Ich bin Zlatan Ibrahimović
wenn ich nur schnell genug rannte. Wir wohnten in Rosengård am Stadtrand von Malmö, und da wimmelte es von Somaliern, Türken, Jugos, Polen, allen möglichen Ausländern eben, und Schweden. Wir Jungs machten alle auf hart. Wegen jeder Kleinigkeit rasteten wir aus, und man kann nicht behaupten, dass es zu Hause leicht war.
Wir wohnten damals in der dritten Etage im Cronmans väg, und mit Küsschen und so war bei uns nichts. Keiner fragte: »Na, Zlatan, wie war dein Tag heute, mein Lieber?« Von wegen. Kein Erwachsener half einem bei den Hausaufgaben oder interessierte sich dafür, ob du ein Problem hattest. Du musstest allein klarkommen, und es half nichts, herumzujammern, wenn jemand dir auf die Füße getreten hatte. Du musstest die Zähne zusammenbeißen, und es gab Chaos und Streit und Schläge und Ohrfeigen. Aber klar, manchmal hofftest du auf ein wenig Sympathie. Eines Tages fiel ich in der Tagesstätte von einem Dach. Ich hatte ein riesiges blaues Auge, lief weinend nach Hause und erwartete, dass jemand mich in den Arm nähme oder zumindest ein paar tröstende Worte für mich fände. Stattdessen bekam ich eine Ohrfeige.
»Was hattest du auf dem Dach zu suchen?«
Nichts mit: »Oh, armer Zlatan.« Sondern: »Du verfluchter Idiot, kletterst auf ein Dach, dafür hast du eine Ohrfeige verdient.« Und ich war schockiert und zog mich zurück, oder ich haute ab, raus. Meine Mutter hatte keine Zeit, mich zu trösten, nicht damals. Sie putzte und schuftete, um uns durchzubringen, sie war wirklich eine Kämpferin. Aber für mehr hatte sie keine Kraft. Sie hatte es nie leicht gehabt, und wir hatten alle ein furchtbares Temperament. Bei uns zu Hause gab es kein schwedisches Süßholzgeraspel wie: »Liebling, sei so nett und reich mir die Butter«, sondern eher: »Hol die Milch, du Idiot!« Türen knallten, und Mutter weinte. Sie weinte oft. Ich liebe sie. Sie hat hart geschuftet im Leben. Sie hat vierzehn Stunden täglich sauber gemacht, und dann und wann gingen wir mit und leerten die Papierkörbe und kriegten ein wenig Taschengeld. Aber manchmal war Mutter fix und fertig.
Sie schlug uns mit Holzlöffeln, und manchmal gingen die Löffel kaputt, und dann musste ich los und neue kaufen, als sei es meine Schuld, dass sie so fest geschlagen hatte. Ich erinnere mich besonders an einen Tag. Ich hatte in der Tagesstätte einen Ziegelstein geworfen, der irgendwie abprallte und ein Fenster einschlug, und als Mutter das hörte, drehte sie durch. Alles, was Geld kostete, machte sie wahnsinnig, und sie schlug mich mit dem Löffel. Bang , boom ! Es tat weh, und vielleicht ging der Löffel wieder kaputt. Ich weiß nicht. Manchmal gab es keine Löffel mehr im Haus, und einmal kam Mutter mit einer Teigrolle hinter mir her. Aber da brachte ich mich in Sicherheit, und dann sprach ich mit Sanela darüber.
Sanela ist mein einziges Vollgeschwister. Sie ist zwei Jahre älter als ich und eine ganz Gewitzte. Sie fand, wir sollten Mama ein wenig veräppeln. Die spinnt doch, uns auf den Kopf zu schlagen! Völlig krank! Also gingen wir in den Supermarkt und kauften Löffel, drei Stück für zehn Kronen, und die schenkten wir Mutter zu Weihnachten.
Ich glaube, sie hat die Ironie nicht begriffen. Für so was hatte sie keinen Sinn. Es sollte Essen auf dem Tisch stehen. Dafür gingen alle ihre Kräfte drauf. Wir waren viele zu Hause, meine Halbschwestern, die später verschwanden und mit der gesamten Familie brachen, und mein kleiner Bruder Aleksandar, Keki genannt, und das Geld reichte nicht. Nichts reichte, und die älteren Geschwister kümmerten sich um uns Kleine. Wir wären sonst nicht zurechtgekommen, und es gab häufig Fertigmakkaroni mit Ketchup, oder wir aßen bei den Kumpeln oder meiner Tante Hanife, die im selben Haus wohnte und die als Erste von uns allen nach Schweden gekommen war.
Ich war noch keine zwei Jahre alt, als Papa und Mama sich trennten. Ich erinnere mich kaum daran. Es war vermutlich besser so. Nach allem, was ich verstanden habe, war es keine gute Ehe. Es gab Streit und Krach, und sie hatten geheiratet, damit Papa die Aufenthaltsgenehmigung bekäme, und ich nehme an, es war ganz natürlich, dass wir alle bei Mama landeten. Aber ich sehnte mich nach meinem Vater. Er hatte es besser, und es passierten coolere Dinge um ihn herum. Sanela und ich trafen Papa jedes zweite Wochenende, und dann kam er oft in seinem alten blauen Opel Kadett, und wir fuhren zum Pildammspark oder hinaus auf die Insel in Limhamn und kauften
Weitere Kostenlose Bücher