Ponyhof Kleines Hufeisen - 04 - Der Ritt zum Pferdefest
Wo ist die kleine Kutsche?
Der schwarzweiße Schecke Max hob den Kopf und spitzte aufmerksam die Ohren. Dann trabte er mit freudigem Wiehern auf das Koppeltor zu, um Sabine und Stefan zu begrüßen.
„Na, mein Kleiner, freust du dich schon auf dein Kraftfutter?“ Sabine öffnete das Tor und zog dem Schecken ein Halfter an.
Die graue Shetlandstute Fee kam ebenfalls angetrabt, sie wußte, daß sie immer mit Max zusammen gefüttert wurde. Die beiden Ponys waren noch nicht lange auf dem Ponyhof. Beide waren sehr mager und vernachlässigt angekommen, deshalb bekamen sie auch Zusatzfutter, das Cornelia, die Leiterin des Ponyhofes, Shetlandponys sonst nur selten gab. Die kleinen Pferde wurden leicht zu dick, besonders, wenn sie zu wenig Bewegung hatten. Cornelia hatte erklärt, daß Ponys durch zuviel Futter leicht Hufrehe bekommen konnten, eine schmerzhafte Entzündung der Huflederhaut der Vorderbeine.
„Beeil dich! Da kommt Lauser schon!“ rief Stefan und führte die kleine graue Fee aus dem Tor.
Sabine kam mit Max nach, sie schloß schnell das Gatter hinter sich. Lauser, der kräftige Haflingerwallach, bremste scharf ab und prustete enttäuscht. „Das würde dir so gefallen, den Kleinen ihr Futter wegzufressen!“ rief Sabine.
Lauser scharrte mit dem Vorderhuf und schüttelte unwillig den Kopf, so daß seine lange, weiße Mähne aufflog.
„Stell dich nicht so an!“ Sabine lachte. „Du bist wirklich sehr gut im Futter!“ Im Gegenteil, bei Lauser mußten sie immer darauf achten, daß er nicht zu dick wurde. Trotzdem bekam er hin und wieder sein Leckerli, so wie alle anderen.
Sabine stellte den Eimer mit dem Spezialfutter hin und sah Max beim Fressen zu. Der kleine Schecke hatte sich auf dem Ponyhof gut erholt, längst waren seine Rippen nicht mehr zu sehen, und sein Fell begann zu glänzen. Bei seinem früheren Besitzer, dem alten Konrad Huber, war Max oft vor der Kutsche gegangen. Aber nun war Huber im Seniorenheim, und Max bekam auf dem Ponyhof Kleines Hufeisen das Gnadenbrot.
„Meinst du, daß Max irgendwann wieder eine leichte Kutsche ziehen könnte?“ fragte Sabine plötzlich. Sie sah Stefan an.
„Warum nicht?“ Stefan nickte. „Du denkst an Leonhardi, stimmt’s?“
„Richtig geraten! Es wäre doch schön, Max vor einer kleinen Kutsche zu haben“, fand Sabine.
Der Leonhardi-Ritt sollte in wenigen Wochen stattfinden. Bei dem festlichen Umzug, der in Bayern jedes Jahr nach alter Tradition Anfang November stattfindet, kommen bei verschiedenen Kirchen viele Reiter und Gespanne zusammen. Sie ziehen gemeinsam durchs Dorf und um die Kirche, dabei werden Pferde und Reiter vom Pfarrer feierlich gesegnet. Sabine liebte diesen alten Brauch. Es war ihr sehnlichster Wunsch, einmal am Leonhardi-Ritt teilzunehmen.
„Wir haben leider keine Kutsche“, sagte Stefan.
„Und kein Geschirr“, ergänzte Sabine.
„Ob Herr Huber wohl noch seine alte Kutsche hat?“ überlegte Stefan. „In der Mühle hat sich doch nicht viel verändert!“
„Könnte ja sein!“ Sabine war von Stefans Idee begeistert. „Und wenn er die Kutsche noch hat, dann hat er bestimmt auch noch das Geschirr für Max!“
„Vielleicht würde er sogar selbst kutschieren!“ meinte Stefan. Einmal hatte der alte Mann „seinen“ Max auf dem Ponyhof besucht. Er hatte ihnen alte Fotos gezeigt, auf denen Max vor einem hübschen, roten Einspänner zu sehen war.
„Wenn er einen Zweispänner hätte, könnten wir sogar Fee mit anspannen!“ Sabine stellte sich die beiden Shetlandponys vor der Kutsche vor: Es wäre einfach zu schön!
„Wir wissen ja gar nicht, ob Fee schon gefahren ist!“ wandte Stefan ein. Und er hatte recht, Cornelia hatte die kleine graue Stute von einem Schlachtviehtransport auf dem Pferdemarkt weggekauft. Fee war auf einem Auge blind, sie erwies sich aber als zuverlässiges, sicheres Reitpony für kleinere Kinder. Sie ging willig an der Longe und trug ihre kleinen Reiter absolut sicher. Cornelia vermutete sogar, daß Fee einmal ein Zirkuspony war, denn sie konnte sich verbeugen und tanzte Walzer, wenn Musik erklang! Aber das hieß natürlich nicht, daß die kleine Fee auch schon vor der Kutsche gegangen war.
„Ich werde in der Mittagspause Konrad Huber anrufen!“ sagte Stefan da entschlossen.
„Gut.“ Sabine sah den älteren Jungen an. „Aber wir verraten niemandem etwas. Das wäre doch eine tolle Überraschung für Cornelia!“
Die Ponys hatten ihr Futter gefressen, Sabine und Stefan ließen sie wieder zu
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