Hordubal (German Edition)
Polana deutet trocken und streng mit dem Kopf: geh! Das Kind trippelt ängstlich, ungern zu dem langen fremden Herrn hin – ach, zur Tür hinausschießen und rennen, zur Marica, zur Žofka, zu den Mädchen rennen, die dort am Dorfrand so ein liebes kleines Hündchen in ein Federbettchen packen – »Sieh mal, Hafia, hier diese Damen – und da, schau, wie sie sich prügeln, haha, was? Das ist football , weißt du? So ein Spiel, wie es in Amerika gespielt wird. Und hier die hohen Häuser –«
Hafia berührt ihn bereits mit der Schulter und fragt schüchtern: »Und was ist das da?«
Freude und Rührung haben Juraj Hordubal überflutet: sieh mal an, das Kind gewöhnt sich schon! »Weißt du ... weißt du, das ist Felix the cat .«
»Aber das ist ja eine Katze«, protestiert Hafia.
»Haha, natürlich ist es eine Katze! Bist klug, Hafia! Ja, es ist ... so ein amerikanischer Kater, all right.«
»Und was macht er denn da?«
»Er ... er schleckt ein tin aus, verstehst du? So eine Blechbüchse von Konserven. Das ist das advertisment für die Konserven, weißt du?« –
»Und was steht da geschrieben?«
»Das ist ... das wird etwas auf Amerikanisch sein, Hafia, das verstehst du nicht; aber hier, schau, die Schiffe«, lenkt Hordubal rasch das Gespräch ab. »Auf so einem bin ich gefahren.«
»Und was ist das hier?«
»Das sind die Rauchfänge, weißt du? Diese Schiffe haben drinnen eine Dampfmaschine und hinten so einen ... so einen Propeller ...«
»Und was steht hier geschrieben?«
»Das liest du dir ein andermal durch, du kannst doch lesen, nicht wahr?« weicht Hordubal aus. »Und hier, siehst du, da sind zwei cars zusammengestoßen –«
Polana steht in der Vorlaube, die Arme vor der Brust, und blickt mit trockenen, starren Augen in den Hof. Dort hinten in der Stube schmiegen sich zwei Köpfe aneinander, eine langsame Männerstimme bemüht sich zu erklären, was dies und jenes darstelle, »das machen sie halt so in Amerika, Hafia, und das da, schau, das hab' ich selber einmal gesehen«, und dann stockt die Stimme, zögert und brummt: »Geh, Hafia, schau nach, wo die Mutter ist.«
Hafia rennt wie erlöst hinaus.
»Halt«, hält sie Polana auf, »frag ihn, ob er etwas essen will ... oder trinken.«
»Nicht nötig, Seelchen, nicht nötig«, schallt Hordubals Stimme, und er tritt auf die Schwelle. »Lieb von dir, daß du daran gedacht hast, danke vielmals, aber das eilt nicht. Hast wohl was anderes zu tun –«
»Arbeit gibt's immer«, bemerkt Polana unbestimmt.
»Siehst du, Polana, nun, da siehst du es ja, ich werde dich nicht stören; geh nur deinen Sachen nach, ich werde mittlerweile – nun, ich –«
Polana hebt den Blick zu ihm empor, als wollte sie etwas sagen, als wollte sie auf einmal gar viel sagen, so daß es um ihre Lippen zuckt; aber sie schluckt es herunter und geht an ihre Arbeit, denn es gibt immer was zu tun.
Hordubal steht in der Tür und blickt Polana nach; soll ich ihr in den Schuppen nachgehen – noch nicht; der Schuppen ist finster, nun, wohl schickt es sich nicht. Acht Jahre, Bruderherz, sind acht Jahre. Ein vernünftiges Weib ist Polana, fällt dir nicht um den Hals wie ein Mädel; du möchtest sie nach dem und jenem fragen, nach dem Feld, nach dem Vieh, aber Gott mit ihr, wenn sie zu arbeiten hat. Immer war Polana so. Arbeitsam, hurtig, klug.
Nachdenklich betrachtet Hordubal den Hof. Ein sauberer Hof mit Fingerkraut und Kamillen bewachsen, keine Jauchenrinne fließt über. Was das anbelangt, die Wirtschaft besichtigen – noch nicht, noch nicht; Polana wird schon selber sagen, komm, Juraj, sieh dir an, wie ich gewirtschaftet habe; alles gemauert und eisern, alles neu, soundsoviel hat es gekostet. – Und ich werde sagen: Gut, Polana. Auch ich bringe dir was für die Wirtschaft mit.
Gut schafft es Polana; und aufrecht ist sie, aufrecht wie ein junges Mädel, Herrgott, dieser gerade Rücken! Immer hat sie den Kopf so hoch getragen, schon als Mädchen – Hordubal seufzte und kratzte sich am Hinterkopf; wohlan, Polana, es geschehe nach deinem Willen; acht Jahre bist du deine eigene Herrin gewesen, das läßt sich nicht einfach übers Knie brechen; wirst selber sagen, gut ist ein Mann im Haus.
Nachdenklich betrachtet Hordubal den Hof. Alles ist anders und neu, alles ist Polana wohlgeraten; aber der Dünger, meiner Treu, der Dünger will mir nicht gefallen; das ist kein Viehmist; das ist Stalldünger. An der Wand zwei Kummete, auf dem Hof Pferdeäpfel – Polana hat gar nicht
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