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Ich, die Chronik

Ich, die Chronik

Titel: Ich, die Chronik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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ein anderer Ruf erklang - zwar keineswegs lauter, aber dennoch unüberhörbar .
    *
    »Bastarde!«
    Die Szene gerann. Alle Bewegung wich daraus und degradierte die Akteure zu hilflosen, ohnmächtigen Statisten!
    »Vater!« Es waren Atitlas Lippen, von denen schließlich ein Ton rann, wenngleich sie starr blieben, als wären sie aus Wachs. »Vater, du ...?«
    »Undankbares Geschmeiß!«
    Landru schritt näher. Dabei transportierte seine Stimme ein Vielfaches jener hypnotischen Kraft, deren auch seine Kinder mächtig waren, es aber nicht verstanden hatten, sie zu ihrem Vorteil einzusetzen.
    »Woher kommst du, Vater? Wir -«
    Landru schnitt Oriente das Wort ab. Sie stand vor einem geduckt in abwehrender Haltung verharrenden Maya, hinter dem ein zweiter am Boden kauerte.
    Ein - Tiefer. Einer jener Blinden, von deren Existenz Landru erstmals in dem Stollen erfahren hatte, in dem Pomona gestorben war. Noch während er den Mann musterte, ahnte er plötzlich, wen er vor sich hatte.
    »Bist du - Calot?«
    Der Mann straffte sich. Er war hager und sehnig, und seine Haut war glatter, als man es insgeheim erwartete, wenn man aufgrund anderer Äußerlichkeiten auf sein Alter zu schließen versuchte. Bis auf die gilbweißen Pupillen wirkten seine Züge einnehmend, und lackschwarzes Haar umrahmte schulterlang das Gesicht, das sich jetzt langsam Landru zudrehte.
    »Wer fragt danach?«
    »Dein König.«
    »Es gibt viele, die diesen Anspruch geltend machen wollten .« Der Blinde tastete an seinen vernarbten Hals. »Es war die >Hohe Kö-nigin< Peten, die mir gleich nach der Geburt ihr Siegel aufzwang. Lange durfte sie sich meine Augen leihen - um meine Erlaubnis ersucht hat sie mich nie. Doch irgendwann wurden diese Fenster trüb.
    Seither bin ich frei. Ich habe keinen Herrn mehr.«
    »Du irrst! Ich bin dein und -«, Landru nickte seinen Kindern zu, nicht weil er für einen Moment vergaß, daß der Blinde es nicht sehen konnte, sondern weil er wollte, daß sie es sahen, »- und ihr Herr! Solange ein Funke Leben in euch glimmt, dulde ich weder Versagen noch Ungehorsam!«
    Befriedigt merkte er, wie die Mienen der Vampirinnen - nur noch Peten, Atitla und Oriente umgaben ihn - sich verfinsterten.
    »Wo ist eure Mutter?« Er benutzte die Bezeichnung in voller Absicht.
    »Was ist mit dir passiert, Vater? Deine ... Haut ...«, begann Oriente.
    »Wo ist eure Mutter?« Landru wich keinen Zoll von seiner Linie ab.
    »Zuletzt ging sie mit Chiquel in dessen Gemach ...«, erklärte Peten händeringend. »Aber unser Bruder ist tot. Vorhin erreichte uns sein Sterbeimpuls. Das Feuer hatte ihn eingeschlossen. Auch die Frau, die du uns zur Mutter gegeben hattest, muß darin umgekommen sein. Chiquels Ebene ist eine Flammenhölle. Wir versuchten hineinzugelangen - es war unmöglich .«
    Bevor Landru nähere Auskünfte erhielt, erklang aus einem der höhergelegenen Stockwerke ein Donnern und Rumoren wie von einer Schlagwetterexplosion. Sofort bildeten sich Risse in der Decke, Staub rieselte, Steine krachten herab!
    Landru zögerte keine Sekunde. Er eilte auf den Blinden zu, bückte sich und zerrte ihn auf die Beine. An Oriente gerichtet befahl er: »Kümmere du dich um den, der vor dir steht! Und ihr beide, Atitla, Peten . ihr pickt die Sehenden heraus. Die Blinden überlaßt ihr ihrem Schicksal! Ihr Anführer genügt mir .«
    Mit diesen menschenverachtenden Worten setzte Landru sich in Bewegung und schleifte den kaum Widerstand leistenden Alten mit nach draußen.
    Die drei Vampirinnen, die das Desaster überlebt hatten, schlossen sich ihm folgsam an wie geprügelte Hunde.
    * 
    »Wohin willst du? Du gehst doch nicht schon wieder ...?«
    »... weg?« Landru, der sich Richtung Wall gewandt hatte und gerade die Metamorphose einleiten wollte, um sich auf ledrigen Flügeln und schnellstem Weg dorthin zu begeben, hielt noch einmal inne und schüttelte, den Blick auf Nona geheftet, den Kopf. »Keine Sorge. Diesmal werde ich nicht lange fortbleiben, und ich verlasse nicht einmal die Grenzen der Stadt - noch nicht.«
    »Was hast du vor? Kann ich helfen?«
    Landru blickte nachdenklich auf die Frau mit dem aparten Gesicht, das sich zu jedem vollen Mond in eine wölfische Fratze verwandelte. Ein paar Herzschläge lang schwieg er. Dann schürzte er die mit junger Haut umspannten Lippen und sagte, nicht frei von Vorwurf: »Achte auf meine Kinder, damit sie keine weiteren Fehler begehen, bis ich zurück bin. Achte gut auf sie .« Sein Blick schweifte kurz zum Palast, und

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