Ich bin die Nacht
Aufruhr, der in seinem Innern tobte und kaum einen klaren Gedanken zuließ.
Was soll ich als Nächstes tun?
Jim wusste, dass er es nicht überleben würde, wenn er Ackerman frontal attackierte. Gegen die Schotflinte kam er nicht an. Am besten, er schlich sich im Schutz der Regale an – dann konnte er den Irren vielleicht überraschen. Und je größer die Entfernung, desto größer der Vorteil, den ihm seine 9-mm-Pistole gegenüber der weniger zielgenauen Schrotflinte verschaffte.
So leise er konnte, bewegte er sich den Gang entlang in Richtung Tür. Als er das Ende des Gangs erreichte, spähte er um die Ecke.
Alles frei.
Er huschte zum nächsten Gangende.
So weit, so gut.
In der kleinen Tankstelle gab es nur vier Regalreihen mit Lebensmitteln. Wenn er es zum nächsten Ende des Gangs schaffte, ohne dass Ackerman ihn sah, hatte er freie Sicht auf das Versteck seines Gegners.
Jim warf einen raschen Blick in den Gang und wollte gerade zum nächsten Regalende huschen, als er ein merkwürdiges Geräusch aus dem vorderen Teil des Tankstellenhäuschens hörte. Er brauchte einen Augenblick, bis er wusste, was es war: ein leises Plätschern. Jemand drückte irgendeine Flüssigkeit aus einer Quetschflasche. Als er dem Geräusch folgte, wurde Toms Gebrüll noch lauter, und Jim hörte einen erstickten Hilfeschrei.
»Dein Kumpel hat einen schlechten Tag, Officer. Er will bleiben und kämpfen, aber ich nehme an, dass ich ihm keine große Wahl gelassen habe. Deshalb mache ich dir ein Angebot. Dein Partner hatte recht, ich hatte keine Geisel. Aber jetzt habe ich eine. Ihn. Er wird hier nicht mehr lebend rauskommen. Aber dich lass ich laufen. Du darfst in deinen Wagen steigen und alles hinter dir lassen, als wäre es nur ein Albtraum gewesen. Klar, vielleicht könntest du mich stoppen und deinen Kumpel retten, aber seien wir doch ehrlich: Ich beherrsche dieses Spiel besser als du. Wenn du bleibst, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihr beide ins Gras beißt. Du hast die Wahl.«
Jim biss die Zähne zusammen. Ackerman wusste vermutlich, wo er war. Er hatte wahrscheinlich keine Chance, dem Verrückten in den Rücken zu fallen. Ackerman hatte recht: In einer solchen Lage war er, Jim, noch nie gewesen. Eigentlich hatte er noch nie eine richtige Gefahrensituation erlebt, abgesehen von ein paar Verkehrskontrollen, bei denen es ein bisschen ruppiger zuging, und einer Geiselnahme in einem Imbiss. Aber ein Schusswechsel mit einem irren Killer war ein ganz anderes Kaliber. Sein Gegner hatte zahllose Opfer auf dem Gewissen, darunter etliche Polizisten. Außerdem war Ackerman besser bewaffnet und der Lage viel besser gewachsen.
Dennoch, Jim würde seinen Partner niemals im Stich lassen.
Tom Delaine war ein Hitzkopf, aber er war seit neun Jahren Jims bester Freund. Er war an dem Tag dabei gewesen, als Jims Tochter geboren wurde, hatte Zigarren herumgereicht und gegrinst wie ein stolzer Onkel. Und an dem Tag, als Jims Vater beerdigt wurde, war Tom der Einzige gewesen, der ihm Trost hatte spenden können. In jedem schwierigen Moment seines Lebens war Tom für ihn da gewesen und hatte nie eine Gegenleistung verlangt.
»Kommen Sie hierher, wo ich Sie sehen kann«, rief Jim, »dann gebe ich Ihnen meine Antwort.« Dieses Mal zitterte seine Stimme nicht.
»Na gut. Aber sag hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
Jim gab keine Antwort. Er war bereits in Bewegung und huschte den mittleren Gang entlang, hielt sich geduckt und versuchte, Ackermans Position anhand der Stimme auszumachen. Wenn seine Instinkte nicht trogen, erwartete der Killer ihn am Ende des dritten Regals.
Als er das Gangende erreichte, blickte er vorsichtig um die Ecke, sah den Killer aber nicht. Tom lag nur ein paar Fuß entfernt.
Jim schob sich behutsam weiter aus dem Gang. Immer noch keine Spur von Ackerman. Er wollte gerade nach Tom greifen, als er hörte, wie ein Streichholz angerissen wurde. In diesem Sekundenbruchteil fiel sein Blick auf die Spur aus Flüssigkeit, die von der Theke aus bis zu Tom verlief.
Feuerzeugbenzin.
Das Geräusch von vorhin! Ackerman hatte Feuerzeugbenzin auf den Boden gespritzt.
Ehe Jim reagieren konnte, griff eine Hand um die Theke herum und ließ ein brennendes Streichholz in die Lache fallen.
Das Benzin entzündete sich mit einem blauen Blitz, der sich ausbreitete und zu Rot und Gelb umschlug. Binnen eines Sekundenbruchteils schoss das Feuer zu Tom und hüllte ihn in Flammen.
Toms schrille Schreie gellten durch das
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