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Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir

Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir

Titel: Horror Factory 02 - Crazy Wolf: Die Bestie in Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Endres
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nach langer Zeit wieder aus der Finsternis auftauche.
    Die Schmerzen und die Kälte sind brutaler denn je.
    Das liegt nicht allein an Schnee und Eis.
    Vor allem liegt es an der Zeit, die der Wolf mich komplett ausgesperrt hat.
    Ich friere, wie ich noch nie in meinem Leben gefroren habe, während vor meinem inneren Auge Bilder von Holzlastern und Güterzügen vorbeiziehen.
    Von nächtlichen Gewaltmärschen gen Norden.
    Von einem neuen Rudel und unzähligen Jagden.
    Vom Glück und der Freiheit des Wolfes.
    Da höre ich das verunsicherte Winseln zum ersten Mal.
    Es liefert mir den Anker, den Marlowe sonst für mich bereithält, und ich ziehe mich ein Stückchen aus der eisigen Schwärze, gerade genug, um wieder klar denken zu können.
    Um unterscheiden zu können, was Wolf und was Ich ist.
    »Marlowe«, murmle ich schwach, bibbernd über jeden Buchstaben stolpernd.
    Der dunkelbraune Labrador Retriever, der auf den tiefgefrorenen Resten seines Herrchens liegt, beobachtet mich mit einer Mischung aus Hoffnung und Angst, derweil ich mich wankend aus dem Schnee kämpfe und nicht weiß, ob mir zuerst mein bestes Stück oder doch meine Füße abfrieren.
    Scheiße, ist das kalt!
    »Hey, Kumpel«, sage ich schlotternd, als ich mich unsicheren Schrittes dem Leichnam und seinem Bewacher nähere.
    »Denkst du, wir können uns gegenseitig helfen?«
    Der große Hund spitzt die Ohren.
    »Ich würd mir gern ein paar Sachen von deinem Herrchen borgen. Glaub nicht, dass er was dagegen hätte. Er braucht sie gerade nicht. Was meinst du, Kumpel, geht das klar?«
    Ich strecke langsam die Hand nach dem Hund aus, und da er weder knurrt noch bellt noch beißt, tätschle ich unsicher seinen Hals.
    »So ist’s gut«, sage ich außerdem und packe ihn am Halsband, um ihn von der Leiche fortzuziehen.
    Es ist ein hartes Stück Arbeit, dem toten Mann mit einem Stein die gefrorenen steifen Glieder zu brechen, und ich und der Hund zucken bei jedem grässlichen Knacken gleichermaßen zusammen.
    Wundert mich, dass keine Vögel auffliegen, so laut, wie das Geräusch ist.
    So laut, und so hässlich.
    Anders komme ich allerdings nicht an den schweren, pelzgefütterten Ledermantel oder die Stiefel.
    Kostet mich einiges an Überwindung.
    Aber der Dicke braucht die Sachen wirklich nicht mehr, und mich bewahren sie eventuell vor dem Erfrieren.
    Denn den Wolf kann ich nicht mehr leichthin rauslassen, so viel ist klar, obwohl sein dichtes Fell für diese Temperaturen viel besser geeignet wäre.
    Wäre zu leicht für ihn, die Oberhand zu behalten, nach all der Zeit, in der er nun den Ton angegeben hat.
    Sobald ich Stiefel, Handschuhe und Mantel anhabe und Letzteren ein wenig warm gerieben habe, grabe ich den Rucksack aus dem Schnee, der neben der Leiche liegt.
    Wische ihn ab, öffne den Reißverschluss und durchsuche ihn.
    Jackpot.
    Karte.
    Eingezeichnete Jagdhütte.
    Ich frage mich, wem ich zu größerem Dank verpflichtet bin:
    Dem fetten Kerl, der genau hier einen Herzinfarkt oder Schlaganfall oder was auch immer bekommen hat.
    Oder seinem Hund, der bei ihm ausharrte und so den Wolf anlockte, was eine Erinnerung an Marlowe heraufbeschwor und mir ungeachtet allen Pathos die Tür öffnete.
    Zwischenzeitlich hat es wieder zu schneien begonnen.
    Ich schlinge mir den Rucksack um die Schulter und marschiere los, noch immer etwas unsicher auf meinen zwei Beinen und in den zu großen Stiefeln.
    Hoffe, dass das Rudel der Spur seines Anführers erst folgt, wenn ich schon weit genug weg bin.
    Plötzlich ertönt ein Bellen hinter mir.
    Mir läuft ein Schauer über den Rücken, was nicht allein an der Kälte und den Kleidern eines Toten liegt, die ich so selbstverständlich trage.
    Ich blicke durch den dichten Schneefall zurück.
    Der Hund, der noch immer über seinem entkleideten Herrn wacht, steht angespannt da und sieht in meine Richtung.
    »Wegen mir kannst du gern mitkommen, Kumpel. Deine Entscheidung. Na los. Komm.«
    Nach einem letzten, kurzen Zögern flitzt er auf mich zu, und wir machen uns Seite an Seite auf den langen Weg wohin auch immer.
*
    Meine Dankbarkeit kennt keine Grenzen, da wir noch vor Einbruch der unerbittlichen Nacht die Jagdhütte erreichen.
    Sie liegt hinter einem verschneiten Steilhang, der es noch mal ganz schön in sich hat und mir alles abverlangt.
    Ich falle ein Dutzend Mal in den Schnee, schliddere entkräftet immer wieder ein paar Meter abwärts.
    Der Retriever weicht nicht von meiner Seite.
    Glaube, ich nenne ihn ein oder zwei Mal

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