht, sie zu verkuppeln und grundsätzlich jedem jungen Mann, der nur irgendwie in die Vorstellung des zukünftigen Schwiegersohnes passte, ein Foto von ihr unter die Nase gehalten.
„Und das ist ein Wink des Schicksals, weil…“, fragte sie und versuchte, nicht all zu zickig zu klingen.
„Naja, ich meinte ja nur, Dylan kommt her, hat sich im März von seiner Exfreundin getrennt, du hast dich vor zwei Wochen von Dave getrennt…!“
„Mom, ich bin zweiunddreißig, meinst
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