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Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir

Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir

Titel: Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Endres
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Marlowe.
    Ich hätte nicht drauf gewettet, aber wir schaffen es.
    Stehen oben auf dem Hang.
    Vor der Hütte.
    Drinnen gibt es Konserven, einen Ofen und trockenes Holz.
    Manchmal sind es die einfachen Dinge, die zählen, was?
    Ich frage mich, ob ein Teil von mir während der finsteren Zeit, als der Wolf das Sagen hatte, klammheimlich dafür gesorgt hat, dass das zottelige Mistviech sich letztlich nie zu weit von dieser letzten Bastion zivilisatorischen Lebens inmitten weiter Wildnis entfernt hat.
    Als Erstes füttere ich den Hund.
    Macht der Gewohnheit, schätze ich.
    Der Retriever macht sich gierig über den Inhalt der Dose her, den ich auf einen Teller schüttle.
    Sein Name ist Baloo, wie mir seine Marke im Schein der Öllampen inzwischen verraten hat.
    Sein toter Herr, dessen Mantel mich hierher gebracht hat, war ein Immobilienmakler aus Calgary, wenn ich die Fotos und Unterlagen, die es hier gibt, richtig auslese.
    Auf den Fotos war er noch nicht so fett.
    Hätte besser auf sein Gewicht achten sollen.
    Aber ich will mich nicht beschweren.
    Seine Frau, die auf einem der Fotos neben ihm posiert, ist mindestens fünfzehn Jahre jünger und eine lebende Symbiose aus Silikon und Botox.
    Kann mich jedoch nicht an den Namen erinnern.
    Trotzdem kommt mir ihr Gesicht vage bekannt vor.
    Anders als das Gesicht, das ich im Spiegel neben der kleinen Schlafkoje erspähe.
    Ich schrecke zurück.
    Ein Fremder schaut mich an.
    Ein gut aussehender Fremder, wie ich zugeben muss.
    Darüber muss ich ein Weilchen grübeln.
    Ich war noch nie so lange in Wolfsgestalt, aber anscheinend profitiere ich davon, wenn es dem Wolf gut geht.
    Danke für nichts, du Drecksviech.
    Ich wasche mich von Kopf bis Fuß und schneide mir die Haare mit der Schere aus dem Verbandskasten knapp auf Schulterlänge ab.
    Den Bart stutze ich nur geringfügig.
    Hab so ein Gefühl, dass er mir noch helfen könnte.
    Fühl mich wie ein König, als ich anschließend in das Bett mit der dicken Daunendecke gleite, Baloo am Fußende, das Knistern des Kanonenofens und sein Versprechen behaglicher Wärme im Ohr.
    Ich drehe die Öllampe aus.
    Die Gedanken bleiben an.
    Körperlich geht es mir wirklich gut, obwohl ein bisschen Obst in nächster Zeit vermutlich nicht schaden wird.
    Meinem Geist geht es dafür beschissen.
    Dass ich der Kartenbeschriftung zufolge irgendwo im kanadischen Niemandsland bin, ist dabei mein geringstes Problem.
    Viel schlimmer ist die Sache mit dem Kalender.
    Denn wenn der Kringel und die Jahreszahl darauf stimmen, dann hab ich die letzten anderthalb Jahre als Wolf verbracht.
    Anderthalb.
    Jahre.
    Meines.
    Lebens.
    Einfach so fort.
    Gelebt, und doch nicht.
    Eben hatte ich noch Streit mit meiner Freundin, eine harte Nacht im Käfig und einen dämlichen One-Night-Stand.
    Dann möchten mich ein paar Verrückte als Zuchtrüden missbrauchen und machen Dinge mit mir, die selbst den härtesten Knast-Psychologen zum Weinen bringen würden.
    Und als wäre all das noch nicht beschissen genug, wache ich schließlich nach über fünfzehn Monaten im kanadischen Winter auf und versuche, mich von den Erinnerungsfragmenten des Wolfes nicht in den Wahnsinn treiben zu lassen, in denen das Blut in rauen Mengen fließt, Fleisch reißt, Knochen brechen und das Biest sein Alphaweibchen scheinbar pausenlos bespringt.
    Anderthalb.
    Jahre.
    Scheiße.
    Ich kämpfe vergeblich gegen die Tränen.
    Als Baloo mich mit der Schnauze anstubst, kann ich sie nicht mehr zurückhalten.
    Es dauert lange, doch am Ende heule ich mich an Baloos Hals in den Schlaf und versinke in eine traumlose Dunkelheit, die trotz allem nicht so schwarz und endgültig ist wie die letzten anderthalb Jahre in der Finsternis.
*
    In der Nacht kommen die Wölfe.
    Ich höre sie noch vor Baloo.
    Hab sie erwartet.
    Gespürt, dass sie kommen.
    »Schon gut, Kumpel«, beruhige ich den Hund, als er hochschreckt. »Die sind wegen mir hier.«
    Das lang gezogene Heulen kommt näher, bis ich den heißen Atem des Rudels hören kann, das sich vor der Hütte aufstellt.
    Ich schlüpfe in den weiten Mantel und die zu großen Stiefel und gehe zum vor sich hinklackenden Ofen.
    Das Stück Anzündholz, das ich ins Schürloch halte, fängt schnell an zu brennen.
    Ich halte es wie eine Fackel und öffne die Tür zur Hütte.
    Die Kälte springt mir wie ein Raubtier entgegen.
    Acht glühende Augenpaare starren mich aus der Nacht an.
    Ich starre zurück.
    Angst hab ich keine.
    Nicht mal ein mulmiges Gefühl.
    Was sich wiederum echt seltsam

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