Ich gab mein Herz fuer Afrika
selbst ganz zu Beginn fasziniert hatte. Ich wurde auf der Straße auf die Geschichte dieser unbezwingbaren Frau angesprochen. Ein
Dutzend Dokumentarfilmer interessierten sich für die Rechte an dem Artikel. Mehrere Verlage drängten mich, ein Buch daraus zu machen.
Die meisten Zeitschriftenartikel kommen und gehen, aber dieser hielt sich noch, nachdem es bereits die nächste Ausgabe am Kiosk gab. Er schien ein Eigenleben zu haben. Working Title Films erwarb die Option auf einen Spielfilm, Julia Roberts’ Produktionsgesellschaft Red Om sollte koproduzieren und Julia selbst die Rolle der Joan Root übernehmen. 11 Das wurde auf den Filmfestspielen in Cannes 2007 bekanntgegeben und machte international Schlagzeilen. Trotzdem ging ich davon aus, dass es nun vorbei war, zumindest für mich. Joan Root war tot, und weil sie sehr selten ihre Gefühle ausgedrückt hatte, nicht einmal ihren engsten Freunden gegenüber, war wahrscheinlich der größte Teil ihrer persönlichen Geschichte mit ihr begraben.
Dann geschah etwas Unglaubliches. Joan Root begann zu sprechen.
»Sie glauben ja offenbar, diese Frau hätte nicht viel geredet. « Aus heiterem Himmel kam eine E-Mail von Alan Root. »Was das Reden betrifft, so haben Sie recht«, fuhr er fort. »Aber ich habe hier ein paar Millionen Wörter, die sie an ihre Mutter schrieb, dazu Tagebücher und so weiter.« Das reizte mich sofort, und ich freute mich, mehr über diese außergewöhnliche Persönlichkeit erfahren zu können.
Dann hatte ich noch einmal Glück, als ich Anthony Smith, den Londoner Bestsellerautor, Forschungsreisenden,
BBC-Moderator, Abenteurer und besten Freund von Alan Root ausfindig machte. 12 Zweimal hatte er auf dem Motorrad Afrika längs durchquert, und er war der erste Brite, der nach dem Zweiten Weltkrieg eine Ballonlizenz erwarb und die Alpen in einem Ballon überflog. Anthony war mittlerweile achtzig Jahre und lebte in einer kleinen, vollgestopften Wohnung in London. Er hatte mich zu seinen »berühmten Spaghetti«, wie er sie anpries, eingeladen. Ich brachte eine Flasche kalifornischen Chardonnay mit. »Großartige Idee mit dem Wein«, sagte er beim Empfang. Er war sehr groß, witzig und quirlig. In seinem abgehackten britischen Akzent, gespickt mit »hmmm« und »Oh, my!«, gab er phantastische Geschichten aus seiner Zeit mit Alan und Joan vor wie nach ihrer Scheidung zum Besten.
Er war mir sofort sympathisch. Anthony Smith erzählte völlig ohne Vorbehalte. Er erzählte mir nicht nur ehrlich und ausführlich alles über die Roots, er gab mir auch einen dicken Ordner mit Briefen an und von Alan und Joan. »Sie haben Glück«, sagte er. Er zog wegen seiner Scheidung gerade um und hatte die Briefe einen Tag vor meinem Besuch gefunden. »Wären Sie eine Woche später gekommen, hätte ich sie weggeworfen gehabt.«
Was andere über Joan berichteten, als sie noch lebte, war fesselnd, noch interessanter aber waren ihre eigenen Eröffnungen in Tausenden von Briefseiten an ihre Mutter, ihren Mann und an Freunde sowie ihre Tagebücher, die sie jahrzehntelang gewissenhaft geführt hatte. Den letzten Eintrag machte sie kurz vor ihrem Tod. Beim Lesen ihrer Tagebücher und Briefe wurde mir klar, dass die
Geschichte dieser erstaunlichen Frau vollständig erzählt werden musste und dass sie vieles davon bereits selbst der Nachwelt überliefert hatte.
In jeder Zeile, die Joan Root schrieb, von ihrer abenteuerlichen Jugend bis zu den gefahrvollen Tagen kurz vor ihrem Tod, ist ihre Zuneigung zu Afrika und seinen wilden Tieren zu spüren, und zu Alan, dem einzigen Mann, der ebenso wild und frei war, dem einzigen Mann, den sie je geliebt hatte.
Kapitel vier
1964 BEREISTE AUBREY Buxton, der Chef der Roots bei Anglia Television, mit Prince Philip auf der Königlichen Yacht Britannia die Galápagos-Inseln. Die Inseln vor der Küste Ecuadors, die Charles Darwin zu seinem epochemachenden Werk Der Ursprung der Arten inspiriert hatten, boten eine erstaunliche Vielfalt von Wildtieren – auf dem Erdboden tummelten sich Meerechsen, im Ozean wimmelte es von Seelöwen und Riesenschildkröten, durch die Luft flogen Darwinfinken, Purpurtyrannen und Fregattvögel. Die Tiere hatten so wenig Scheu vor dem Menschen, dass sie sich furchtlos der Yacht näherten. Sie lebten inmitten einer majestätischen Umgebung aus zerklüfteten Kraterseen mit vereinzelten Lavabrocken darin, Wäldchen, grasbewachsenen Lichtungen und Gezeitentümpeln, die mit rosa Wasserpest zugewachsen waren.
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