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Ich bin ein Mörder

Ich bin ein Mörder

Titel: Ich bin ein Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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Partner sein.« Am liebsten hätte sie ihn geschubst. Besser streiten als heulen.
    »Du weißt, dass das nicht stimmt.« Sie antwortete nicht. »Alles hängt von der Reha ab. Nur wenn es nicht funktioniert, wechsle ich zu Neumaier.«
    »Quatsch. Du kriegst doch ganz glänzende Augen, wenn du nur an die Mordkommission denkst. Verräter!«
    Sie schniefte schon wieder. Er holte tief Luft.
    »Das K 11 heißt nicht Mordkommission.«
    »Ach nee?!« Ihr böses Zischen misslang.
    »Alles, was ich dort kriege, ist ein beschissener Schreibtischjob. Innendienst. Du weißt, dass ich das hasse.«
    »Lügner. Tatortbesichtigungen, Zeugenvernehmungen – kannst du alles noch machen. Selbst wenn die Schulter steif bleibt, bist du kein Krüppel.«
    »Nein, das wohl nicht.« Er hob die Tasche auf. Verräter. Sie hatte recht. Krampfhaft versuchte er, nicht daran zu denken, dass die Aussicht auf den neuen Job ihn endlich von der Angst befreite, die ihn seit dem Gespräch mit Alexandras Vater nicht mehr losgelassen hatte. Routine bis ans Lebensende. Aber der Preis war sie. Und das schnürte ihm die Kehle zu. Unerträglich, sie nicht mehr zu sehen. Mit ihr zu arbeiten. Jeden Tag.
    »Du könntest Andreas als Partner kriegen, habe ich gehört.«
    Desinteressiert hob sie die Schultern. Das Taxi fuhr vor.
    »Wenigstens etwas. Andreas ist jünger als du und sieht viel besser aus«, knurrte sie. Mischa grinste schwach.
    »Na, dann hat es ja doch etwas Gutes, für dich.«
    »Hau ab jetzt. Dein Taxi wartet.«
    »Du rufst auch nicht an?«
    »Vergiss es.«
    Sie drehte den Kopf zur Seite und er nickte langsam.
    »Du … du wirst mir auch fehlen, Sascha.«
    Ehe sie es verhindern konnte, umarmte er sie. Kurz und unbeholfen. Seine Wange kratzte über ihre, dann stieg er ins Taxi, ohne sich umzudrehen.
    »Scheißkerl«, schrie sie ihm nach und rieb sich erst die Augen, als das Auto um die Ecke verschwunden war.
    Vorbei. Sie waren kein Team mehr.
    Das verfluchte Lied hämmerte in ihrem Innern und der Zwang, das aufsteigende Heulen zu unterdrücken, sprengte ihr fast den Kopf. Als sie aufhörte dagegen anzukämpfen, spülten die Tränen den fehlenden Refrain aus ihrem Gedächtnis.
    Der Wind hatte sich gelegt und die Sonne schien erstaunlich warm in ihr Gesicht. Alexandra zog den zerknüllten Zettel mit der Telefonnummer aus der Hosentasche. Sorgfältig strich sie das Papier glatt.
    Sascha, hatte er sie genannt. Im Krankenhaus, direkt nachdem es passiert war. Sascha. Und gerade eben noch einmal.
    »Scheißkerl«, wiederholte sie, diesmal mit einem Lächeln in der Stimme. Mischa war nicht mehr ihr Partner. Leise begann sie vor sich hin zu singen.
    »Just the two of us … We can make it if we try … Just the two of us … You and I.«

Epilog
     
    Der Gerichtsmediziner identifizierte den Kofferinhalt eindeutig als Überreste einer männlichen Leiche. Merkwürdig verrenkt die gebrochenen Gliedmaßen, wahrscheinlich, um den Koffer schließen zu können. Eine offenbar sehr überlegt und systematisch ausgeführte Arbeit. Knochenbrüche ohne Blutvergießen. Post mortem. Überrascht senkte er das Diktaphon, dem er seine Beobachtungen mitteilen wollte. Da war wirklich nicht die geringste Spur von Blut an diesem zertrümmerten Körper. Erst ausgeblutet, dann zerschlagen. Nein, es mussten Fußtritte gewesen sein. Ein brutaler Akt. Ganz im Gegensatz dazu die Lage des Kopfes, beinahe liebevoll auf einen blauen Kapuzenpullover gebettet. In diesen eingewickelt, fand er ein Buch. Handsigniert. Einmal mehr wünschte er, der Mann vor ihm auf dem Tisch könnte mit ihm reden. Doch der Tote schwieg.
    Die Oberhaut hatte sich bereits vom Muskelgewebe gelöst und war an mehreren Stellen aufgeplatzt. Der fortgeschrittene Zersetzungsprozess ließ auf eine Liegezeit von mindestens zwei Wochen schließen. Auch der Madenbefall stützte diese Annahme. Er betrachtete das, was einmal ein Gesicht gewesen war. Die kleinen, sich windenden, weißen Leiber verliehen den leeren Augenhöhlen eine groteske Lebendigkeit. Ein unbestimmtes Grauen rieselte entlang seiner Wirbelsäule und sträubte ihm die Haare auf den Unterarmen. Es musste an den Maden liegen. Denn obwohl es unmöglich war, dass unter den Schwellungen der blau-schwarz verfärbten Haut noch eine Mimik vorhanden war, meinte er plötzlich, ein seltsam zufriedenes Lächeln auf den Lippen der Leiche zu entdecken.
    * * *
     
    gewidmet
     
    meiner Deutschlehrerin
     
    und
     
    Friedrich Dürrenmatt
     

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