Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich habe mich verträumt

Ich habe mich verträumt

Titel: Ich habe mich verträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristan Higgins
Vom Netzwerk:
betreten den Kopf. Sie war ein hübsches, liebes Mädchen, das das Pech hatte, als Externe am Unterricht teilzunehmen, sodass sie von den coolen Kids ausgeschlossen wurde, die allesamt Internatsschüler waren. Außerdem war sie heimlich in Tommy verliebt und sich seiner Besessenheit von Kerry nur zu sehr bewusst, das arme Ding. „Also, wer kann die konträren Standpunkte zusammenfassen? Irgendjemand?“
    Von draußen drang Gelächter herein. Englischlehrerin Kiki Gomez hielt ihren Unterricht im Freien ab, da es ein schöner, lauer Tag war. Im Gegensatz zu meinen wirkten ihre Schüler nicht müde und abgeschlafft. Mist. Ich hätte auch nach draußen gehen sollen.
    „Ich gebe euch einen Tipp“, fuhr ich mit Blick in ihre verständnislosen Gesichter fort. „Bundesstaatliche Rechte versus überstaatliche Kontrolle. Union versus Sezession. Die Freiheit, unabhängig zu regieren, versus die Freiheit aller Menschen. Sklavenhaltung oder keine Sklavenhaltung. Klingelt da etwas?“
    Doch was in diesem Moment klingelte, war nur die Schulglocke. Meine lethargischen Schüler erwachten zu neuem Leben und sprangen zur Tür. Ich versuchte, es nicht persönlich zunehmen. Normalerweise zeigten meine Oberstufenschüler mehr Engagement, aber es war Freitag. Zu Beginn der Woche waren sie mit Arbeiten traktiert worden, und heute Abend fand eine Tanzveranstaltung statt. Ich verstand das.
    Manning Academy gehörte zu den Privatschulen, die typisch für Neuengland waren. Imposante Backsteinbauten mit den obligatorischen Efeuranken, Magnolien und Hartriegelsträuchern, smaragdgrün leuchtenden Fußball- und Lacrosse-Feldern und dem Versprechen, dass wir Ihr Kind für den Gegenwert eines kleinen Einfamilienhauses an die Hochschule Ihrer Wahl bringen– Princeton, Harvard, Stanford, Georgetown. Die 1880 gegründete Schule war eine kleine Welt für sich. Viele der Lehrer wohnten auf dem Campus, aber diejenigen von uns, die es nicht taten – mich eingeschlossen – warteten ebenso begierig wie die Schüler auf das letzte Klingeln am Freitagnachmittag, um nach Hause eilen zu können.
    Allerdings nicht an diesem Freitag. An diesem Freitag wäre ich liebend gern in der Schule geblieben, hätte Aufsicht beim Tanzabend oder beim Lacrosse-Training geführt. Egal, ich hätte sogar Toiletten geputzt. Alles wäre mir lieber gewesen als mein eigener Termin.
    „Hallo Grace!“ Kiki streckte ihren Kopf durch die Tür meines Kursraumes.
    „Hallo Kiki. Das klang lustig bei euch da draußen.“
    „Wir lesen gerade Herr der Fliegen “, erklärte sie.
    „Ach, kein Wunder, dass ihr so fröhlich wart! Es geht doch nichts über ein bisschen Töten, um den Tag zu versüßen.“
    Sie grinste. „Und, Grace? Hast du einen Begleiter gefunden?“
    Ich schnitt eine Grimasse. „Nein, hab ich nicht. Das wird nicht lustig.“
    „Ach, verdammt“, meinte sie mitfühlend. „Das tut mir leid.“
    „Tja, es ist nicht das Ende der Welt“, erwiderte ich tapfer.
    „Bist du sicher?“ Wie ich war auch Kiki Single. Und niemand außer einer alleinstehenden Frau in den Dreißigern wusste besser, dass es die Hölle war, bei einer Hochzeit ohne Begleitung aufzukreuzen. In wenigen Stunden würde meine CousineKitty – die mir mal als Kind den Pony bis zu den Haarwurzeln abgeschnitten hatte – heiraten. Zum dritten Mal. In einem Kleid wie Prinzessin Diana.
    „Sieh mal, da ist Eric!“, rief Kiki und deutete auf mein Ostfenster. „Danke, Gott!“
    Eric war der Kerl, der jeden Frühling und Herbst an der Manning die Fenster putzte. Wir hatten zwar erst Anfang April, doch es war mild und sonnig, und Eric hatte sein T-Shirt ausgezogen. Seiner durchtrainierten Schönheit bewusst, lächelte er uns an, sprühte und wischte.
    „Frag ihn!“, schlug Kiki vor, während wir ihn fasziniert beobachteten.
    „Er ist verheiratet“, entgegnete ich, ohne den Blick abzuwenden. Eric zu beäugen war das Intimste, was ich seit langer Zeit mit einem Mann gemacht hatte.
    „ Glücklich verheiratet?“, fragte Kiki nach, die offenbar nicht abgeneigt gewesen wäre, ein oder zwei Ehen zu zerstören, um sich einen Mann zu angeln.
    „Ja. Er liebt seine Frau abgöttisch.“
    „Ich hasse das“, murmelte sie.
    „Ich weiß. Es ist unfair.“
    Die männliche Perfektion namens Eric zwinkerte uns zu, warf eine Kusshand und ließ den Abzieher hin und her über die Fensterscheibe gleiten, wobei sich seine Schultermuskeln und sein Waschbrettbauch anbetungswürdig spannten und sein Haar in der Sonne

Weitere Kostenlose Bücher