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Ich, die Chronik

Ich, die Chronik

Titel: Ich, die Chronik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Kinder sind nicht fähig, es zu bewahren ...
    Ihre Blicke lösten sich vom brennenden Palast und fanden, wie aufs Stichwort, wonach sie gar nicht gesucht hatten.
    Nonas leere Eingeweide schien sich zusammenzuziehen.
    Nein . Zuerst glaubte sie an Einbildung, an einen Streich ihrer überreizten Sinne. Doch Sekunden später hetzte sie bereits die halsbrecherisch steilen Stufen der Pyramide hinab.
    Landru entgegen.
    »Wo sind sie alle hin? Wo ist sie ...?«
    Harsch kamen die Fragen des schwer Gezeichneten, der seine Geliebte auf dem gepflasterten Platz zwischen zwei fast gleichhohen Bauwerken - das eine brennend, das andere noch unversehrt - umarmte. Fester, zwingender als sonst preßte er sie an sich. Erst als sie leise aufstöhnte, lockerte er den Griff ein wenig.
    »Sag endlich, wo sie ist!«
    »Lilith?«
    »Wer sonst?«
    Die goldenen Augen verloren ihren eben noch freudigen Glanz. »Sag du mir zuerst, was mit dir ist! Deine Haare . deine Haut .«
    Tatsächlich waren die Spuren des Säurebads, in dem Landru beinahe umgekommen wäre, noch nicht restlos getilgt. Obwohl seine Selbstheilungskräfte wahre Wunder gewirkt hatten, war die neue Haut noch immer sehr verletzlich und unfertig. Durch den Verlust seiner Haare bot Landru einen absolut ungewohnten Anblick. Aber trotz dieser krassen Veränderung hatte Nona ihn mühelos schon von weitem erkannt. Zu einzigartig war seine Art, sich zu bewegen, seine Ausstrahlung .
    »Wer hat dir das angetan?« stieß sie hervor. »Der Bruder, den du gesucht hast?«
    Landru schwieg.
    »Warum antwortest du mir nicht?«
    »Weil keine Zeit dafür ist. Später . Später will ich gern alles berichten, was sich im Ararat zugetragen hat und warum ich ...« Er verstummte, ließ Nona los, trat einen Schritt zurück und machte eine unwirsche Geste in Richtung des Palasts. Dann wiederholte er seine Eingangsfrage: »Wo ist sie?«
    Nona zuckte die Achseln. »Ich wünschte, ich wüßte es.«
    »Was soll das heißen? Kann ich mich denn auf niemanden mehr verlassen?«
    »Wenn du es so sehen willst .«
    »Von wollen kann keine Rede sein!«
    Nonas Gesicht wurde maskenhaft starr.
    »Es war ein Fehler, auf dich zu warten«, sagte sie so leise, als spräche sie nur zu sich selbst. »Ich hätte einfach fortgehen sollen. Mir wäre einiges erspart geblieben .«
    Landrus Augen glommen noch finsterer, noch zorniger, umrahmt von roher Haut. Natürlich wußte er nicht, worauf sie anspielte, welche Not ihr der Aufenthalt in Mayab bereitete. Wie sollte er auch?
    Als er sich brüsk von ihr abwandte, erwachte Nona aus ihrer Starre. »Wohin willst du?«
    Er zeigte keinerlei Bereitschaft, auch nur noch eine einzige Sekunde zu vergeuden. Jeder seiner Schritte drückte kompromißlose Entschlossenheit aus.
    Ich werde es nicht zulassen! schien er Nona wortlos zuzurufen. Ich werde nicht zulassen, daß alles umsonst war ...!
    Im nächsten Moment war er zwischen Rauch und Flammen verschwunden.
    *
    »Laßt uns gehen! Wir haben getan, was getan werden mußte. Nun sollten wir an uns denken. Ihre Festung ist zerstört, aber die Tyrannen leben fort. Zumindest sechs von ihnen .«
    »Fünf!« korrigierte Vador den blinden Calot. »Du vergißt, was Kanxoc berichtet hat, der die Hohen belauschte, ehe er auch im Gemach von König Chiquel Brandsätze zündete. Chiquel wurde durch seinesgleichen umgebracht! Verstehst du nicht, was das bedeutet? Sie zerfleischen sich bereits selbst! Unser Überfall hat sie ins Mark getroffen. Ihre eitle Selbstüberschätzung ist dahin. Sie haben ihren Nimbus verloren. Sie sind nicht länger die unüberwindbaren Gottkönige, die sie uns immer vorgaukelten! Wenn wir diese Chance un-genutzt verstreichen lassen, sind wir nichts als unbelehrbare Narren! Ein zweites Mal werden wir sie nicht wieder so kalt erwischen, wie es uns heute gelungen ist. Das nächste Mal -«
    »Es ändert nichts an der Tatsache«, sagte Calot mit fester Stimme, »daß wir fort müssen. Jetzt. Sonst werden die Feuer, die wir gelegt haben, auch uns verschlingen.«
    Von allen Seiten kam Zustimmung. Auch Vador nickte. »Ich sage nur, daß wir draußen weiterkämpfen müssen! Die Tyrannen sind nicht unverwundbar, das wissen wir jetzt, und wir besitzen Mittel, mit denen ihnen beizukommen ist!«
    Vador bot Calot seinen Arm, um ihn aus dem brennenden Palast zu führen - so wie er den Blinden schon hereingeführt hatte.
    Immer wieder stürzten in der Nähe Wand- und Deckenteile ein. Mitunter klang das damit verbundene Bersten, als bräche nicht

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