Ich bin ein Mörder
darauf aus war, recht zu behalten und als möglicher Mörder dazustehen. So sehr er sie anzog, einen kleinen Denkzettel musste er einstecken.
»Nein, du irrst dich. Also, nur zum Teil. Nach der Lesung, ehrlich, da war ich schon ein bisschen skeptisch. Von meinem Partner ganz zu schweigen. Der ist extrem misstrauisch.«
»Der vierkantige Miniaturkleiderschrank?«
»Sei nicht gemein. Er ist in Ordnung. Nur eben vorsichtig. Ich ging tatsächlich zu Neumaier und fragte ihn, was er von dir hält, vor unserem ersten Date. Klopfte mal ab, ob er dich überprüfen lassen kann. Aber er hielt das nicht für nötig.«
»Wie bitte?« Tobias’ Züge verhärteten sich.
»Reine Zeitverschwendung, sagte er. Darum ging ich ganz entspannt mit dir aus. Meine Sorge war unbegründet. Wenn Neumaier sagt, da steckt nichts dahinter, ist das sozusagen eine offizielle Unbedenklichkeitsbescheinigung. Auf seine Intuition ist immer Verlass. Er hat mir klar gemacht, dass deine – entschuldige den Ausdruck – Mördernummer nur fake ist. Ihr kennt euch von früher? Er hat so was angedeutet. Darum konnte ich mich ganz genüsslich in deine Hände begeben!«
Es amüsierte sie, wie er mit seiner Selbstbeherrschung kämpfte. Unglaublich, wie sein Ego mit dieser Missachtung seiner scheinbaren Gefährlichkeit zu kämpfen hatte.
»Du überlegst doch nicht etwa gerade, wie du Neumaier für diese Aussage bestrafen kannst? Ich glaube nicht, dass er mit der Presse gesprochen hat. Die werden sicher weiter spekulieren.« Sie legte beide Arme um ihn. »Tobias! Du willst doch nicht wirklich, dass dich alle für einen Mörder halten? Das wäre doch verrückt.«
»Verrückt?«, in seiner Stimme schwang ein scharfer Unterton. »Du glaubst, ich bin verrückt. Macht dir das etwa weniger Angst?«
Er spielte die Rolle wirklich konsequent. Herausfordernd blinzelte Alexandra ihn an und versuchte, ihr spöttisches Lächeln zu unterdrücken.
»Nein. Ein Verrückter ist gefährlicher als ein normaler Mörder. Aber wenn du ein Mörder bist, dann ganz sicher kein gewöhnlicher. Der Perfekteste von allen. Drunter machst du es nicht.« Sie überlegte kurz, wobei sie die Augen zum Himmel richtete. »Wie aber verhält sich ein perfekter Verrückter? Gibt es da wirklich einen Unterschied?« Ihre Mundwinkel zuckten. »So oder so, es bleibt dabei, was immer du bist: Du bist nicht normal!«
Er baute sich vor ihr auf und zog finster die Augenbrauen zusammen.
»Was denn?« Sie gluckste leicht. »Du entsprichst in keinster Weise irgendeiner Norm, ergo bist du nicht normal!« Ihr hemmungsloses Kichern war nicht mehr zu bremsen.
»Du lachst doch nicht etwa über mich?«
Langsam legte er seine kühlen Hände um ihren Hals, die Daumen auf ihrer Kehle. Alexandra hielt still und fixierte seine Augen.
»Würde ich nie wagen. Schließlich bist du mein Lieblingsmörder. Es ist mir eine Freude, vor dir zu erzittern!«
Jetzt zogen sich ihre Mundwinkel fast bis zum Ohr, während eine erregende Gänsehaut über ihre Arme kroch. Er lockerte seinen Griff und strich noch einmal genüsslich über die zarte, verletzliche Haut, die den Kehlkopf bedeckte.
»Du tust gut daran, mich ernstzunehmen.«
»Na sicher! Aber ich finde es trotzdem beruhigend, dass Neumaier sagt …«
»Halte dich von Neumaier fern«, fuhr er sie unwirsch an.
Doch auch das reizte Alexandra nur zum Lachen. In ihrem Körper tanzten die Hormone und sie war bereit, alles zu sagen, um dieses verrückte Abenteuer weiter voranzutreiben.
»Neumaier behandelt mich, als wäre ich ein Baby, weil er mich schon so lange kennt. Als er hörte, dass ich mit dir ausgehe, hat er mich dreimal angerufen. Ich konnte gar nicht anders, als mit ihm zu reden.« Das war eine glatte Lüge, die ihr mühelos gelang. »Außerdem heißt das ja wohl auch, dass er sich seiner Sache doch nicht so sicher ist. Und überhaupt, was interessiert dich, was Neumaier denkt? Vergiss ihn, Tobias. Wenn es wichtig für dich ist, rede ich gerne mit der Presse. Erzähle ihnen, was du für ein gruseliger Typ bist! Ein guter Freund von mir schreibt für eine Zeitung. Du siehst, ich habe die richtigen Kontakte.«
Sie rutschte vom Geländer, streckte sich ihm unbekümmert auf Zehenspitzen entgegen.
»Willst du meine Meinung hören? Ganz ehrlich? Für mich bist du der verwegenste, verführerischste und gefährlichste Mann, der mir je begegnet ist!«
Sein Ärger verflog ebenso schnell, wie er aufgeflammt war. »Du willst das Spiel mit der Gefahr.« Seine Stimme
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