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Ich greife an

Ich greife an

Titel: Ich greife an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Koshedub
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begann.
    Plötzlich öffnete sich die Tür, und Nina Wassiljewna trat heraus. Sie sah mich verwundert an und fragte: „Warum bist du denn bei dieser Kälte gekommen? Heute findet doch kein Unterricht statt!"
    Ich schluchzte und schwieg. Die Lehrerin wischte mir die Tränen ab und führte mich in ihr Zimmer. Dort zog sie mir das Jäckchen aus und nahm mir die Mütze ab. Plötzlich rief sie erschrocken: „Dir ist ja ein Ohr erfroren!"
    Sie lief auf den Hof hinaus, brachte Schnee und begann mir damit das Ohr zu reiben, bis es feuerrot wurde. Dann ließ sie mich am Tisch Platz nehmen und brachte heißen Tee und Konfekt.
    Ich lernte mit Begeisterung und war von früh bis spät in der Schule. Als ich aber eines Tages vor den Sommerferien nach Hause kam, rief mich mein Vater und sagte zu mir mit verdächtiger Vertraulichkeit: „Ich bin krank, Wanja. Du mußt jetzt etwas hinzuverdienen. Du kannst nicht mehr in die Schule gehen! Du wirst beim Onkel als Hütejunge arbeiten!"
    Ich brach in Tränen aus. Vaters Gesicht verdüsterte sich. Er selbst wollte nicht, daß ich die Schule verließ, jedoch die Not zwang ihn, mir das zu befehlen.
    Nun mußte ich jeden Morgen ins Nachbardorf gehen; dort arbeitete mein Onkel als Hirte.
    Die Schule konnte ich einfach nicht vergessen. Tagsüber hatte ich zwar keine Zeit, an sie zu denken, denn ich mußte ständig umherlaufen und wurde dadurch abgelenkt, doch abends überfiel mich die Sehnsucht mit doppelter Macht.
    In den ersten Tagen paßte Onkel streng auf mich auf. Ich durfte mich keinen Schritt entfernen. Aber nach zwei Wochen hieß er mich nach dem Mittagessen einige Kühe auf die Weide in der Nähe des Dorfes zu treiben, während er selbst die Herde auf die Wiesen trieb.
    Als ich sah, daß meinen Kühen keine Gefahr drohte, lief ich, ohne lange zu überlegen, spornstreichs nach Hause.
    Vater schlief schon. Ich weckte ihn. „Tu, was du willst, Väterchen, aber laß mich wieder in die Schule gehen!"
    Vater stand auf, nahm, ohne ein Wort zu sagen, den Ochsenziemer von der Wand und prügelte mich tüchtig durch. Ich weinte nicht einmal, aber er gab sich geschlagen: „Na, ich sehe schon, da läßt sich nichts mehr machen. Geh und lerne!"
DER GROSSBAUER
    Im gleichen Sommer sagte Vater zu mir: „Ich habe kein Geld. Wenn du dir Bleistifte und Farben kaufen willst, mußt du sie dir selbst erarbeiten. Der Großbauer in unserer Straße braucht kleine Jungen, die ihm den Hof säubern. Vielleicht gibt er dir etwas."
    Der Großbauer wohnte in unserer Nähe. Er war sehr reich und, wie alle Kulaken, ob seiner Geldgier bekannt. Meine älteren Brüder arbeiteten bei ihm als Tagelöhner, denn damals gab es noch keine Kollektivwirtschaften.
    Auch ich verdingte mich bei ihm. Ich arbeitete von früh bis spät. Räumte den Hof auf, fuhr Mist, fegte und kratzte. Den ganzen Tag über bekam ich nicht einmal einen Kanten Brot. Für meine gesamte Arbeit zahlte mir der Kulak eine Kopeke.
    Ich kochte vor Zorn und wollte unter keinen Umständen mehr bei dem verhaßten Großbauern arbeiten. Aber wir waren eine große Familie, und Vater war krank. So ging ich wieder zu dem Kulaken. Diesmal ritt ich den ganzen Tag die Pferde am Göpel im Kreise herum. Am Abend war ich müde und hungrig, aber auch zufrieden. Ich hatte nach Herzenslust reiten können und sicherlich auch etwas Geld verdient, denn diesmal, so glaubte ich, würde mich der verflixte Großbauer besser bezahlen.
    Wie enttäuscht und empört war ich, als ich für den ganzen Arbeitstag ein Stückchen Brot mit ranzigem Speckfett bekam. Ich warf es wütend weg, drehte mich um und lief davon.
HEISSE TAGE
    Abends besuchte uns häufig unser Nachbar Sergej Andrussenko, ein guter Freund meines Vaters. Er war Partisan des Bürgerkrieges, ein überzeugter Bolschewik und ein unermüdlicher Dorffunktionär. Ich hatte ihn sehr gern, denn er konnte gut erzählen. Seine Berichte vom Kriege, von den standhaften und kühnen Partisanen und von den Kämpfen gegen die Feinde des Vaterlandes begeisterten mich.
    In unserem Dorfe gab es viele solche Menschen wie Sergej Andrussenko. Sie alle unterstützten eifrig die Kollektivierung des Dorfes.
    Ich erinnere mich noch der stark besuchten Zusammenkünfte, der flammenden Reden der ehemaligen Partisanen, der lebhaften Gespräche auf den Straßen, die sich bis Mitternacht ausdehnten. Die erregten Worte meines Vaters: „Jetzt sind den Menschen die Augen aufgegangen, endlich haben sie begriffen, daß sich der Kulak an der Arbeit der

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