Hordubal (German Edition)
die mich sieht; gelobt sei Gott. Und wo ist Hafia? Hafia schläft; soll ich sie wecken? Nein, laß sie schlafen. Gelobt sei der Herr.
Hordubal schritt noch rüstiger aus. Du mein Gott, es ist leicht zu gehen, wenn einem die Gedanken vorauseilen! Du kannst sie gar nicht einholen, streckst vergeblich die Beine aus: dein Kopf eilt dir voraus und ist schon bei den Vogelbeersträuchern am Dorfrand, husch, Gänse, husch, und schon bist du daheim. Austrompeten solltest du's: seht her, ihr alle, seht ihn euch an, der da kommt, den Amerikaner, tramtara, da guckt man, boys, hallo ! Und nun stille, hier sind wir zu Hause, Polana bricht Flachs auf dem Hof man schleicht sich von hinten heran und hält ihr die Augen zu – Juraj! Wie hast du mich erkannt, Polana? Gott sei gelobt, wie sollt' ich deine Hände nicht erkennen!
Hordubal rennt durch das Tal, das Köfferchen in der Hand spürt er nicht, dort ist das ganze Amerika verfrachtet, blaue Hemden, der Manchesteranzug und ein Teddybär für Hafia; und das da, Polana, für dich, Stoff für ein Kleid, wie man's in Amerika trägt, duftende Seife, ein handbag mit Kettchen, und das da, Hafia, ist electric light , du drückst diesen Knopf da und es leuchtet, und hier bring' ich dir Bildchen, aus der Zeitung ausgeschnitten – ach, Mädel, so viele hab' ich gesammelt, acht Jahre hab' ich für dich aufgehoben, was ich nur finden konnte; ich mußte sie drüben lassen, sie gingen nicht mehr in mein suitcase hinein. Aber wart', in dem Koffer dort gibt es noch Dinge!
Und hier, gelobt sei Gott, führt schon der Weg über den Bach; kein Eisensteg, sondern nur Steine im Wasser, du mußt von Stein zu Stein springen und die Arme schwingen, eh, Jungens, dort im Erlengesträuch sind wir auf den Krebsfang gegangen, mit aufgekrempelten Hosen und naß bis an die Ohren; und ist noch das Kreuz an der Wegbiegung da? Gelobt sei Jesus Christus, es ist da, geneigt über den Fahrweg, weich vom warmen Staub und duftend von Herde, Stroh und Korn; und da muß schon der Zaun sein von Michaltschuks Garten, und da ist er, verwachsen mit Flieder und Haselnuß wie damals, und umgestürzt, so wie damals; gepriesen sei der Herr, da sind wir schon im Dorf willkommen daheim, Juraj Hordubal. Und Juraj Hordubal hält inne, der Teufel soll wissen, warum das Köfferchen auf einmal so schwer ist, jetzt nur den Schweiß trocknen und, Jesus Maria, warum hab' ich mich nicht am Bach gewaschen, warum hab' ich nicht Rasierklinge und Spieglein aus dem Koffer geholt, um mich am Bach zu rasieren? Ich seh' ja wie ein Zigeuner aus, wie ein Landstreicher, wie ein Bandit, soll ich nicht zurück, um mich zu waschen, bevor ich mich Polana zeige? Aber das geht nicht mehr, Hordubal, man schaut dir zu; hinter Michaltschuks Zaun, hinter dem Klettengraben guckt regungslos und entsetzt ein Kind hervor. Rufst du es an, Hordubal? Sagst, hej du, bist du dem Michaltschuk seins? Und das Kind, mit den nackten Pfoten klatschend, ergreift die Flucht.
Soll ich ums Dorf herum gehen, denkt Hordubal, und von hinten ins Haus hinein? Das wär' was, damit sie herauslaufen, he, du dort, wohin schleichst du dich? Marsch auf die Straße, sonst kriegst du eins mit der Peitsche! Was tun, man muß mitten durchs Dorf gehen; ach du mein Gott, wenn der Koffer nicht so drücken wollte! Das Gesicht einer Muhme im Fenster hinter dem Muskattopf, die entsetzten Blicke der Sonnenblumen, eine Frau schüttet im Hof etwas aus, scheint sich mit dem Gefäß umzublicken, Kinder bleiben stehen und glotzen, seht, seht, ein Fremder kommt, der alte Kyril mahlt mit dem Kinn in der Luft und blickt nicht auf, noch ein Stich ins Herz, Gott mit uns, und nun tritt mit gebeugtem Nacken in das Tor deines Heims ein.
Ej, du Dummkopf, wie konntest du dich so irren! Das ist ja nicht Hordubals Holzhütte, Holzstall und Balkenscheune; das ist ein richtiger Gutshof, gemauerter Bau und Schindeldach, im Hof eine eiserne Pumpe, eiserner Pflug und eiserne Tore, nun, irgendein Gutshof; flink, Hordubal, mach' dich flink aus dem Staub mitsamt deinem schwarzen Köfferchen, eh' noch der Gazda kommt und sagt: Na, was gaffst du da herum? Guten Tag, Bauer, hat hier nicht Polana Hordubal gewohnt? Bitte um Entschuldigung, Herr, ich weiß nicht, wo ich meine Augen gehabt habe.
Aus dem Haus tritt Polana und stockt wie versteinert, die Augen herausgewälzt, preßt die Hände mit aller Macht an die Brust und atmet heftig, stoßweise.
III
Und jetzt weiß Juraj Hordubal nicht, was er sagen soll: so viele
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