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Ich greife an

Ich greife an

Titel: Ich greife an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Koshedub
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saß ich auf dem Wagen. Ich betrachtete das höchste Gebäude auf dem Platz und staunte: Was gab es doch für große Häuser!
    Als ich älter wurde, begann ich, meiner Mutter aus dem Wege zu gehen. Ich fürchtete, die Kameraden könnten mich „Muttersöhnchen" nennen.
    Mutter fühlte sich immer häufiger unwohl. Einmal, als ich gerade Wasser geholt hatte und auf die Straße laufen wollte, rief sie mich zurück, sah mich traurig an und sagte: „Was ist mit dir, Iwan, hast du kein zärtliches Wort für mich übrig?"
    Mein Herz krampfte sich zusammen. Es wurde mir bewußt, wie teuer mir Mutter war.
    Von nun an führte ich ihre Aufträge noch eifriger aus. Wenn ich mit meinen Freunden spielte, lief ich häufig nach Hause, um zu fragen, ob sie etwas brauche. Ich freute mich, wenn sie sagte, daß sie mit mir zufrieden sei.
    Meine Brüder und meine Schwester waren viel älter als ich. Wir standen uns deshalb nicht so nahe, wie dies bei Geschwistern gewöhnlich der Fall zu sein pflegt.
    Meine Schwester Motja war stets mit Arbeiten im Haushalt beschäftigt. Bald wusch sie, bald machte sie sich im Gemüsegarten zu schaffen, bald stickte sie. Die Eltern schickten sie nicht zur Schule; Motja lernte selbst lesen und schreiben.
    Als ich das Licht der Welt erblickte, war sie bereits zehn Jahre alt und hatte nun eine neue Beschäftigung gefunden - mich zu versorgen.
    Motja war von ausgeglichenem, ruhigem Wesen. Sie war trotz ihrer Jugend innerlich schon erwachsen, aber zuweilen verlangte es sie doch, ausgelassen zu sein und umherzutollen.
    Abends kamen ab und zu Motjas Freundinnen bei uns zusammen. Dann war unser Häuschen von Lärm und Fröhlichkeit erfüllt. Die Mädchen saßen um den Tisch, stickten und sangen. An den Fenstern drängten sich die jungen Burschen. Sie klopften an die Scheiben, aber die Mädchen ließen sie nicht ins Zimmer, sondern sangen ihre Lieder noch lauter und kecker.
ICH WILL MICH NICHT FÜRCHTEN
    Als Kind wollte ich sehr gern kühn sein. Es gelang mir jedoch nicht immer, meine Zaghaftigkeit zu überwinden.
    Wir hatten eine stößige oder, wie man bei uns sagt, eine „stickige" Kuh, die es besonders auf kleine Kinder abgesehen hatte. Sah sie mich, dann senkte sie den Kopf und zielte mit den Hörnern direkt auf meinen Bauch. Ich flüchtete an einen sicheren Ort - auf den Zaun. Sie stand daneben, schüttelte drohend den Kopf und ging dann gemächlich weiter.
    Eines Tages hatte ich nicht bemerkt, daß sie auf mich zukam. Als ich mich umsah, stand sie dicht hinter mir, glotzte mich an und senkte den Kopf. Ich begann zu schreien und wollte mich auf den Querbalken des Tores schwingen, kam aber nicht mehr dazu, denn im nächsten Augenblick drückte mich die Kuh gegen den Zaun. Ich sah mich um. Am Zaun standen einige Latten. Ich ergriff eine davon, schlug sie der Kuh mit aller Kraft über den Rücken und schrie so laut ich konnte: „Warte, dir werde ich's gleich geben!"
    Die Kuh schreckte zusammen und nahm Reißaus. Seitdem fürchtete ich sie nicht mehr und griff stets zuerst an.
    Als ich sechs Jahre alt geworden war, wollte ich schwimmen lernen. Die anderen, älteren Jungen konnten es bereits, also mußte ich's auch versuchen.
    Ich stieg in den Dorfteich und hatte kaum einen Schritt getan, als ich kopfüber in einer Vertiefung versank. Ich befand mich noch nahe am Ufer, und ein Nachbar rettete mich. Für diesen Streich wurde ich zu Hause gehörig bestraft.
    Ich war gekränkt, wenn mich die Freunde hänselten: „Na, Loban, bist du geschwommen?"
    Wie es bei Kindern üblich ist, hatte auch ich einen Spitznamen. Man nannte mich Loban. ( Anm.: Loban  = der Breitstirnige)
    Dennoch lernte ich im gleichen Sommer schwimmen.
    Abends, wenn die Dorfbewohner vom Felde kamen, war das Dorf von Lärm und Pferdegewieher erfüllt. Wie Erwachsene ritten die Jungen die Pferde zur Nachtweide. Neiderfüllt sah ich, wie sie mit einem jauchzenden Schrei aufsaßen und zu den Wiesen jagten.
    Eines Tages rief mich Vater zu sich und sagte: „Heute wirst du Maschkau - das war unsere Stute - zur Nachtweide führen."
    Er brachte die Stute herbei, und ich kletterte mit Müh und Not auf ihren Rücken. Dann ritt ich ab. Ich wurde von Jascha, dem Sohn des Nachbarn, begleitet. Älter als ich, war er ein erfahrener Pferdeknecht.
    Als wir auf den Wiesen ankamen, war es schon ganz dunkel. Wir ließen die Pferde grasen und gingen zum Hirtendorf, dem Nachtlager der Pferdeknechte auf der Wiese.
    Die ganze Nacht hindurch brannte hier ein Lagerfeuer.

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