Ich habe die Unschuld kotzen sehen
vergammeln wir
und lieben uns
der Sieg über die Sonne
besteht in ihrer Ignoranz
das Innere einer Muschel
ist eine von Arbeitslosigkeit
geprägte Region
durchdringend flüstert Erregung
ich nur weiß, wie Energie entsteht
wo Schlafes Lust
die Geilheit weckt
ist unser Versteck, oh Syndala ...
... irgendwann wurde ich wach. Mir war herrlich warm. Ich war wieder auf irgendeiner Party. Licht und Sound waren wieder da, so wie vorhin. Getanzt wurde auch. Hatte mich wohl in ‘ne Ecke gelegt und war eingeschlafen. Hey, ich muss noch meine Kum pels nach Hause bringen ...
Vor mir sah ich zwei Typen, die einen Körper rum trugen. Plötzlich brüllte einer: «Da vorne ist noch ei ner. Scheiße, wie viele waren die denn in dem Auto?»
Dann kam der, der das gesagt hat, zu mir. Scheiße, wie breit bin ich eigentlich und wo bin ich hier wieder gelandet. PsychopathenParty.
Der Typ kam mir ganz nahe. «Er lebt, wir haben einen Überlebenden, Notarzt, schnell, hier ...»
Ich brüllte den Penner an: «Natürlich lebe ich, du Arsch, aber du gleich nicht mehr, wenn du mich hier weiter so vollschwuchtelst!»
Als ich ihn wegstoßen wollte, bemerkte ich einen akuten Mangel an Armen ...
Tod frisst Familie
Ich schlage eines seiner Bücher irgendwo in der Mitte auf. Bukowski. Hot Water Music. Erzählungen ...
«Tony?»
«Ja?»
«Bist du es Tony?»
«Ja.»
«Hier ist Dolly.»
«Hey, Dolly, was tut sich denn so?»
«Mach keine Scherze, Tony. Mutter ist gestorben.»
«Mutter?»
«Ja, meine Mutter. Heute Abend.»
«Tut mir Leid.»
«Ich bleib zur Beerdigung da. Ich komm dann gleich anschließend nach Hause.»
Überall Tod. Zufällig. Ich taumle im Haus umher.
Meine Mutter ist auch schon tot.
Mein Mann auch, Gerüstbauerunfall.
Gestern ist mein Sohn gestorben. Ein so genannter tragischer Verkehrsunfall. Wie nennt man eigentlich eine Mutter, die ihr Kind verliert?
Ich nenne mich ‹KeineMuttermehr›. Obwohl ich eine bin, die eines toten Kindes. Obwohl dieses Wortgeschöpf nicht annähernd die Verzweiflung trifft, die meinen Körper und Geist zerteilt. Ich habe keine Tränen mehr.
Mein Sohn wurde gefunden in einem Straßengraben. Sie hatten einen Unfall. Er und seine Freunde. Nur der Fahrer hat überlebt. Der hat aber auch keine Arme mehr.
Mein Thomas ist tot. Er ist bei einem Aufprall auf einen Baum aus der Heckscheibe geschleudert wor den. Dabei hat sich der Kombi senkrecht den Baum hochgeschraubt. Danach ist die Karre wieder runtergerauscht, auf den Körper meines Sohnes und hat ihn zerquetscht.
Ich trinke ein Glas Wasser. Esse einen Keks.
Versu che zu weinen.
Trauer aus dem Körper zu weinen.
Sinnlos. Ich habe keine Tränen mehr.
Ich bin jetzt allein in diesem Haus.
Ich esse einen Joghurt. Trinke ein Bier.
Ich habe ewig kein Bier mehr getrunken.
Ich mache den Fernseher an.
Nach zehn Sekunden sagt er: «Tod!»
Ich schalte ihn wieder aus. Versuche zu weinen. Geht nicht.
Denke an Harald. Meinen Mann. Seinen Unfall. Sein Grab. Gehe in Thomas’ Zimmer. Starre seine Bücher, seine CDs, seine Wände an.
Gehe wieder raus.
Lege mich in unser Ehebett.
Harald und ich.
Halte es nicht lange aus.
Gehe in Haralds Hobby keller. Da im Schrank ist noch sein Werkzeug drin. Hole mir einen Schraubenzieher.
Kratze damit über meine Arme, bis Blut kommt.
Das tut gut.
Dann ramme ich mir den Schraubenzieher durch die Hand und endlich kann ich wieder weinen ...
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