Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1

Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1

Titel: Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Knopfaugen, die zu eng beieinander stehen. Als er mich über den Schreibtisch hinweg angrinst, scheint sein Lächeln seine Augen zu verschlucken.
    »Du bist also ein Sophomore aus Santa Fe?«, fragt er.
    Ich nicke und bejahe, obwohl wir nie in Santa Fe geschweige denn überhaupt in New Mexico waren. Eine einfache Lüge, um mir Nachforschungen zu ersparen. Na, zumindest stimmt es, dass ich im zweiten Jahr der Highschool bin.
    »Das erklärt die Bräune. Und was führt euch nach Ohio?«
    »Der Beruf meines Vaters.«
    Henri ist nicht mein Vater, aber ich behaupte das immer, um Argwohn zu zerstreuen. In Wahrheit ist er mein Wächter oder – was auf der Erde besser verstanden wird – mein Vormund.
    Auf Lorien gab es zwei Arten von Bürgern. Einmal sind da die Träger des Erbes mit höchst verschiedenartigen Fähigkeiten wie Unsichtbarkeit oder Gedankenlesen bis hin zum Fliegen oder der geschickten Anwendung der Naturgewalten. Diese Träger des Erbes werden Garde genannt, die anderen heißen Cêpan oder Wächter. Ich bin ein Angehöriger der Garde, Henri ist mein Cêpan. Jeder Gardist bekommt in sehr jungen Jahren einen Cêpan zugeteilt. Sie helfen uns, die Geschichte unseres Planeten zu verstehen und unsere Fähigkeiten zu entwickeln. Cêpan und Garde – eine Gruppe betreibt und verwaltet den Planeten, die andere Gruppe verteidigt ihn.
    Mr. Harris nickt. »Und was ist dein Vater von Beruf?«
    »Schriftsteller. Er wollte in einer kleinen, ruhigen Stadt leben, um sein gegenwärtiges Projekt zu beenden.« Das ist unsere Standardgeschichte.
    Mr. Harris nickt wieder und kneift die Augen zusammen. »Du scheinst ein kräftiger junger Mann zu sein. Hast du vor, hier Sport zu treiben?«
    »Ich wollte, ich könnte es. Aber ich habe Asthma.« Meine übliche Ausrede zur Vermeidung von Situationen, die meine Stärke und Schnelligkeit verraten könnten.
    »Tut mir leid, das zu hören. Wir suchen immer gute Athleten für das Footballteam.« Mr. Harris’ Blick wandert zum Regal an der Wand, auf dem ganz oben ein Pokal mit dem eingravierten Datum des vergangenen Jahres steht. »Wir haben den Juniorpokal gewonnen!«, erklärt er strahlend vor Stolz.
    Aus einem Aktenschrank neben seinem Schreibtisch nimmt er zwei Blatt Papier für mich. Das erste ist mein Stundenplan mit ein paar noch offenen Rubriken, das zweite eine Liste der verfügbaren Wahlfächer. Ich suche aus, trage sie ein und gebe alles zurück. Dann hält er mir einen gefühlt stundenlangen einführenden Vortrag, in dem er jede Seite des Schülerhandbuchs mit peinlichster Genauigkeit erklärt. Es läutet einmal, dann noch einmal. Schließlich ist er fertig und will wissen, ob ich noch Fragen habe. Nein, keine Fragen.
    »Ausgezeichnet. Jetzt läuft noch die Hälfte der zweiten Stunde, und du hast Astronomie bei Mrs. Burton gewählt. Sie ist eine großartige Lehrerin, eine unserer besten. Sie ist sogar schon einmal vom Staat ausgezeichnet worden; der Gouverneur hat die Urkunde selbst unterschrieben!«
    »Großartig«, sage ich.
    Nachdem sich Mr. Harris aus seinem Stuhl gekämpft hat, gehen wir aus seinem Büro durch den Gang. Seine Schuhe klappernauf dem frisch gewachsten Boden. Die Luft riecht nach Farbe und Reinigungsmittel. Spinde säumen die Wände, viele von ihnen tragen Banner für das Footballteam. Mehr als zwanzig Klassenzimmer können nicht im Gebäude sein. Ich zähle sie im Vorbeigehen.
    »Da sind wir.« Mr. Harris streckt die Hand aus, ich schüttle sie. »Wir sind froh, dich hier zu haben. Ich betrachte uns gern als eine eng verbundene Familie. Ich freue mich, dich darin begrüßen zu können.«
    »Danke«, sage ich höflich.
    Mr. Harris öffnet die Tür und streckt den Kopf ins Klassenzimmer. Erst jetzt wird mir klar, dass ich ein bisschen nervös bin, dass ein gewisses Schwindelgefühl sich einschleicht. Mein rechtes Bein zittert, mein Magen flattert und ich verstehe nicht, warum. Es kann doch kein Lampenfieber vor der neuen Klasse sein! Dazu habe ich diese Situation viel zu oft erlebt. Ich hole tief Luft und versuche die Beklemmung abzuschütteln.
    »Mrs. Burton, entschuldigen Sie die Störung. Ihr neuer Schüler ist da.«
    »Oh, hervorragend! Schicken Sie ihn herein«, ruft Mrs. Burton mit schriller, begeisterter Stimme.
    Mr. Harris hält die Tür auf und ich gehe hinein. Das Klassenzimmer ist komplett quadratisch, etwa fünfundzwanzig Schüler sitzen darin an rechteckigen, etwa küchentischgroßen Schreibtischen, etwa drei Schüler pro Tisch. Alle starren mich

Weitere Kostenlose Bücher