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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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niedrigen Stellen drei bis vier Fuß unter Wasser. Am Tag ruderten wir überall drauf umher. Es war herrlich kühl inmitten des Waldes, während die Sonne draußen stach und brannte.
    Der ganze Strom war wieder voll von Treibholz. Einmal fischten wir ein tüchtiges Stück von einem Holzfloß heraus, das aus neun dicken tannenen, fest zusammengezimmerten Bohlen bestand. Es war vielleicht zwölf Fuß breit und ungefähr fünfzehn bis sechzehn lang, ein starkes, solides Ding, das wir sogleich unter den Weiden versteckten, im Gedanken, daß es uns vielleicht noch einmal gute Dienste leisten könnte, was denn auch wirklich später der Fall war. In einer Nacht – tags wagten wir uns nicht heraus –, gerade ehe es zu dämmern anfing, sahen wir ein Haus, ein wirkliches Haus, aus Holz gezimmert, auf einem kurzen Floß dahertreiben. Wir natürlich drauflos, angelegt und zum untern Fenster hineingeguckt. Sehen konnten wir noch nichts, und so machten wir unser Boot fest und warteten geduldig, bis es tagen würde.
    Wir waren noch nicht an der Insel vorbei, als es hell genug wurde, um alles unterscheiden zu können. Wir guckten also ins Zimmer hinein, sahen ein Bett, einen Tisch, zwei alte Stühle und eine Menge Dinge überall umhergestreut. In der Ecke lag etwas, das wie ein Mensch aussah, sich aber nicht rührte.
    »Holla, ihr da!« ruft Jim. Es regt sich nichts. Nun schrei' ich – keine Antwort.
    Dann sagt Jim: »Der nix schlafen, der sein tot. Du bleiben hier, Huck, Jim sehen nach.«
    Er lief drauf zu, beugt sich über ihn, betrachtet ihn und sagt dann: »Der sein tote Mann! Ja, warraftig, un Kleider sein auch fort. Sein geschossen in den Rücken. Sein schon lange tot, vier Tag, fünf Tag. Komm rein. Huck, aber nix hinsehen, sein schauderhaft – puh!«
    Ich sah mich also nicht um. Jim warf dann ein paar alte Lumpen über die Leiche, hätte es aber nicht zu tun brauchen, mich zog's wahrlich nicht dahin. Alte schmutzige Karten lagen auf dem Boden herum, Schnapsflaschen dazwischen, auch zwei schwarze Tuchmasken, und die Wände waren mit dummen Sprüchlein und Bildern bemalt, die einer mit Kohle draufgeschmiert hatte. Ein paar schmutzige Kattun-Kleider, ein Frauenstrohhut und einige Unterröcke hingen an der Wand, auch Mannszeug war dabei. Auf dem Boden lag ein gestreifter Kinderstrohhut, unweit von einer zerbrochenen Milchflasche für einen Säugling. Ein alter Koffer, von dem die Scharniere losgerissen waren, lag offen da; es war nichts von Wert darin. Man sah, die Bewohner hatten keine Zeit zu einem feierlichen Abschied von ihrem Heim gehabt, als sie es verließen.
    Wir schleppten eine Menge Sachen in unser Boot, weil wir dachten, mit der Zeit ließe sich alles verwenden. Eine alte Blechlaterne, ein Metzgermesser ohne Griff, ein nagelneues Taschenmesser, das in jedem Laden etwas wert gewesen wäre, eine Masse Talglichter, einen Blechleuchter, eine Feldflasche und eine Blechtasse, eine alte, zerfressene Bettdecke, dito Pferdeteppich, einen Arbeitsbeutel mit Näh- und Stecknadeln, Garn, Fingerhut, Wachs und Schere, Hammer und Nägel, eine dicke Fischleine mit festem Haken, eine alte Kuhhaut und ein Hundehalsband, ein Hufeisen und ein paar Medizinflaschen ohne Aufschrift, kurz, alles schleppten wir mit, und zu guter Letzt fand ich noch einen Kamm mit drei Zinken und Jim einen alten Fiedelbogen ohne Saiten, die mußten auch noch mit. Reich beladen stießen wir ab.
    Alles in allem genommen hatten wir wahrhaftig eine reiche Beute gemacht und konnten recht zufrieden sein. Inzwischen war's aber heller Tag geworden, und wir waren ziemlich weit von der Insel weg. So hieß ich Jim denn im Boot niederliegen und deckte ihn mit der alten Bettdecke zu, denn wenn er aufrecht dagesessen hätte, hätte jedes Kind sehen können, daß er ein Nigger war, und wenn's eine Meile weit weg gewesen wäre. So ruderte ich denn eifrig unserer Insel zu, und ohne daß wir etwas oder irgend jemanden sahen oder selbst gesehen worden wären, kamen wir von unserem nächtlichen Abenteuer glücklich und ohne Unfall wieder nach Hause.

10. Kapitel
Der Fund – Vater Bunker – Verkleidet
    Nach dem Frühstück hätte ich gern unsere Erlebnisse besprochen und begann von dem Toten, den wir in der schwimmenden Hütte gefunden; Jim aber wollte nicht drauf eingehen, weil das Unglück bringe. Auch meinte er, der Geist des Toten könne uns erscheinen, denn einer, der nicht begraben sei, treibe sich noch viel leichter um als einer, der zufrieden und behaglich in der Erde

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